Immer wieder begegne ich Menschen, die sagen, dieses oder jenes (darunter auch das Brot und der Wein beim Abendmahl) sei nur ein Symbol. Als wäre das eine minderwertige Wirklichkeit, ein bloßes Hinweisschild, ein austauschbarer Begriff, eine leblose Abstraktion. Wenn aber in Teheran oder Gaza Israelfahnen verbrannt werden, wenn Neonazis aufmarschieren und den Arm zu Hitlergruß erheben, wenn um Kruzifixe in Schulen oder auf dem Cover von Titanic gestritten wird, oder wenn wir – um mal vom Politischen ins Private zu wechseln – beim Schwimmen im Meer den Ehering verlieren, dann wird ganz schnell deutlich, dass Symbole einen Wirklichkeit nicht nur abbilden, sondern auch schaffen und prägen. Deswegen kommt man für den Hitlergruß richtigerweise in den Knast. Deswegen lieben wir Brautkleider und Taufkerzen.
Symbole ordnen unsere Wirklichkeit. Unsichtbares – eben die Beziehungen zwischen Personen und/oder Gegenständen – wird sichtbar. Betrachte dich einen Augenblick im Spiegel: Wie viele Schriftzüge oder Zeichen von Marken sind auf Kleidung, Schuhen, Uhr oder Brille zu erkennen? Die allgegenwärtigen Firmenlogos tragen zur „Corporate Identity“ bei. Sie zeigen, dass wir zu bestimmten Gruppen dazugehören oder eben nicht. Sie verraten, wer wir sein wollen, wofür wir sind und wogegen wir protestieren. Und schließlich: Münzen und Geldscheine haben in der Regel keinen hohen Materialwert, aber das nehmen wir kaum noch mehr wahr. Der grüne Schein ist 100 Euro wert, und wehe, wenn ich ihn verliere. Also – wirklich nur ein Symbol, Tinte auf Papier, bloß eine Konvention?
…. -Klar – auch „nur“ Symbole haben viel Macht und Einfluss – desto mehr hat und macht Gott daraus. Die frage stellt sich – lassen wir es die positive Wirkung zu, oder brauchen/wollen wir ab und zu dies nicht zu zulassen?
Der grüne Schein ist 100 Euro wert, ja. Aber wenn hinter dem grünen Schein kein real erwirtschafteter Wert steht, dann droht Inflation, und 100 Euro sind irgendwann nicht mehr viel wert. Dann sind die 100 nur noch ein Symbol, aber das, was sie symbolisieren, wird weniger.
Wenn einer den Ehering zwar trägt, aber mit derselben Hand seine Frau schlägt, dann ist das Symbol noch da, aber sonst nichts.
In dem Sinne kann ich die Formulierung „nur ein Symbol“ verstehen, nämlich „nicht mehr als ein Symbol“, „ein Symbol, das etwas symbolisiert, was es gar nicht gibt“.
Als Symboltheoretiker kann man einwenden, das ein Symbol ohne Symbolisiertes gar kein Symbol ist. Aber im eher umgangssprachlichen Gebrauch sind Symbole mehr als das.
Natürlich kann man Symbole entwerten und missbrauchen, das ist ja nur die Kehrseite davon, dass sie in der Regel eben einen Wert und einen Sinn haben. Was Gott betrifft, so ist er für uns ja gar nicht ohne Symbole und Symbolsprache zugänglich, die den Überschuss des Symbolisierten gegenüber allen Versuchen einer „Entschlüsselung“ bewahrt.
Im (allen drei Ausrichtungen des) Quakertum wird die Auffassung vertreten, das Gott unmittelbar erfahrbar ist. Auch ohne Bibel, Klerus und Sakramente/Liturgie. Möglicherweise sieht die HA das genauso. Weiß ich nicht.