Meine Frau ist mit dem Fahrrad unterwegs zu einer Freundin. Auf halber Strecke sieht sie, dass sich am Himmel rabenschwarze Wolken auftürmen. „Oh, da braut sich ein Unwetter zusammen, und ich fahre genau darauf zu“, denkt sie. Weil sie keine Regensachen dabei hat, dreht sie vorsichtshalber um und sagt der Freundin für heute ab.
Zuhause angekommen stellt sie fest, dass sie die ganze Zeit ihre Sonnenbrille auf hatte, und nimmt sie ab. Ohne dunkle Gläser sehen die finsteren Wolken plötzlich ganz harmlos aus. Aber es ist inzwischen zu spät, um noch einmal loszuziehen. Wir lachen gemeinsam über ihren gescheiterten Ausflug.
Manchmal begegnen mir Menschen, die in harmlosen Situationen schon schwarz sehen. Ich frage mich dann, was es wohl braucht, damit sie ihre mentale Gewitterbrille abnehmen. Sie müssen sie ja nicht gleich gegen eine rosafarbene eintauschen. Den größten Gewinn hätten sie dabei selber: Weniger Sorgen, keine unnötigen Rückzieher. Mehr Zeit mit Freunden, mehr gute Momente auf Gottes Erde.
Ein Weg dahin, die getrübte innere Optik zu korrigieren, ist die Dankbarkeit. Sonntags lasse ich die Lichtblicke der letzten Woche Revue passieren: War war gut? Was ist mir (oder uns!) gelungen? Was habe ich neu gelernt? Worüber habe ich mich gefreut?
So eine Dankbarkeitsbrille ist übrigens völlig ungefährlich, sagt meine Frau…