Helfen oder schaden wir Afrika?

Spiegel Online wirft einen kritischen Blick auf Afrikas Despoten, die mit westlicher Hilfe und Unterstützung regieren, morden und ihre Länder plündern. Nachdem wir als Gemeinde eine Arztfamilie unterstützen, die im Tschad arbeitet und dort nicht nur gegen Krankheiten, sondern leider auch gegen Willkür und Korruption ankämpft, habe ich das Ganze mit einem besonderen Interesse gelesen. Am Ende heißt es lapidar und treffend:

Für die desolaten Zustände kommen also mehrere Faktoren zusammen: ein bestenfalls vordemokratisches Bewusstsein; Stammestraditionen, die extrem auf starke Führer ausgerichtet sind; Rentenstaaten, die fast nur von Rohstoffeinkünften leben und eine internationale Gemeinschaft, die sich benimmt, als sei es das normalste von der Welt, seinen Staat auszuplündern und Minderheiten auszurotten. (…)

Der Rest der Welt trägt aber wirklich eine Mitverantwortung für das Desaster. Dass afrikanische Führer viel Geld für Waffen, Luxuskarossen und teuren Schnickschnack haben, liegt auch daran, dass sie sich um das Gesundheitswesen, die Infrastruktur oder die Bildung nicht mehr zu kümmern brauchen, weil in Afrika praktisch alles, was unter die Fürsorgepflicht des modernen Staats fällt, von ausländischen Helfern übernommen wird.

Und wenn wir schon beim Thema Kulturen sind: Ein ehemaliger Kritiker gibt Samuel Huntington für sein oft verrissenes (und wohl auch nicht immer ganz richtig verstandenes) Buch vom Zusammenprall der Kulturen nachträglich Recht. Schöne Geste, aber eben auch sehr ernüchternde Einsichten.

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6 Antworten auf „Helfen oder schaden wir Afrika?“

  1. Das ist ja ein Zufall (?)! Ich habe gerade jetzt Do und Fr bei einem Workshop an der Uni gedolmetscht, bei dem es über medizinische Geographie ging und ein Forschungsprojekt in Botswana über AIDS und die Auswirkungen auf die Gesellschaft. Es waren jede Menge wirklich spannende und interessante Vorträge und Diskussionen, wobei ganz verschiedene Perspektiven aufkamen, aber eines stach mir persönlich ganz besonders in Auge, nämlich dass ohne Hilfe von Außen gar nichts laufen würde und diese eher die Eigeninitiativen der Menschen dort im Keim erstickt. Ich habe mich auch privat mit dem Engländer, für den ich gedolmetscht habe, unterhalten, der selbst längere Zeit in Afrika war und dort gearbeitet hat (im sanitären Bereich, Wasser/Abwasser), und auch er sagte, dass es am Besten wäre, den Kontinent sich selbst zu überlassen und alle monetären Hilfen ersatzlos zu streichen, und v.a. keine Schulden zu erlassen! Nur so würden die Menschen dort gezwungen, sich selbst zu helfen, was ja auf lange Sicht das wünschenswerte Ergebnis sein sollte.
    Ich erinnere mich an ein Interview (leider kann ich mich nicht mehr an den Namen erinnern) mit einem afrikanischen Ökonom, der genau diese Ansicht vertritt und versucht, sie auch in den industrialisierten Nationen zu verbreiten. Er sagte auch, dass es natürlich schwer ist für „Normalbürger“ zu verstehen, dass ihre gut gemeinten Spenden letztlich mehr kaputt machen, als helfen, aber dass man wirklich nicht mehr spenden sollte, auch nicht an die Kirchen.
    Da stellt sich natürlich für uns die Frage, wie wir mit unseren „Missionaren“ umgehen sollen (ich habe ja inzwischen selbst 2 davon in der Familie), die ja wenigstens praktische Hilfe geben…

  2. Ja, das sind verstörende Gedanken. wenn man die Hilfen streicht, dann werden hunderttausende davon direkt betroffen sein und leiden – kurzfristig. Und ob es langfristig besser wird, ist ja nicht 100% garantiert. Aber wenn wir so weitermachen wie jetzt, ändert sich auch nicht viel, wie es aussieht. Pest oder Cholera?

    Was wir aber sofort tun könnten: Alle Waffenexporte stoppen und Handelsbeschränkungen für Importe aus Afrika aufheben. Wenigstens für Erzeugnisse, die keine Blutdiamanten sind und nicht die Ökologie dort zerstören…

  3. Hier muss ich mich doch mal melden: Kann sein, dass ich hier in Suedafrika mit der Apartheidsgeschichte eine besondere Situation erlebe: Afrika sich selbst ueberlassen und damit zur Eigenverantwortung zwingen ist meiner Meinung nach ziemlich daneben. Apartheid (und ich behaupte auch mal Kolonialismus) haben den Menschen hier schlicht und ergreifend Eigenverantwortung verwehrt und selbst globale Interessen im 21. Jhd sind nichts anderes als eine Form von Kolonialismus. Wir duerfen und koennen Menschen nicht sich selbst ueberlassen, denen wir bis heute die Chance nehmen und genommen haben, selbststaendig zu leben. Eigenverantwortung ist ein Gut, dass man erst mal lernen muss – und hier braucht es Vermittler, Ermoeglicher, die auch von aussen kommen duerfen.

    Ich stimme zu:
    Das funktioniert nur bedingt mit Spenden und Hilfsaktionen. Wir brauchen mehr Aktionen, die Bildung ermoeglichen, fuer Gleichberechtigung stehen, die andere Kultur foerden, die eigene westliche Praegung zurueckschrauben. Das westliche Lebenstempo, den Fortschritt und alles, was wir Afrika so aufdruecken mal durchbrechen: Dienen, Schweigen, Zurueckhalten, um Eigeninitiative zu foerden. Das passiert in direkten Beziehungen. Wir brauchen Missionsgesellschaften, die partnerschaftlich handeln, wo nicht das Geld die Entscheidungen bestimmt, sondern der Kontakt, den ich habe. Menschen die den Preis von Verzicht, grenzenlosem Konsum und Machtaufgabe bezahlen.

    Das ist hart – aber etwas ganz anderes, als sich rausziehen… und sorry – Gott hat uns auch nicht uns selbst ueberlassen…

    Matze

  4. @ Matze: Ohne eine Lösung zu haben – es ging hier ja gar nicht um Spenden und Hilfsaktionen, sondern die derzeitige Entwicklungshilfe. Denn der partnerschaftliche, dienende Ansatz sieht in der Theorie super aus, scheitert eben aber auch häufig in Afrika; und der Respekt vor der anderen Kultur hat offenbar auch dazu geführt, bestimmte Exzesse stillschweigend zu dulden.

    Es ging übrigens auch nicht darum, Afrika sich selbst zu überlassen, sondern darum, kontraproduktive Programme einzustellen und den Despoten den Geldhahn zuzudrehen. Da muss man eben die Strategie überdenken.

  5. Da, wo dieser dienende Ansatz wirklich in Afrika scheitert, kann man wohl nichts machen…

    selbst erlebe ich allerdings taeglich (und ich bin nicht irgendwo politisch involviert), dass der „normale Afrikaner“ so wenig Chacen hat (und auch mitbekommen hat) Eigenverantwortung zu übernehmen, dass ich da viel Entwicklungspotential sehe (ich glaube hier liegt meine groesste Motivation). Und warum man Schluden nicht erlassen soll, nachdem man Jahrzehnte ausgebeutet hat verstehe ich einfach nicht. interessant fände ich mal eine Analyse, warum Deutschland mit Hilfe anderer Nationen wieder auf die Fuesse gekommen ist – und zwar sehr schnell.

    Das man Despoten den Hand zu dreht, dass ist sicher wichtig – aber hat hier die Entwicklungshilfe Einfluss? Ich denke kleine Missionarsgesellschaften definitiv nicht…

    By the way: Der Alltag in Afrika macht mich mehr als realistisch, was alles keinen Sinn macht (in meinem Alltag natürlich auch) – aber das Gefühl, dass ich und Europa Verantwortung trägt wird dabei nicht kleiner…

    Es bleibt spannend und vieles offen…

    Liebe Grüße aus Joburg nach Bayern – hier ist übrigens in evangelikalen Kreisen auch Rauchverbot ;-))

    Matze

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