Ich habe es in den letzten Wochen schon ein paar mal angerissen: Ted Jennings geht in Transforming Atonement der Frage nach, wie man ein Verständnis des Kreuzestodes Jesu gewinnen kann, das missverständliche Metaphern ersetzt oder zumindest ergänzt, und das im Unterschied zu machen Sühnetheorien auch die historischen Zusammenhänge ernst nimmt.
Eine der Linien, die er herausarbeitet, betrifft dabei Juden und Heiden. Von Anfang an wird Jesus in den Evangelien nicht nur als der Messias der Juden dargestellt, sondern auch als der Menschensohn, der über den engen Rahmen Israels hinauswächst. Das beginnt schon mit den „Magi“ bei seiner Geburt, dem Tumult, den seine erste Predigt in Nazareth auslöst und nach dem kurzen, scheinbar herben Disput mit der syrophönizischen Frau über Heiden, Hunde und Brotkrümel entwickelt sich tatsächlich ein vorösterliches Wirken unter den Heiden in der Dekapolis. Die Begegnung erweitert also Jesu Verständnis seiner eigenen Sendung.
Aber dann stirbt Jesus auch noch als der Menschensohn, der von den eigenen Leuten verstoßen und „den Heiden ausgeliefert“ wird (Markus 10,31). Und so kommt das Evangelium endgültig zu den Heiden und wird dort auch als erstes verstanden.
Paulus zieht in Kolosser 3 daraus die Konsequenz, dass weder starre und hierarchische Geschlechterrollen noch soziale und ethnische Grenzen in der Gemeinde Geltung haben können: Weder die zwischen Juden und Heiden noch die zwischen Griechen und Skythen. Ein wichtiger Schritt zu dem multikulturellen Christentum, das im Vielvölkergemisch der antiken Großstädte so erfolgreich Fuß fasste.
Für uns heute stellt sich dann zum Beispiel die Frage, wie Gemeinden in einer Stadt aussehen müssten, deren Bürger zu einem Drittel (!) Migrationshintergrund haben. Wer sich das Ganze etwas ausführlicher mit ein paar Ergänzungen und Kommentaren von mir anhören möchte, kann hier in den ELIA-Podcast klicken.