Augenzwinkernd fordern ja derzeit manche eine Päpstin, die natürlich irgendwie alles besser und richtig machen würde. Und über Sexismus wurde in den letzten Wochen engagiert diskutiert. Nun führt Elisabeth Raether auf Zeit Online die Debatte weiter – und widerspricht dem inzwischen verbreiteten Eindruck, Frauen seien generell die besseren Menschen. Dagegen hatte ja auch ihr Kollege Martenstein schon auf seine Art protestiert. Aber der ist ja auch ein Mann. Raether dagegen schreibt nicht über Witze und Humor, wenn sie anmerkt:
Früher ging es der Emanzipationsbewegung um das demokratische Prinzip der Gleichheit. Eine Gesellschaft, die Männer und Frauen gleich behandelt, ist gerechter als eine von Männern beherrschte: Das war die einfache wie geniale Idee, aus der manche den Schluss zogen, dass Frauen die besseren Menschen seien und ihnen das moderne Denken in den Genen liege. Dass das Ende der Männer gekommen sei, behauptet der Titel eines Buchs der amerikanischen Autorin Hanna Rosin, das gerade auf Deutsch erschienen ist. Der Grund dafür sei, dass es Männern an sozialer Intelligenz und „der Fähigkeit, stillzusitzen und sich zu konzentrieren“, mangele. Aus biologischen Geschlechterunterschieden Wesensmerkmale abzuleiten, vorgefertigte Meinungen zu haben über die eine Hälfte der Menschheit – das nannte man mal Sexismus.
Es gibt spannende Abrisse der Kultur- und Kriminalgeschichte zu lesen, die eben jene Umkehrung der Klischees in Frage stellen. Zum Beispiel diesen Absatz:
Das berühmte Milgram-Experiment zeigte schon 1961, dass Frauen nicht weniger grausam als Männer sind: Genau wie die meisten Männer hatten sie kein Problem damit, während des Versuchs anderen auf Anweisung einer Autoritätsperson elektrische Schläge zu versetzen. Denn weibliche und männliche Eigenschaften gibt es sehr wahrscheinlich gar nicht. Wohl aber gibt es eine Idee von Weiblichkeit und eine Idee von Männlichkeit, und diese Ideen ändern sich über die Epochen. Eine Zeit lang dachte man, bei Frauen wandere die Gebärmutter durch den Körper, bis sie sich im Gehirn festsetze, was Frauen zu dummen und reizbaren Wesen mache. Irgendwann dachte man, Frauen sollten nicht wählen dürfen, weil sie nichts von Politik verstünden. Heute denkt man, sie seien umsichtig und verantwortungsvoll und gute Chefs.
Und am Ende stellt sie die bohrende Frage, ob man (Mann? Frau?) dem „entfesselten Kapitalismus“ nur ein weibliches Gesicht geben will, damit er weniger bedrohlich wirkt, und damit man nicht das System an sich mühsam und unter großen Risiken ändern muss. So wie viele im Westen Baschar al Assad nicht viel Böses zutrauten, weil er so eine moderne Frau hat.