Der letzte Feind

Ein Onkel verstarb diese Woche unerwartet. Bisher haben wir nur die Generation der Großeltern beerdigt, irgendwie schien der Tod da noch weiter weg, und meistens war eine mehr oder weniger lange Krankheit vorausgegangen. Das war diesmal anders, vielleicht hat es mich auch deswegen so beschäftigt. Auf der Fahrt nach Detmold habe ich daran denken müssen, dass dieser Onkel bei den Familienfesten immer der war, der am herzlichsten lachte. Als ich am Grab stand und auf den Sarg schaute, malte ich mir aus, dass ich dieses Lachen irgendwann einmal wieder höre.

Christliche Beerdigungen sind auch ein Protest gegen den Tod. Wir nehmen ihn nicht achselzuckend als biologische Notwendigkeit hin, sondern machen uns bewusst, dass da eine einzigartige Person mit einer unverwechselbaren Geschichte aus unserem Leben und dieser Welt herausgerissen wurde, und dass das zutiefst unnatürlich ist (alles andere erinnert mich irgendwie an Cowslip in Richard Adams‘ „Watership Down„, wo der Tod totgeschwiegen wird und jeder nur still hofft, dass er nicht der nächste ist).

Also lassen wir uns unterbrechen, kommen zusammen und schieben die Trauer nicht einfach weg, indem wir noch etwas härter arbeiten. Wir schauen dankbar zurück und machen uns bewusst, was wir an einander hatten, statt den Verlust herunterzuspielen. Kerzen und Blumen sind keine hilflosen Gesten, sondern machen die Hoffnung anschaulich. Wir arrangieren uns nicht mit dem Tod, sondern betrachten ihn als den letzten Feind, dem wir gemeinsam ins Auge sehen. Er hat scheinbar einen Sieg errungen und wir fühlen den Schmerz, aber wir wissen zum Glück auch, dass das nicht das letzte Wort war und hoffen auf Gott, der den Tod entmachtet hat. Für alle, die schon gestorben sind, und für uns selbst.

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