Es war eine Streitschrift von John Piper, die N.T. Wright gegen seine ursprüngliche Absicht dazu brachte, Justification zu schreiben. Man kann, wie Brian McLaren im Klappentext zu Recht sagt, Piper dafür nur dankbar sein. Spürbar genervt von der Tatsache, dass Piper und andere hartgesottene US-Reformierte (sogar der friedliebende Scot McKnight schlägt da inzwischen harte Töne an) ihn einfach nicht verstehen (wollen? können? beides?), macht sich Wright nun erneut daran, seine Sicht der paulinischen Rechtfertigungslehre darzustellen. Allerdings treibt ihn eher die Hoffnung, dass künftige Generationen es mit dem Verstehen leichter haben, als dass er auf ein Umdenken der alten Garde setzen würde. Der Umgangston gegenüber Piper ist sportlich, aber respektvoll, was das Lesen spürbar erleichtert.
Im ersten Kapitel geht Wright auf methodische Fragen ein. Kurz umrissen heißt das: Gute Exegese folgt den biblischen Texten und lässt sich von deren Gedankenfluss und Fragestellungen leiten, in dem Wissen, dass sie nur auf die Fragen antworten, die die Autoren damals auch selbst beschäftigten. Statt den Römerbrief zum alleinigen Maß der paulinischen Theologie zu machen und alles in diesem Licht zu betrachten, schlägt Wright vor, die kosmische Soteriologie (Erlösungslehre) des Epheser- und Kolosserbriefes als Bezugsrahmen der Betrachtung anzusetzen, die er – anders als manche deutschen Kollegen – trotz gewisser sprachlich-stilistischer Eigenheiten für nicht „deuteropaulinisch“ hält. Zudem besteht Wright auf der Notwendigkeit, die Texte und Begriffe aus ihrer Zeit heraus zu verstehen. Da es keinen „neutralen“ Standpunkt gibt, würde alles andere nur dazu führen, dass sich nur noch mehr Vor-Urteile in unser Verständnis einschleichen. Warum er solch eine scheinbare Selbstverständlichkeit betont, zeigt das zweite Kapitel. Dazu in Kürze mehr.
Ist das denn eine persönliche Geschmacksfrage, mit welchem Deuterahmen man beginnt oder begründet Wright seine Entscheidung irgendwie?
Ist immerhin schon mal gut, dass er seine eigenen Voraussetzungen offenlegt. Sonst läuft es ja in der Exegese oft so, dass die Deuteropaulinen sowieso schon mal ausscheiden (weil minderwertig), der 1.Thess wird auch belächelt wg. Naherwartung und dann hat man irgendwann noch Röm übrig, aber man sagt es nicht so deutlich.
Es wird dann schnell deutlich, wenn er im nächsten Kapitel Pipers Argumentation durchgeht.
Was „Deuteropaulinen“ sind, lässt er offen, Kol und Eph gehören für ihn nicht dazu und er hält die Begründungen (zu Eph./Kol.) anderer wegen des schmalen Textbasis für unzureichend.
Rechtfertigungslehre ist wohl /das/ zentrale Thema überhaupt. Stellt es doch die Frage: „Was ist heilsrelevant?“
Jesus hat dazu in den Evangelien schon eine ganze menge – auch konkretes – gesagt. Und das was er sagte, war/ist für fiele Leser bedrohlich radikal.
Paulus ist – in seinem Briefen – wesentlich moderater und rationaler. Sein Leben war aber oft genauso radikal.
Mir ist eigentlich nie so richtig klar gewesen, warum Paulus für fiele eine größere Anziehung hat, als Jesus. Manchmal habe ich das Gefühl, viele währen mit dem „Paulanischen Jesus“ (also der Sicht Paulus auf Jesus) voll auf zufrieden und sie würden am liebsten auf die Sperrigen Evangelien und ihre Sicht auf Jesus verzichten.
Die Frage aller Fragen ist doch im Kern: Ist die Rechtfertigung bei allen Menschen gleich zu beantworten. Und ist die Rechtfertigung über alle Zeit immer die selbe? Oder hat ein Rollstuhlfahrer eine andere Rechtfertigung als ein Blinder. Ist die Rechtfertigung in Auschwitz-Birkenau die selbe, wie im Wirtschaftswunder der 60er?
Gibt es wirklich eine universelle Rechtfertigung?
Wright gehört tatsächlich zu den Theologen von denen ich jedes Buch kaufen und lesen sollte, werde… Danke für den Appetizer.