Kleine Gemeinde – große Herausforderung

Stellen wir uns einen Moment lang Folgendes vor: In einer Stadt in einem zu 90% katholischen Gebiet soll eine Moschee entstehen. Deutlich sichtbar und an einer belebten Straße. Die Initiatoren sind den Stadtvätern bekannt, leben seit einem guten Jahrzehnt im Land und sind nie durch zwielichtige Umtriebe aufgefallen. Ein paar Einheimische sind zum Islam konvertiert und die Gruppe möchte einen repräsentativen Ort für ihr Gebet haben. Es ist die einzige Moschee um Umkreis von 50 km. Da ist für Diskussionsstoff gesorgt – manche wählen dafür wahrscheinlich die Leserbriefecke der Heimatzeitung, man muss aber auch damit rechnen, dass ein paar Unverbesserliche Hauswände  beschmieren oder gelegentlich ein Fenster einwerfen. Für alle – Kritiker wie Befürworter – ist das aber eine neue Situation, mit der umzugehen man lernen muss.

Etwas Vergleichbares, nur umgekehrt, geschieht gerade in der Türkei: Eine kleine christliche Gemeinde kauft ein Gemeindehaus der der Stadt Yalova, südlich von Istanbul. Ungewöhnlich für türkische Verhältnisse ist dabei die Tatsache, dass alles so öffentlich geschieht. Das Verhältnis zu den Stadtoberen ist gut, ab und zu aber versuchen Extremisten, sich auf Kosten der Christen zu profilieren und Stimmung zu machen. Aber bisher verläuft alles recht friedlich, die Gemeinde wächst kontinuierlich weiter und immer wieder kommen Besucher aus der Stadt, um am Gottesdienst teilzunehmen.

Natürlich fragen nun manche, ob so ein Schritt nicht unnötig Spannungen provoziert. Umgekehrt, denke ich, kann man darin aber auch eine Beitrag zu einem normalen Miteinander von Christen und Muslimen in der Türkei sehen – ein weiterer kleiner Schritt auf einem langen Weg. Vielleicht lernen aber auch wir daheim davon – zum Beispiel, dass auch wir die Situation hiesiger Minderheiten besser verstehen lernen und ihnen helfen.

Die Religionsgesetze der Türkei erlauben die Gründung christlicher Gemeinden (das wäre undenkbar in so manchem anderen mehrheitlich islamischen Land), aber sie fordern für Gottesdienste und Versammlungen eigens ausgewiesene Räume. Um legal existieren zu können, ist ein Kauf oder Neubau nötig. Und ein türkischer Freund riet den Verantwortlichen, unbedingt darauf zu achten, dass das Gebäude auch repräsentativ sei. Was bei uns als Bescheidenheit positiv bewertet wird, wird dort eher so verstanden, dass man nicht an die eigene Sache glaubt. Aber billig ist das Ganze auch für unsere Maßstäbe nicht…

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Mit den Kosten für das neue Haus (Bild oben) ist die Gemeinde mit rund 50 Gottesdienstbesuchern schwer herausgefordert. Einzelne Gemeindeglieder (alles keine Großverdiener) sind dabei an ihre persönlichen Grenzen gegangen. Wir als Gemeinde haben uns entschlossen, das Projekt zu unterstützen und waren überwältigt von der Spendenfreudigkeit „unserer“ Leute.

Die Zeit drängt, bis Ende Oktober fehlt immer noch ein sechsstelliger Betrag. Wer sich also noch beteiligen möchte, kann das tun mit einer Spende oder einem Darlehen – die Kontodaten stehen hier und natürlich gibt es auch eine Spendenquittung für die Steuer.

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