vor ein paar Tagen las ich, dass Ihnen der Europäische Kulturpreis für Zivilcourage verliehen werden soll. Ihre Kritiker waren empört. Pazifisten, Feministinnen und viele andere Menschen im Land freuten sich. Kurz darauf machte die Nachricht die Runde, dass Sie den Preis abgelehnt haben. Die Empörten schwiegen irritiert, die Erfreuten schwiegen aus Hochachtung.
Dass Sie den Preis nicht angenommen haben, war richtig, Schließlich haben Sie im letzten Jahr – nach den (so die Stiftung) preiswürdigen Worten zu Afghanistan – einige schwere Fehler gemacht. Nein, ich meine nicht die Alkoholfahrt, sondern Ihren Umgang damit. Sie hätten nämlich auf die ersten Enthüllungen erwidern müssen, diese Vorwürfe seien „abstrus“. Das hätte Ihre Unterstützer mobilisiert und eine kleine Medienschlacht angezettelt. Es ist zwar schwer, einer so integren Institution des öffentlichen Lebens wie Bild irgendeine Parteilichkeit oder verdeckte Interessen zu unterstellen, aber einen Versuch wäre es allemal wert.
Natürlich hätte die Polizei der Öffentlichkeit irgendwann Beweise präsentiert. Bis dahin hätten Sie die Gelegenheit gehabt, alle kirchlichen Gremien davon zu überzeugen, dass man auf eine Lichtgestalt wie Sie unmöglich verzichten kann. Und dann hätten Sie gelassen an Schritt zwei der Bewältigungsstrategie herangehen können: Scheibchenweise Geständnisse längst bekannter Fakten in verharmlosender Sprache („Einzelfall“, „eventuell“, „hier und da“, „könnte sein“) mit umfangreichen Rechtfertigungen (Verweis auf Ihre vielen Aufgaben und die Schwierigkeit, sich zu erinnern; Anspielung auf Ihre Verdienste und den Stress damals zur Zeit der Führerscheinprüfung). All das natürlich nur vor ausgewählten Journalisten.
Schließlich hätten Sie kurz vor dem Prozess vor dem Verkehrsgericht ankündigen können, dass Sie Ihren Führerschein zurückgeben. Aus freien Stücken natürlich, und weil Sie bei genauerer Betrachtung zu dem Ergebnis gekommen sind, dass da „Blödsinn“ passiert sei. Allerdings nicht ohne den Hinweis, dass dieser Verzicht Sie schmerzt, und nicht ohne Seitenhiebe auf Gegner, die Ihnen die gebührende Demut abgesprochen hätten. „Wer ohne Knöllchen ist, werfe den ersten Steinhäger„, hätte das Sonntagsblatt titeln können, und dann Anspielungen auf Verkehrsdelikte anderer machen.
Ihre Hilfstruppen hätten sich daraufhin auf Facebook und vor den Mikrofonen der Journalisten davon beeindruckt gezeigt, wie mutig Sie Fehler einräumen und die mediale Hetzjagd auf Sie kritisiert. Anspielungen darauf, dass die Staatsanwälte in Hannover eine Landplage seien, erfolgreiche Menschen hassen und kirchenfeindlich gesinnt seien, wären auch eine Überlegung wert gewesen. Was auf keinen Fall fehlen darf, wäre der Hinweis, dass hier Männer versuchen, eine starke Frau zur Strecke zu bringen, oder Spekulationen darüber, ob denn die Rüstungslobby, die Sie mit ihrer Kritik am Krieg vergrätzt hatten, vielleicht auch den Alkomaten hergestellt (und womöglich frisiert?) hatte.
Der Rat der EKD hätte erklärt, dass man Sie als Bischöfin und nicht als Fahrerin gewählt hätte, dass Sie ohnehin selten selbst am Steuer sitzen und dass ein Führerschein keine Bedingung für kirchliche Ämter ist. (Fußnote: Wo war Ihr Fahrer eigentlich an diesem Abend – und könnte man ihn dafür vielleicht schnell noch feuern?) Und dann hätte jemand gesagt: Nichts ist gut in Deutschland, so lange wir uns hier über Fehler im Promillebereich ereifern, während in Afghanistan und anderswo Menschen sterben.
Und wo wir schon dabei sind: Eigentlich müsste die Öffentlichkeit doch dankbar sein dafür, wie Sie das Thema Alkoholmissbrauch und Risiken im Straßenverkehr wieder ins Gespräch gebracht haben! Womöglich werden so viele hundert, ach was, tausende schwerer Unfälle verhindert weil nach diesem Vorfall nicht nur Sie so vorbildlich in sich gegangen sind, sondern auch viele andere ihre Trink- und Fahrgewohnheiten geändert haben.
All das haben Sie unterlassen und damit bewiesen, dass Sie die deutsche Öffentlichkeit nicht verstehen, die lieber verbogene Helden als gar keine möchte, so lange die nur gut aussehen und jugendlich-dynamisch rüberkommen. Zivilcourage hat in der Kultur Europas doch nichts mit Mut zu tun, sondern mit der Dreistigk… Durchsetzungsfähigkeit, das Offensichtliche beharrlich kleinzureden, wegzulächeln und auf bessere Tage oder die Vergesslichkeit der Leute zu hoffen.
Dass Sie nun nicht etwa ihre Schwester oder einen Pressereferenten zur Preisverleihung in die Paulskirche schicken, sondern ganz verzichten, weckt dennoch Hoffnung. Es zeigt, dass Sie – spät, aber immerhin – die perfide Strategie der obskuren Europäischen Kulturstiftung durchschaut haben, die im Geiste von Wikileaks & Co einen gefährlichen Anschlag auf unsere Gesellschaft plant und einen Keil in die Beziehung zu wichtigen Verbündeten südlich der Alpen zu treiben versucht.
Sie zeichnen sich damit im Übrigen auch als wahrhaft konservative Denkerin aus. Und dafür lässt sich mit Sicherheit ein anderer Preis finden. Den sollten Sie dann mit einem gerüttelt Maß an Demut vor dieser unserer aller Kultur auch bitteschön annehmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Peter Aschoff
Sehr gut.
Ich wünsche mir manchmal eine Kultur der Vergebung in Deutschland. Damit meine ich nicht, dass Fehler ignoriert werden sollten. Aber wenn jemand die Charakterstärke zeigt, einzugestehen, dass er Fehler gemacht hat (selbst wenn das vorsätzliche und grobe Verfehlungen waren), würde ich gerne Vergebungsbereitschaft sehen. Momentan scheint es nur die Wege „Guttenberg“ zu geben, der Schadenfreude hervorruft oder „Käßmann“, der Respekt hervorruft. Beide enden in Rücktritt. Natürlich müssen Konsequenzen gezogen werden, besonders wenn das Gesetz überschritten wurde. Allerdings würden uns ein paar beschädigte Politiker und Leitfiguren, die zu ihrer Sündhaftigkeit und Fehlerhaftigkeit stehen echt gut tun. Ob das irgendwie möglich ist, so Leute zumindest später in ihrem Leben wieder zu rehabilitieren?
sehr gelungen – danke schön!
@Tobias: Vergebung ist auch in Deutschland kein Problem – wenn jemand Einsicht zeigt, gegebenenfalls Konsequenzen zieht (was nicht immer Rücktritt heißen muss) und darum bittet. Guttenberg hat, so weit ich sehe, keine Schadenfreude hervorgerufen, sondern blankes Entsetzen: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,747016,00.html
Ich bin eher von den Kommentaren bei Tagesschau.de ausgegangen. Dort hat man finde ich schon Schadenfreude gespürt, schon bevor die Details klar waren. Das war jetzt nicht nur bei Guttenberg so. Ich finde es ist dort allgemein oft eine Stimmung, die eher destruktiv wirkt.
Ich hoffe, es ist nicht so rübergekommen, dass ich Herrn zu Guttenberg in Schutz nehmen wollte. Dem ist sicher nicht der Fall. Wenn das alles so war, wie es momentan aussieht, war das eine Straftat und muss Konsequenzen haben. Und sein Umgang mit der Sache ist aus meiner Sicht alles andere als vorbildlich.
Mir geht es eher darum, dass ich schon den Eindruck habe, dass wir eine Atmosphäre im Land haben, wo Menschen völlig unrealistisch hochgejubelt und verehrt werden und dann auch genüsslich wieder fallengelassen werden, wenn sie Mist bauen. Damit kommen halt auch gerade Schaumschläger an die Macht, denn die kann man gut hochjubeln und die Chance ist groß, dass sie Mist bauen. Ich wünsche mir halt, dass wir eher Menschen zu unseren Volksvertretern machen, die sich bewusst sind, dass sie fehlbar und nicht perfekt sind.
ja, da hast Du Recht – ein Jammer…
@Peter: Naja, du glaubst doch sicher nicht, dass seine Gegner (z. B. von den Grünen, SPD oder der Linkspartei) sich über diesen Skandal nicht freuen? Natürlich sagen die nicht unbedingt „das freut mich“, sondern man denkt dies oder ähnliches. Dabei sind ehemalige Stasimitarbeiter oder Steinewerfer auch nicht besser. Aber die CDU/CSU wäre natürlich genau so schadenfroh, wenn im „anderen Lager“ was entdeckt wird.! Es geht doch vor allem um Macht in der Politik. Geld kommt da sogar nach m. E. an späterer Stelle. Und überhaupt sind solche Skandale in der Politik wohl ohnehin die Spitze des Eisbergs!
Dass das den Gegner gelegen kommt, ist doch keine Frage. Aber deutlich erkennbar war doch auch, dass selbst die ausgemachtesten Feinde komplett überrascht waren von dem, was da ans Licht gekommen ist. Was mich aber mehr interessiert: Versuchst Du, mit Stasi und Steinen jetzt die Fraktionen der Linken und der Grünen pauschal zu charakterisieren und Dich für den Dobrindt-Orden ins Gespräch zu bringen?
Mag sein, dass wir mit weiteren Skandalen rechnen müssen. Allgemeine Urteile und Anspielungen wie die Eisbergspitze sind mir aber zuwider. Erstens fallen sie immer (hier auch) in einem Kontext, wo sie den, der gerade in der Kritik steht, wie den Einäugigen unter lauter Blinden aussehen lassen (sollen). Zweitens senken sie die Erwartungen an unsere Volkvertreter auf ein Niveau, das uns bei den Italienern immer gestört hat. Solche Sprüche und solche Strategien zur Bewältigung von Affären befördern die Berlusconisierung Deutschlands. Also Vorsicht!
Lieber Peter, liebe Kommentatoren,
es gibt Menschen die dürfen so etwas! Und andere dürfen es nicht. Guttenberg gehört zu Ersteren. Das ist mein Ernst. Habt ihr noch nie Nietzsche gelesen? Habt ihrs noch nicht begriffen? Wenn der Gute oben ist, geht es dem ganzen Rudel gut (das gilt nicht nur bei Affen und Wölfen). Hierin besteht auch der Unterschied zwischen der oben adressierten Kirchenfrau und dem zwischen den Zeilen auftauchenden Politstar.
Tut mir Leid, ich halte nichts von eurer Gleichmacherei. Menschen sind nie gleich. Wer anderes behauptet, wird vom Ressentiment getrieben. Wünscht euch nicht, dass Guttenberg geht!
Viele Grüße,
Ephcharisto
Ich stimme dir, Tobias, zu, dass wir eine Kultur der Vergebung brauchen. Allerdings ist die m. E. unauflösbar mit einer Kultur der Umkehr verbunden, sonst wird es wackelig. Einseitig kann ich jederzeit vergeben. Klar.
Doch damit neues Vertrauen wachsen kann, ist die Voraussetzung ein inhaltlich wie emotional glaubwürdiges Bekenntnis „Ich habe falsch gehandelt. Ich habe konkret (!) dies und das falsch gemacht. Ich hätte anders, richtig handeln können. Aber ich tat es nicht. Das tut mir jetzt leid und ich bitte jetzt um Vergebung. Und ich bin bereit – im Rahmen meiner Möglichkeiten – dazu beizutragen, dass der Schaden, den ich durch mein Verhalten angerichtet habe, gemildert wird.“
Da spricht der Hagen Rether in Dir…;-)
Bereichernder Beitrag. Sehr nachdenkenswert. Gruß!
@Prinz M: dabei bin ich gar kein solcher Fan von dem 🙂
@Olaf: Gruß zurück!
@Kerstin: So seh ich’s auch
@Peter: Ich stimme dir zu, dass eine Relativierung solcher Skandale mit der Vermutung, dass noch viel mehr bei vielen Politikern im Argen liegt, gefährlich sein kann. Und mit meiner christlichen Überzeugung lässt sich die „Plagiatsgeschichte“ ohnehin nicht vereinbaren. So etwas macht man auch nicht einfach fahrlässig.
Eine pauschale Charakterisierung der Linken und Grünen mit den genannten Begriffen ist übrigens nicht mein Anliegen. In einer Demokratie muss man nicht jede Partei mögen, aber ich denke da schon an konkrete Personen. Wobei die Linken hier sicherlich nochmals problematischer sind als die Grünen. Das beziehe ich auf die Herkunft dieser Partei.
Ich habe aber folgenden „Verdacht“: Dass diverse Politiker die Skandale der eigenen Partei (egal welche) klein reden, aber sich dann später über die Skandale anderer Parteien empören. Ich sage zwar nichts neues, aber es ist trotzdem Heuchelei!
genial geschrieben, danke.
Guttenplag-Wiki zeigt objektiv genug das Ausmaß der Fehler…
Ich neige auch dazu diesem Strahlewunder Politpopstar zu verfallen, weil ich in seiner Sonne mitglänzen möchte….
diemLiebe zu Wahrheit und Klarheit Muss sich durchbeißen, aber es lohnt sich!
Hi Kerstin,
ich bin voll Deiner Meinung. Ich glaube, hier könnte die Kirche der Gesellschaft echt einiges lehren, denn es gibt auf beiden Seiten hier viele Fallstricke. Ich denke, es ist wichtig, dass dieses klare Eingeständnis kommt. Ich denke auch, es ist wichtig, dass die Forderung danach nicht zuerst deshalb besteht, weil die Gesellschaft einen Anspruch darauf hat oder selber besser ist, sondern weil es für den Heilungsprozess der betreffenden Person wichtig ist. Wenn Schaden entstanden ist, ist natürlich auch Wiedergutmachung nötig, wo das möglich ist.
Ich habe halt mal versucht, mich in Herrn zu Guttenberg reinzuversetzen und in dem Moment habe ich spontan für ihn gebetet (und das passiert mir nicht oft). Ich glaube nicht, dass er es gelernt hat, Versagen, Schwäche und Fehler einzugestehen. Ich wünsche mir halt eine Gesellschaft, die ihn auffordert, dazu zu stehen. Allerdings nicht, weil man ihn fallen sehen will, sondern weil man ihn davor bewahren will, seine Ehre zu verlieren.
Und das ist für mich alles völlig unabhängig von der Frage, ob er als Volksvertreter weiter akzeptabel ist. Das ist nochmal ne andere Sache.
Also, zusammengefasst: Klar ist das Eingeständnis des Versagens nötig. Aber halt im Sinne der Anonymen Alkoholiker und nicht im Sinne einer Inquisition.
Ergibt das Sinn? Auf jeden Fall ein schwieriges Thema.
Das wirkliche Problem bei der Affäre ist ja weniger das Plagiat als vielmehr Guttenbergs taktierender Umgang mit der Wahrheit. So weit so gut. Genau hier beobachte ich allerdings einen Girard’schen Opfermechanismus: Nicht, dass Guttenbergs Unwahrhaftigkeit zu entschuldigen wäre (darin also nicht Girard), aber zugleich scheint mir die politische Klasse hier das ganz übliche Maß an Unwahrhaftigkeit auf einen Kopf zu versammeln und den zu verurteilen. Der Zorn wird an einer Stelle entladen und so effektiv über die Breite des Problems hinweggetäuscht.
@ Alex: ja „Sündenbock“ wird gerne genommen, darum muss der Bock geopfert werden, statt dass ihm möglicherweise Vergebung zukommt.
Ich frage mich nur, ob Vergebungsmechanismen überhaupt im politischen Leben der Gesellschaft /aber auch in der Kirche?/ verankert sind?
Gibt es ein Ritual, das reuemütige Politiker rehabilitieren würde, bzw. gar nicht erst fallen lassen würde?
1. Schritt: Zugeben (öffentliche Sünde, d.h. Verfehlungen an der Öffentlichkeit, muss öffentlich bekannt werden).
2. Schritt: soweit nicht strafrechtlich relevant eine Art „Richterspruch“ von einer Instanz…
3. Schritt: Wiederherstellung der „Ehre“ (Unbescholten ab da weitermachen dürfen).
Sowas gibt es doch nicht, oder?
Spannend, an was für Ecken überall Girard auftaucht.
Ich teile Deine Einschätzung und auch Helges Fragen. Das war auch genau meine Frage gestern auf dem Fahrrad. Die Schwierigkeit ist ja, dass das politische System gar kein Interesse an dieser Rehabilitierung hat, eben weil ein Sündenbock praktisch ist. Interessant ist allerdings Helges Frage, ob es in der Kirche dafür ein Ritual gibt, das tatsächlich gelebt wird.
Ich bin mir nicht sicher, ob man mit Girard hier weiterkommt. Der Sündenbock-Mechanismus würde ja implizieren, dass die Gesellschaft Guttenberg so ziemlich einhellig ausschließt wegen einer Sache, die alle tun und zugleich verleugnen. Klar kann man nun hier oder da einen allgemeinen Mangel an Wahrhaftigkeit erkennen, das reicht aber m.E. nicht aus. Das eigentliche Thema ist ja Betrug, und dafür sind die Deutschen insgesamt doch noch relativ ehrlich.
Guttenberg wird obendrein von Bild (angeblich 89% der Leser), Merkel, Seehofer und einem breiten Teil der Deutschen gestützt. „Die politische Klasse“ ist hier also tief gespalten. Er wird also gerade nicht geopfert, sondern er ist unverzichtbar.
Auch die Intensität der Kritik hat m.E. nichts mit einem Opfermechanismus zu tun, sondern mit der quasimessianischen Selbstinszenierung Guttenbergs, der daraus resultierenden „Fallhöhe“ und der Tatsache, dass er beinahe achselzuckend gesellschaftliche Institutionen wie die Universität und die Wissenschaft beschädigt und den Zynismus stärkt, dass man von denen da oben eh nichts anderes zu erwarten braucht.
Meine Meinung hat sich nach den Nachrichten heute auch gedreht. Ich war fest überzeugt, dass diese Sache letztlich zu Guttenbergs Rücktritt zur Folge haben würde. Dass es dazu jetzt offenbar nicht kommt, schockiert mich schon. Eben weil oben diskutiertes Schuldeingeständnis auch nicht kam. Ich ziehe auch meine Girard-Zustimmung zurück. Ehrlich gesagt sieht mir das gerade mehr nach Augen zu und durch aus. Und schlimmerweise scheinen sie damit durchzukommen. Besonders die Position der Uni Bayreuth, dass eine Prüfung auf Vorsätzlichkeit zu lange dauern würde wundert mich. Es kann doch jetzt nicht damit getan sein, dass er seinen Titel aberkannt bekommt, oder?
@ quasimessianischen Selbstinszenierung Guttenbergs, der daraus resultierenden (möglichen) “Fallhöhe”
warum sind mir 😉 diese Worte nicht eingefallen!
Die nahezu uneingeschränkte Bewunderung und Zustimmung für den Schritt von Frau Käßmann teile ich nicht. Ihr Amtsverständnis und ihre Amtspraxis hatten – wenn man einmal ihre wirklich charmante und sympathische Art ausblendet, also nur den Wortlaut betrachtet – leider erkennbar gesetzliche und rigoristische Züge. Dass man dann natürlich zurücktritt, ist folgerichtet, aber nicht gleich die evangelische Tat des Jahrhunderts. Zudem war auch bei ihr eine bewusste Inszenierung von Glaubwürdigkeit deutlich sichtbar, wenn auch im Paradox des angeblichen Verlusts derselben. Leider hat sie obendrein den schönen Satz, dass man nie tiefer als in Gottes Hand fällt, in dieser Situation öffentlich auf sich bezogen. Wie tief sie gefallen ist, sieht man ja. Da ist mir ein Tick zuviel Dramatisierung enthalten gewesen; dass die Öffentlichkeit das bewundert, damit konnte sie fest rechnen. Ob es angemessen war, steht auf einem anderen Blatt.
Mir hätte es genügt, wenn sie für einige Monate ihre Amtspflichten hätte ruhen lassen, bis das Verfahren abgeschlossen ist (die Stellvertreter-Regelung hätte das im Unterschied zu einem Minister-Amt ja ermöglicht) um dann – in Abstimmung mit den Ratsmitgliedern – eine endgültige Entscheidung zu treffen. War der Rücktritt vielleicht auch – nebenbei – eine Befreiung von diesem Amt?
@WB: Ich verstehe die Zurückhaltung. Den Preis hätte sie ohnehin nicht wegen des Rücktritts bekommen, sondern wegen der Predigt zum Thema Afghanistan – und auch das kann man jetzt natürlich kontrovers diskutieren oder im Licht der Aussagen ihres Nachfolgers neu betrachten. Was aber m.E. auch klar ist: Spätestens seit der Kritik an der Afghanistan-Krieg stand sie bei „Bild“ auf der Abschussliste und aus dieser Ecke hätte sie sich das vermutlich ewig anhören dürfen. Vergebung gibt es dort nur für Stars und Politiker, die brav kooperieren.
Was ich mir manchmal denke wenn ich Guttenberg und sein abstruse – und ich betone hier noch einmal: abstruse – Bewunderung in „der Bevölkerung“ sehe, an den Kreislauf der Verfassungen.
Ist man gerade ein bisschen müde mit der Demokratie? Kann es sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung nichts mehr so sehr verachtet wie die Mehrheit der Bevölkerung? Das geht in zwei Richtungen: die einen sehnen sich nach dem Adligen Saubermann, der ja so ganz anders ist (könnte man da mal die Zustimmungszahlen aus dem Osten einblenden? mich würde interessieren, ob es dort unterschiede gibt). Die anderen sind verwundert über diese dumme Mehrheit der Leute, die in Zeiten der Finanzkrise schwarz-gelb wählen und jetzt plötzlich ihr Interesse an Adeligen entdecken? Wäre nicht darüber hinaus noch eine andere Erklärung denkbar?
Ist nicht die BILD Zeitung schuld, sondern vielmehr die Gesundheitsreform?
Wenn die Leute mehr und mehr Zeit in den Wartezimmern deutscher Ärzte verbringen, greifen sie oft zur Notlösung: Bunte, Gala, Bild der Frau. Und was findet man da drin vor: Homestories über die von und zu’s der Republik oder „Stephanie zu Guttenberg hilft“ etc.
Vielleicht sollte man da ansetzen, um die Demokratie zu retten….
@Anarchie: Geniale Strategie. Vielleicht könnten die Kassen ja auch Zuschüsse für sinnvollen Lesestoff (National Geographic, Bild der Wissenschaft etc.) anbieten oder Prämien für boulevardfreie Praxen?
@ Peter: Dann wäre der Rücktritt von Frau Dr. Käßmann 🙂 aus einem – sehr verständlichen – Kalkül motiviert gewesen, sich das schlicht ersparen zu wollen. Ok.
Die Frage an dich in Sachen „Vergebung“: brauchen christliche Amtsträger die „Vergebung“ der öffentlichen Meinung, um wirklich glaubwürdig ihren Dienst tun zu können? Das geht mir alles zur sehr nach dem unausgesprochenen Motto: „Wer umstritten ist, muss weg!“ Armer Paulus …
… und wer Fehler oder sogar „Dreck am Stecken“ hat auch: Mose, David
lesenswert:
http://www.theomag.de/64/am312.htm
@WB: Um Himmels willen, nein, die Kirchen müssen umstrittene Leute halten. Sünder natürlich auch, so lange die nicht damit zu sehr kokettieren, dass sie welche sind. Es stellt sich freilich immer die Frage nach dem Grund des Streites. Wäre es weiter um die Themen wie Afghanistan und vergleichbare Dinge gegangen, hätte das auch produktiv ausfallen können.
Der Satz über Vergebung war strikt auf „Bild“ bezogen. „Bild“ vergibt Dir gern, wenn sich damit ein Abhängigkeitsverhältnis begründen lässt. Der künftige Kanzler Guttenberg ist das aktuelle Projekt, er ist ja schon jetzt Minister von Kai Dieckmanns Gnaden. Wer das aber undankbar ablehnt, für den werden auch die ollsten Kamellen immer wieder aus dem Hut gezaubert
Die Bild-Kampagne gegen Frau Dr. (danke für die Erinnerung, Dieckmann hat bestimmt schon ein Team auf ihre Fußnoten angesetzt…) Käßmann wäre also nicht nur für die beschwerlich geblieben, sondern auch für die EKD. Sie hätte bestehende innerkirchliche Polarisierungen dauerhaft verschärft. Insofern ging es auch bei dem Rücktritt sicher um mehr, als den persönlichen „Seelenfrieden“.
Die innerkirchlichen Polarisierungen waren aber bei ihrer Wahl nicht besonders sichtbar; sie hat(te?) doch breite Zustimmung. Zudem hat sie dieses Argument nicht genannt. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, welche Gründe außer den von ihr explizit genannten noch relevant waren. Soweit ich die Pressekonferenz erinnere, ging es ihr schon primär um persönliche Glaubwürdigkeit.
Mich interessiert deine Meinung zu den angedeuteten Überlegungen über das Amtsverständnis! War der Rücktritt von Frau Käßmann deiner Ansicht nach sachlich notwendig und einem evangelischen Grundverständnis dienlich?
@WB: Mir ging es in diesem Post gar nicht um Fragen des Amtes, sondern um den Kontrast zu aktuellen Phänomenen. Der Rücktritt von Frau Käßmann war nun mal so, wie er war. Ich habe den Gedanken durchgespielt, wie es anders hätte aussehen können. Die Klarheit im Bekenntnis zum Fehlverhalten passt auf jeden Fall gut zum Amtsverständnis. Ob jemand darüber hinaus als Bischöfin bleibt oder geht, ist dann auch eine persönliche Entscheidung, die man eben achten muss.
Ich bleibe noch mal am Ball: was Herr Ex-Dr. zu Guttenberg – wohl zu Unrecht – auf seinen Fall anwendet, nämlich den Gedanken einer Pflicht zum Verbleib im Amt trotz persönlichen Fehlverhaltens, trotz öffentlichem Tribunal usw., ist doch durchaus eine ethische Überlegung, die über Beliebigkeits- und Geschmacksfragen hinausreicht und ein gewisses Recht hat. Ich meine, Frau Käßmann hätte bleiben sollen (mit Pause, siehe oben). Vorbildlich war ihr Rücktritt jedenfalls nicht, weil sie nur vorweggenommen und selber vollstreckt hat, was sonst andere (unchristlicherweise!) gemacht hätten: vernichtende Kritik, „Kopf ab!“ usw.
Zu Guttenberg bekennt sich leider nicht voll zu seinem Fehlverhalten, sondern verharmlost und erklärt es teilweise. Das macht seinen Fall so überaus fragwürdig.
@WB: Ich denke, es hat immer zwei Dimensionen, die des Amtes und die persönliche. Ob Frau Käßmanns Rücktritt vorbildlich war, da kann man wohl geteilter Meinung sein. Dass er authentisch war, das haben sicher viele so empfunden.
Nun ist Authenitzität eine Sache, die auch für meinen Geschmack derzeit oft überbewertet wird. Ich habe selbst ja auch Horst Köhlers Rücktritt nicht richtig gefunden, hier aber denke ich, man muss das nicht zwingend so Kopf-ab-mäßig lesen. Manchmal sieht jemand in so einer Krise keinen besseren Weg, zumindest keinen, für den man sich gewappnet fühlt.
In jedem Fall waren viele dankbar, dass das Amtsverständnis wie die Einschätzung der eigenen Fehler sich angenehm vom Kollegen Mixa abgehoben haben. Der Kontext spielt ja trotz allem auch immer eine Rolle.
@Peter
Girard hin oder her: Ich habe mir die Aktuelle Stunde im Bundestag angesehen. Ob mir die inszenierte Demut Guttenburgs oder die unverhohlene Boshaftigkeit Trittins mehr Zynismus über „die da oben“ eingeflößt hat? Schwer zu entscheiden. Jedenfalls sind viele „Argumente“ auf beiden Seiten ihren Namen nicht wert; ich finde, dass Projekt „Politikverdrossenheit“ wird so über alle Parteigrenzen hinweg recht erfolgreich vorangetrieben.
@Alex: Geschenkt. Wie immer hat die Diskussion in den großen Zeitungen ein ganz anderes Niveau als im Bundestag vor laufenden Kameras. Karl Lauterbach soll trotzdem ganz gut gewesen sein, habe ich gehört…
Diese ganzen moralischen Zeigefinger sind Heuchelei. Die Diskussion wird von der rein sachlichen Ebene (was ist passiert?) auf eine ethische Plattform gehievt, um mit der Sache an sich nichts mehr zu tun zu haben. Dann können sich alle Seiten phantastisch aufblasen
und viel heisse Luft ablassen. Toll. Hilft der Klärung weiter. „Wer unter euch ist ohne Sünde, der werfe den ersten Steuerbescheid“ habe ich irgendwo gelesen. Trifft die Sache gut.
Hallo Frank, mir ist Dein Kommentar nicht ganz klar. Was genau ist aus Deiner Sicht Heuchelei? Und wie sollte mit dem Thema aus Deiner Sicht umgegangen werden?
Ach Frank. wenn Dich der „moralische Zeigefinger“ stört, dann fang doch mal bei Deinen Lieblingsfeinden an, die Du so gern anpangerst: Muslimen und Katholiken. Wenn Du findest, dass das so leicht nicht geht, dann gestehe anderen zu, sich über dieses Thema Gedanken zu machen. Betrug (und darum geht es ja hier) ist halt für manche ein ethisches Problem.
Und falls Steuerbetrug in Deinen Augen eina Art Kavaliersdelikt sein sollte (so klingt das gerade), dann müsstest Du vielleicht zur FDP wechseln?
Hallo Tobias,
wenn aus einer simplen zivilrechtlichen/strafrechtlichen Frage: – wurde plagiiert oder wurde unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug gesteuert – eine ethische Frage (ist er/sie noch für irgendetwas anderes geeignet?) wird. Da wird eine Metaebene eingezogen, die mit der Ursprungshandlung nichts zu tun hat. Das geht nur, wenn man eine Prämisse akzeptiert, „die da oben“ seien „in besonderer Verantwortung“. Das sehe ich nicht so. Es sind Bürger mit allen entsprechenden Rechten und Pflichten. Herr Guttenberg ist mit seiner Promotion lediglich seinen Parteikollegen und der Uni Rechenschaft schuldig, Frau Käßmann ihren Gläubigen. Ich kann Herrn Guttenberg kritisieren (als Bürger), wenn er Mist baut im Verteidigungsministerium. Frau Käßmann geht mich (als Nicht-Christen) gar nichts an. Und eine Aussage, ob sie nun zurücktreten soll oder nicht, steht mir nicht zu.
Wie soll damit umgegangen werden? Sine ira et studio. Ohne Zorn und Eifer. Damit ist schon viel gewonnen. Und im Umfeld die Menschen an ihre eigenen „Schwächen“ erinnern, wenn sie sich aufregen. Wie gesagt: “Wer unter euch ist ohne Sünde, der werfe den ersten Steuerbescheid” ;-))
Was meinst du?
@Peter
Weder Muslime noch Katholiken sind „Feinde“. Sowohl bei den einen wie von den anderen habe ich Freunde. Betrug ist „auch“ ein ethisches Problem, hat aber mit seinem augenblicklichen Job nix zu tun.
Warum soll Steuerbetrug ein Kavaliersdelikt sein? Ich meinte damit, dass jemand, der in Kategorien der Moral über „Betrug“ urteilt, z.B seine Steuerehrlichkeit überprüfen sollte.
Wenn da alles passt, dann hat man möglicherweise ein Anrecht. Wenn jemand beim Finanzamt die eine oder andere „Fußnote vergisst“, sollte er da lieber schweigen.
Wenn wir einfach sagen, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat, dann ignorieren wir damit erstens die (unbestrittene) Bedeutung des akademischen Titels für die Karriere des Ministers und die Frage der Glaubwürdigkeit. Bürger sollten sich in der Regel auf das Wort eines Politikers ja verlassen können. Bei zu Guttenberg steht ja beispielsweise die Frage im Raum, ob seine Behauptung, ihm seien Dokumente über die Bombardierung des Tanklastzugs vorenthalten worden, der Wahrheit entsprechen. Die gefeuerten Mitarbeiter bestreiten dies ja bis heute vehement. Aber nur so konnte er seinen unvermittelten Meinungsumschwung (von denen es ja schon etliche gab) nach außen rechtfertigen. Die beiden Ebenen schneiden sich in einer Person und der gemeinsame Nenner ist Vertrauen. Wie willst Du den Konflikt lösen?
Hm, ich stimme Dir teilweise zu – aber nur teilweise. Ich habe ja oben in den Kommentaren selber für einen unaufgeregten Umgang damit geworben. Ich sehe die Problematik aber gerade von anderer Seite. Es erscheint mir so, dass die Sache (nicht die moralische Relevanz) von Seiten z.B. unserer Bundeskanzlerin bagatellisiert wird. Stattdessen sollte die Regierung – gerade im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit – auf eine vollständige Aufklärung auch der Vorsetzlichkeit drängen. Wurde hier bewusst betrogen und Urheberrecht verletzt muss auch ein entsprechendes Strafverfahren eingeleitet werden. Da darf es keine Ausnahmen für Politiker geben.
Im Übrigen teile ich Deine Ansicht nur eingeschränkt. Ginge es um die Frage, ob ein Politiker irgendwelche pikanten Sex-Praktiken oder Ähnliches betreibt, wäre ich eher Deiner Meinung, solange keine Straftat vorliegt. Auch ein „einmaliger Ausrutscher“ wie z.B. genannte alkoholisierte Fahrt steht für mich noch auf einem anderen Blatt. Es geht hier allerdings um den Verdacht des bewussten Betrugs über Jahre hinweg und damit um die Frage von Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit. Das ist nun mal ein Teil des Kapitals eines Politikers. Herr zu Guttenberg hat mit seiner Glaubwürdigkeit, seiner moralischen Integrität und auch seiner akademischen Laufbahn Wahlkampf betrieben. Damit halte ich es für angemessen, ihn auch danach zu beurteilen. Wenn ihm Vorsätzlichkeit nachgewiesen wird, hat er außerdem das Volk belogen, indem er behauptet hat, seine Arbeit enthalte höchstens Flüchtigkeitsfehler.
Wenn eine Verkäuferin einen Apfel isst, ohne ihn zu bezahlen muss sie nicht nur den Apfel ersetzen, sondern kann wegen Vertrauensverlust entlassen werden. Gleiche Maßstäbe müssen m.E. auch für einen Politiker gelten.
Schließlich wiederhole ich aber nochmal, was ich oben schon gesagt habe: Wenn die Sache komplett geklärt ist, Herr zu Guttenberg die Konsequenzen des Gesetzes getragen hat und er sein Fehlverhalten eingesteht, ist für mich ein Rücktritt bzw. zumindest ein Ende seiner Karriere als Politiker nicht zwangsweise notwendig.
Nachtrag an Frank zu Deinem Kommentar von 14:38: Ich gebe Dir insofern Recht, als ich es auch für falsch halte, wenn eine moralische Verurteilung stattfindet. Wenn also zu Guttenberg in seiner ganzen Persönlichkeit als moralisch verfehlt dargestellt wird, während man sich gleichzeitig selber implizit als „unschuldig“ darstellt. Aber dafür haben wir ein Gesetz, das über Verfehlungen ohne Ansehen der Person entscheiden soll. Und Du willst sicher nicht sagen, dass keine Straftäter mehr verurteilt werden sollten, weil auch die Richter nicht perfekt sind, oder?
Das ist eine gute Frage. Wenn man postuliert, Politiker müssen vertrauenswürdig sein, dann haben diese aber versagt, weil sie beim Thema „Vertrauen“ bei Umfragen irgendwo an vorletzter Stelle, neben den Gebrauchtwagenhändlern landen.
„Der halbwegs aufgeklärte Bürger darf – so seine Erfahrung – einen großen Teil politischer Erklärungen offenbar nicht ernst nehmen. Er muss vielmehr stets mit dem Gegenteil des Gesagten rechnen.“ http://www.bpb.de/publikationen/IXSA3Z,2,0,Wieviel_Vertrauen_verdienen_Politiker.html#art2
Dein o.a. Beispiel ist der springende Punkt, wo man einen Rücktritt verlangen kann. Wenn er nachweisbar bezüglich der Dokumente gelogen hat. Die Wahrscheinlichkeit und seine Persönlichkeit legen nahe, das er es getan hat. In unserem Rechtsstaat braucht es aber Beweise oder zumindest starke Indizien. Diese fehlen bisher.
Wie ist dieser Konflikt lösbar?
„Die Politik könnte sich zudem um mehr Partizipationschancen der Bürger bemühen. Vielleicht schafft der Ausbau von plebiszitären Volksrechten neues Vertrauen. “ ebenda.
Also: Bügerhaushalt, direkte Demokratie, Transparenz von Verwaltungen, Informationsfreiheitsgesetze etc. Damit man eben nicht mehr allein auf Vertrauen angewiesen ist. Auch die Direktwahlmöglichkeit von Politikern auf Landeslisten wäre hilfreich.
@Tobias
„dass keine Straftäter mehr verurteilt werden sollten, weil auch die Richter nicht perfekt sind, oder?“
Nein, es geschehen ja durchaus auch immer wieder politisch motivierte Falschurteile, abgesehen von den wirklichen Irrtümern. Aber dazu gibt es den Instanzenweg, dass man von einer jeweils anderen Kammer ein Urteil überprüfen lassen kann. Und es gibt den „Befangenheitsantrag“, wenn man meint, der Richter sei nicht unparteiisch.
Wobei ich jetzt nicht weiss, wie es ist wenn ein Richter z.B. wegen Raserei eine Strafe bekommt. Darf der dann noch Verkehrssachen richten?
Wenn ich mir die Karrieren seiner politischen! KritikerInnen so ansehe, da ist so manche Auszeit wegen irgendwelcher Affären verzeichnet. Gysi-Flugmeilen, Özdemir-Privatkredit etc. etc. Alle sind eine Weile abgetaucht und dann wiedergekommen.
@Frank: Vertrauen ist eine Grundbedingung repräsentativer Demokratie. Steckt ja schon in dem Begriff „Mandat“. Wo sie fehlt, kann man nur zurück zu direkten Demokratie, wie Du andeutest. Da aber viele Fragen sehr komplex sind, kann kein Bürger das alles im Auge behalten. Und dann muss man sich auf ein paar Themen beschränken, während man sich darauf verlässt (!), dass andere in den übrigen Fragen gute Arbeit machen. Wie du es drehst und wendest, um das „Postulat“ kommt man nicht herum, oder um die Anerkennung diese Realität.
Und wo Zweifel bestehen, da zieht man eben wie bei Guttenberg jetzt Parallelen zu Fragen, die sich beurteilen lassen (oder fragt nach der Kompetenz: wenn jemand bei Fußnoten „den Überblick verliert“, warum sollte das in seinem stressiger Ministerjob – Frau und Kinder hat er ja nach wie vor – nicht auch drohen?)
@Peter
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ W.I.Lenin
„Vertraue auf Allah, aber binde dein Kamel fest.“ arabisches Sprichwort
;-))
Genau. Und wenn die Kontrolle ergibt, dass man es mit einem hartnäckigen Lügner zu tun hat, glaubt man ihm nur noch das, was man selbst überprüfen kann.
Immerhin sagt selbst der zweite Mann im Staat, die Causa Guttenberg sei „ein Sargnagel für das Vertrauen in unsere Demokratie.“
Habe den Beitrag eben erst gelesen – WOW! Allerdings braucht man ein paar Momente, Ironie von Nicht-Ironie zu unterscheiden. Hoffentlich haben alle kapiert (und ich…), was du wirklich meinst. 😉