Die Versuchung und das Potenzial von Gemeinschaft

Parker Palmer schreibt über die Versuchungen und das Potenzial von Gemeinschaft, und seine Worte gehen mir seit einigen Tagen nach, vielleicht geht es dem einen oder der anderen ja auch so:

Wir sind umgeben von Gemeinschaften, in denen es darum geht, einander „in den Schuh zu helfen“ – letztlich ein totalitäres Unterfangen, das die scheue Seele in Deckung gegen lässt. Zum Glück gibt es andere Modelle…

Der Schlüssel zu dieser Form von Gemeinschaft liegt darin, ein Paradox auszuhalten – das Paradox, Beziehungen zu unterhalten, in denen wir die Einsamkeit des anderen schützen. Wir müssen so zusammenkommen, dass wir die Einsamkeit der Seele achten, dass wir die unbewusste Gewalt vermeiden, die wir verüben, wenn wir versuchen, einander zu retten, dass wir die Fähigkeit wecken, das Leben des anderen zu halten ohne sein Geheimnis zu verletzen, und den anderen nie dazu zwingen, unserem Bedürfnissen zu entsprechen.

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5 Antworten auf „Die Versuchung und das Potenzial von Gemeinschaft“

  1. Was ist mit der Redewendung „in den Schuh helfen“ gemeint? Jemanden zurechtstutzen, so daß der Schuh paßt?

    Den zweiten Absatz finde ich wunderbar formuliert. und hätte gerne die Quelle. Schöne Pfingstfeiertage noch.

  2. Das erinnert mich an Bonhoeffer. Er schreibt in seiner Dissertation, dass echte Liebe „letztendlich nicht Gemeinschaft sucht, sondern den anderen will, aber daß sie, je weniger sie sucht, desto sicherer findet.“

    Der Gedanke, dass Beziehung nicht durch Klammern wächst und eine Umarmung auch immer ein Loslösen ermöglicht (vgl. Volf), ist wahrscheinlich nicht neu, aber mir in den letzten Jahren so wichtig geworden.

    LG Paul

    PS: Wie kommst du zu Parker Palmer? Ist ja nicht soo bekannt, oder? Ich kenne und schätze ihn durch sein Buch „The Courage to Teach“, auf das ich auf einem IFES Education Seminar gestoßen bin.

  3. @Paul: Auf Parker Palmer kam ich durch ein Buch von Alan Jamieson („Chrysalis“) und durch meine Frau, die hat dieses Buch letztes Jahr aus England mitgebracht.

    @IWe: P. Palmer, Let Your Life Speak, S. 92. Ich habe „in den Schuh helfen“ als Redewendung für „setting each other straight“ verwendet, in beiden Fällen ist die Implikation ja die, dass die Maße oder Haltung nicht dem Ideal oder der Norm entsprechen. Aber vielleicht lässt sich das noch eleganter ausdrücken.

  4. „In den Schuh helfen“ habe ich als Metapher auch noch nicht gekannt.
    Wie wäre „einander auf die richtige Spur setzen“? Wobei ja eher „dem (jeweils) anderen“ gemeint sein dürfe. Oder „einander zeigen, wo es lang geht“?
    (Je länger man’s mit dem Übersetzen versucht, desto mehr Respekt hat man vor Leuten, denen es gelingt …)

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