Dann halt nochmal…

Gestern nach dem Gottesdienst sprach mich eine Frau aus der Gemeinde an. Bekannte hatten ihr gesagt, ich hätte – anders als früher – in Kaum zu fassen geschrieben, dass „alle in den Himmel kommen“.

Die Wahrheit ist: Ich habe das früher nicht behauptet und behaupte es auch jetzt nicht. Was ich tatsächlich über viele Jahre ziemlich konstant sage, sind zwei Dinge, in denen ich mit der Fragestellerin auch sofort einig war:

Erstens ist es nicht meine Aufgabe, Urteile und Prognosen darüber abzugeben, wer „in den Himmel kommt“ und wer nicht. Meine Aufgabe ist es, niemanden abzuschreiben und für jeden Menschen zu hoffen. Dafür gibt es jede Menge biblische Anhaltspunkte und gute Vorbilder.

Zweitens ist es nicht die zentrale Fragestellung des Evangeliums, wie und wofür Menschen „in den Himmel kommen“, wenn sie sterben. Für Jesus dreht sich alles darum, wie Gottes Reich in die Welt kommt, oder in den klassischen Begriffen ausgedrückt: wie der Himmel auf die Erde kommt.

Damit bin ich theologisch und praktisch auch ganz gut ausgelastet.

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6 Antworten auf „Dann halt nochmal…“

  1. Inhaltlich stimme ich Dir voll zu. Mich würde jetzt mal interessieren, wie Du denn dann eigentlich mit klassisch evangelikalen Bekenntnissen wie beispielsweise der Lausanner Verpflichtung umgehst. Wenn dann ebenjene für mich manchmal einfach zu platt klingenden Sätze kommen, kannst Du die mental unterschreiben oder stößt Du Dich da dran? Ich habe da jedenfalls innerlich teilweise meine Probleme mit, denn dann wirkt alles auf einmal doch wieder so einfach: “Du hast Dich nicht bekehrt, also Pech gehabt und weg mit Dir“, und wir werden doch wieder zu Richtern. Mal abgesehen, dass ich diese einfache Schlussfolgerung für biblisch nicht haltbar finde (man denke beispielsweise an das Richten nach Werken, wie im Gleichnis von Endgericht [Mt 25] oder auch Offb 21 angedeutet wird), nervt mich diese ganze Rhetorik immer mehr. Wie gehst Du damit um?

    1. @phil: Wie bei allen Bekenntnissen sind da Passagen, die ich gut unterschreiben kann, und andere, wo die Distanz größer ist. Das sind erstens historische Texte (auch der von anno ’74) und zweitens immer vermittelnde Formulierungen. Inzwischen ist die Geschichte weitergegangen und im Cape Town Commitment klingt es schon wieder ein bisschen anders und bei „Gemeinsam für die Welt“ noch mehr. Also sag ich mir: die Tendenz ist ok, dann kann ich dazu stehen.

      Säße ich jetzt in einer Arbeitsgruppe, die so etwas formulieren soll, dann würde ich schon versuchen, solche Klöpse zu verhindern.

  2. Guter Ansatz, Peter. Gefällt mir. Und wie hälst Du es beispielsweise als Dozent, wenn die theologische Ausbildungsstätte beispielsweise auf Grundlage der Lausanner Verpflichtung oder Ähnlichem agiert? Stimmst Du dem dann formell zu, obwohl Du theologisch eigentlich etwas anders denkst? Oder wäre sowas für Dich ein Hinderungsgrund, dort zu unterrichten?

  3. Da ist es noch einfacher. Ich sage den Studenten ja nicht, was sie glauben müssen. Das müssen sie selber entscheiden. Ich bringe sie zum Denken, und da gehört die Auseinandersetzung mit anderen Positionen in jedem Fall dazu. Und wie gesagt, Lausanne ist eine Bewegung mit erheblichem Binnenpluralismus.

    Ich würde aber bestimmt nicht an einer Ausbildungsstätte unterrichten, die sich z.B. auf die Chicago-Erklärung beruft. Die gibt’s aber kaum noch, weil man dann keine staatlichen Fördergelder bekommt und vom Wissenschaftsrat nicht akzeptiert wird.

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