Der (fehlende?) Mut zur „armen Kirche“

Seit Bischof Tebartz-van Elst in Rom ist, hat sich der öffentliche Diskurs um seine Person und Fehler in einen Diskurs um den vermeintlichen oder wahren Reichtum der großen Kirchen, über Kirchensteuern und staatliche Zuschüsse oder Privilegien verwandelt, gestern Abend etwa zu besichtigen bei Günter Jauch, inklusive vielfacher Interpretationen und Relativierungen des Begriffspaars „arm“ und „reich“.

Und nachdem das alles mit negativem Vorzeichen begann, läuft auch diese Diskussion ausgesprochen kirchenkritisch, selbst in einer so konservativen Zeitung wie der FAZ. Unter diesen Umständen von einer Überraschung zu reden, wäre verfehlt. Das alles könnte durchaus ein Indiz sein, wie schnell der Status Quo irgendwann einmal kippen kann – beim nächsten oder übernächsten Skandal, wann auch immer der kommt.

Von der katholischen Kirche war in der Ära Ratzinger gelegentlich von Planspielen zu hören, wie man ohne Kirchensteuer und Staatshilfen zurecht kommt. Vielleicht habe ich das bloß alles nicht mitbekommen, aber arbeitet auch in den evangelischen Landeskirchenämtern jemand ernsthaft an einem Plan B – und wie sähe der eigentlich aus? Müsste das Thema (trotz der denkbaren Sorge, mit einer breiten, öffentlichen Diskussion das Ende der Kirchensteuer am Ende selbst mit herbeizureden) nicht intensiv diskutiert werden? Wie verantwortlich wäre es eigentlich, sie spätestens jetzt nicht ganz intensiv zu führen, etwa um einen kontrollierten und durchdachten statt einen erzwungenen Ausstieg zu ermöglichen?

Beim Netzwerk Kirchenreform finden sich dazu ein paar Anstöße von Paul Zulehner, die an Aktualität eher noch zugelegt haben seit Ihrer Veröffentlichung im Jahr 2007 und gute Hinweise auf die vielen theologischen Implikationen:

Solche bedrückende Reden haben für sich, dass sie wohl einen Kernpunkt der gegenwärtigen Sozialform unserer Kirchen benennen: das Geld. Alternativen sind deshalb nur dann zu entwickeln, wenn man einmal den Mut hat, eine wirklich finanziell arme „Kirche im Volk“ zu entwerfen, statt eben nur die geldgestützt Kirche (die ganz gut auch eine Zeitlang ohne Gott auskommen kann) zumindest einmal zu denken. Zugleich wäre es möglich, in die schrumpfende Gestalt der reichen Kirche Elemente einer armen Kirche probeweise zu implementieren. Dabei könnte sich zeigen, dass gerade in den armen Kirchenparzellen sich viel zukunftsfähige Kraft sammelt.

Eine solche arme Kirche (letztlich eine Kirche nach der Kirchensteuer) wird zudem auch die theologischen Grundlagen der ekklesiogenen, des Kirchenum- und –aufbaus bedenken. Es ist zu wenig, wenn Kirchenumbau lediglich von profanen Beratungsfirmen „gemacht“ wird. Wenn der Herr das künftige Haus der Kirche nicht baut, baut Mc Kinsey umsonst, so in Anlehnung an den Psalm 127. Ekklesiologie ist allerdings vor allem in der protestantischen Theologie kein prioritäres Thema.

… Zwar wird ein missionarisches Grundsatzpapier nach dem anderen angefertigt. Doch will man praktisch höchstens die Menschen ein Stück auf ihrem individuellen Lebensweg begleiten. Ein wenig vom Evangelium soll diakonal in die Biographie implementiert werden. Aber dass Menschen in die Kirche eintreten und zu uns gehören: Das gilt als verwerflich. Die Frage ist dann allerdings, wer dann morgen unsere Arbeit weitermacht und wer missionieren wird. Vor allem aber: Entspricht solche vermeintliche kirchliche Selbstlosigkeit (ist sie mehr als Zweifel an der theologischen Wichtigkeit von Kirche für die heilende Arbeit Gottes in der Welt?) wirklich den Absichten Gottes, seiner Art, sich um das Heil der Welt zu kommen?

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Eine Antwort auf „Der (fehlende?) Mut zur „armen Kirche““

  1. 1) Danke, dass du den Bischof vom Objekt zum Anlass des Nachdenkens gemacht hast.
    2) periphere Gedanken zur „armen Kirche“: Die Besucher müssen etwas von der Gegenwärtigkeit Gottes und seinem weit-arm-offenen Angebot von Heilung und Wiederherstellung, Liebe und Annahme hören und erfahren.
    Wie reich ist christliche Gemeinde! Viel an Vergebung, an Wertschätzung, an Anerkennung, an Verbundenheit.

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