Der Terror und sein Ebenbild

Die Folterpraxis der CIA macht wieder Schlagzeilen, seit der US-Senat diese Woche seinen Bericht veröffentlicht hat. Die Geschichten darin sind einfach nur entsetzlich, wenn man sie nicht völlig ohne Empathie liest. Zum Teil völlig unschuldige Menschen wurden unmenschlich gequält, wie dieser Ausschnitt aus einem Bericht des Spiegel zeigt, ihre Folterknechte hingegen durften sich bis jetzt als gute Patrioten fühlen:

Zubaydah wird nackt in eine komplett weiß gestrichene Zelle gesteckt, ohne Fenster, mit harschem Halogen-Licht rund um die Uhr. Sein Schlaf wird gestört, die Zelle mit lauter Rockmusik beschallt, um ein Gefühl der „erlernten Hilflosigkeit“ zu schaffen. Einem ursprünglichen CIA-Memo zufolge soll er „für den Rest seines Lebens“ in Isolation und ohne Kontakt zur Außenwelt gehalten werden. Zwei CIA-Männer probieren „fast rund um die Uhr“ Foltermethoden an ihm aus: Einsperren in einer Kiste, schmerzhafte Stresspositionen, Schlafentzug, Waterboarding, „Einsatz von Insekten“, „vorgetäuschtes Begräbnis“ – alle von Justizminister John Ashcroft abgesegnet. Die „aggressivste Phase“ beginnt am 4. August 2002 und dauert 20 Tage. Zubaydah wird nackt in eine sargähnliche Kiste gesperrt und dann dem Waterboarding unterzogen, bis er sich erbricht und unkontrolliert zu zucken beginnt.

Dabei hatte sich der Gefangene zuvor sogar kooperativ verhalten. Insgesamt stellt der Bericht des Senats auch noch fest, dass die Folter praktisch keine brauchbaren Informationen für die Bekämpfung des Terrors erbrachte.

George W. Bush hat schon im Vorfeld beteuert, das sei alles alternativlos und ehrenvoll gewesen, Dick Cheney poltert nachträglich. Vielleicht liegt es nur daran, dass ich neulich Das Zeugenhaus gesehen habe, aber die Sprüche der beiden ähneln denen früherer Kriegsverbrecher. Und den Islamisten haben sie damit nun auf Jahrzehnte hinaus Stoff geliefert, um deren Gewalt und Terror zu rechtfertigen. Dafür gehören die Verantwortlichen vor Gericht, aber so weit wird es wohl nicht kommen. Mit Charles Dickens könnte man eher hoffen, dass diesen Scrooges der Geist von Guantanamo so lange den Schlaf raubt, bis sie ihren Selbstbetrug aufgeben. Aber auch das ist eine eher romantische Vorstellung.

Ich habe immer wieder Walter Wink zitiert, und die folgenden Sätze aus „Verwandlung der Mächte“ kommentieren dieses skandalöse Kapitel vielleicht am besten:

„Die Wirklichkeit, ob materiell oder geistig, ist scheinbar so konstruiert, dass jeder Aktion eine gleich starke Gegenreaktion folgt. So kann jeder Versuch, das Herrschaftssystem durch die Methoden der Herrschaft zu bekämpfen, nur zu neuer Herrschaft führen. Wenn wir dem Bösen mit Bösem widerstehen, wenn wir in gleicher Weise dagegen angehen, garantieren wir einfach seinen Fortbestand, wir werden selbst in sein Ebenbild verwandelt.“

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Eine Antwort auf „Der Terror und sein Ebenbild“

  1. Nach den Kreuzzügen und dem Imperialismus waren die Methoden von George W. Bush leider schon die 3. Steilvorlage für radikale Muslime, die sie dem Westen vermutlich nie vergessen werden. Diese drei Ereignisse kann man denke ich zu Recht nebeneinander stellen.

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