Neulich kam das Gespräch in einer Runde auf das Phänomen des Vandalismus bei Partys, zu denen Jugendliche ahnungslos oder leichtfertig im Internet einladen. Was sind das für Menschen, war die Frage, die da sinnlos die Häuser der Gastgeber verwüsten?
Ganz normale vermutlich. Vielleicht gibt dieses Interview auf Zeit Online eine Antwort darauf. Der Historiker Hannes Wehr und der Sozialpsychologe Harald Welzer haben sich mit den Kriegsverbrechen der Wehrmacht in Russland befasst. Ihr Ergebnis: Anders als vermutet, brauchen Soldaten keineswegs eine gewisse „Eingewöhnungszeit“, um zu extremer Gewalt fähig zu werden. Welzer sagt:
Es genügt aber offenbar schon eine Situation, in der Menschen so etwas tun können und dürfen – Gewalt als Erlebnis absoluter Macht. In vielen Truppen herrschte außerdem ein regelrechtes Gewaltklima, in dem es goutiert wurde, wenn Soldaten mit ihren Exzessen prahlten.
Das Angeben in der Gruppe und die Aussicht, ungestraft zu bleiben, sind die entscheidenden Faktoren. Nazi-Ideologie kam freilich noch dazu, war aber wohl von nachrangiger Bedeutung. Vielleicht lässt sich das für die Genozide in jüngerer Zeit auch auch sagen, oder eben für große, unübersichtliche Feten irgendwo nachts, wo eine Clique von Vandalen unerkannt einfallen kann, um hinterher im kleinen Kreis mit der Verwüstung anzugeben, die man hinterlassen hat: auch da ist mehr der Macht- als der Alkoholrausch entscheidend.
Die beunruhigende Frage dabei lautet natürlich auch: Wie stabil ist eigentlich das, was wir „Charakter“ nennen, wenn es vielfach nur die richtigen Umstände braucht, damit aus „anständigen Bürgern“ brutale Monster werden?
Hab den Artikel gestern auch gelesen, sehr spannendes Material, aber bittere Erkenntnisse. Man bekommt ein bisschen Angst vor sich selbst.
ja, da kann einem schon ganz schön mulmig werden…
Ich kann in diesem Zusammenhang das Buch „Lord of the flies/Herr der Fliegen“ von William Golding empfehlen, was sich letztlich genau mit diesem Phänomen auseinandersetzt, dass selbst aus gut erzogenen Kindern auf einmal Mörder werden…weil das Potenzial dazu offensichtlich in ihnen drinsteckt.