Cola-Kult

Die Coke-Werbung bei Dr. House (endlich, die 4. Staffel) gestern abend gerht mir noch im Kopf herum. Sie endete mit diesem Spruch

Coca-Cola – gestern, heute und für immer

Das ist natürlich dreist geklaut aus dem Hebräerbrief. Ich habe mich gefragt, ob man das als Christ einfach so hinnehmen soll, wie hier biblische Aussagen besetzt werden und ihr Sinn entleert und entstellt. Wieder ein Beispiel dafür, dass die Konsumgesellschaft ihre eigene Religion ist, bzw. jeder Hersteller sein Produkt zum Kultgegenstand aufbläst.

Hat sich eigentlich schon die deutsche Bischofskonferenz oder der Rat der EKD da mal kritisch geäußert? Hat jemand mal beim Werberat Einspruch erhoben? Wird die Evangelische Jugend in ihre Räume zu Coke-freien Zone erklären und deren Automaten abschalten? Wollen wenigstens wir eine Blogkampagne gegen Coca-Cola starten (und auf Youtube ein paar Gegenclips platzieren)? Oder (unwahrscheinlich, bei diesem Markenwert) kriegen sie damit nur, was sie wollen, nämlich Publicity?

Andererseits – wollen wir einfach zusehen? Wenn dann demnächst in einem Gottesdienst Hebräer 13,8 zitiert wird, wie viele werden dann denken: Das haben sie aus der Cola-Werbung geklaut? Warten wir erst noch, bis irgendein Werbetexter Johannes 3,16 umbiegt? Zur Erinnerung: Der Hersteller brauner Brause hat mit der Erfindung des Weihnachtsmanns schon ein zentrales christliches Fest maßgeblich sinnfrei gestellt.

Andererseits: Haben Christen durch naive (aber irgendwie eben auch synkretistischen) Adaptionen des Coca-Cola-Logos („Enjoy Christ„) schon alle moralische Integrität in diesem Bereich verspielt?

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Die Erneuerung der Erneuerung

Jason Clark hat unter dem Titel „Hands down, we’re British“ ein paar lesenswerte Gedanken zum Abklingen charismatischer Praxis, die wohl nicht nur die Situation auf der Insel beschreiben. Im Anschluss an eine Umfrage der Zeitschrift „Christianity“ lässt sich Folgendes sagen:

  1. Die typisch charismatischen Äußerungen sind in öffentlichen Gottesdiensten und Versammlungen rückläufig.
  2. Oft hat das mit problematischen Erfahrungen, z.B. Übertreibungen und einem gewissen Hype, zu tun.
  3. Viele Geisterfahrungen haben ruhigere, weniger dramatische und emotionale Formen angenommen.
  4. Aus Gruppen und unstrukturierten Hauskirchen sind Gemeinden geworden, die eine Ordnung brauchen und auf Außenstehende Rücksicht nehmen.
  5. Manches wird wohl auch nicht mehr so eingeübt und trainiert wie früher.

Jason sieht darin eine Gegenreaktion auf die Machtspiele charismatischer Leiter und Gruppen und eine Bewegung hin zu einem breiteren und gesünderen Verständnis des Geistes. Das Charismatische muss auch in der emerging culture erneuert und darf nicht aufgegeben werden. Er markiert aber ein paar kritische Punkte:

Gott wird in der Moderne vom Subjekt allen Lebens zum Objekt menschlicher Betrachtung und zum Unterstützer menschlicher Selbstverwirklichung (autopoiesis). Oder, mal ohne Fremdwörter, vom Herrn zum Helfer. Charismatische Erfahrung konnte sich also um meine Erlebnisse drehen und das Leben, das ich mir wünsche. Anbetung wurde zu einem privaten ästhetischen Erleben. Dies führte zu einem therapeutischen Schwerpunkt vieler Gemeinden, der sich dann in einen Rückzug aus der Öffentlichkeit ins Private äußert, wo man (etwa in der post-church-Bewegung) die Bedingungen des eigenen geistlichen Lebens frei bestimmen kann.

Anders gesagt: Bestimmte Akzente (etwa die ziemlich ungebremste Subjektivität dieses Frömmigkeitstypus) waren und sind sehr anfällig für den Zeitgeist der Konsumgesellschaft, der die soziale und öffentliche Dimension des Glaubens unterhöhlt. Wenn man an Pfingsten und die Apostelgeschichte denkt, dann kann gerade das Wirken des Geistes auch in eine ganz andere Richtung führen. Wir müssten nur verstehen, was die Christen damals anders gemacht haben…

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Aufdrucksstark

Genial einfach, dieser Protest: Eine Bloggerin und Greenpeace Aktivistin bestellt bei Tchibo T-Shirts mit Wunsch-Aufdruck: „Tchibo Shirts: Gefertigt für Hungerlöhne“ und „Dieses T-Shirt hat ein Kind für Tchibo genäht“.

Tchibo liefert die bestellten Shirts tatsächlich, und gerät in die Schlagzeilen. Nun wird wieder über faire Arbeitsbedingungen diskutiert. Die Arbeiterinnen verdienen 18-14 Euro. Im Monat!

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Laserdiva: Das Evangelium nach T9

Heute wollte ich in einer SMS „Karfreitag“ schreiben. Der Begriff fehlte in meinem Wörterbuch und die Worterkennung machte kurzerhand „Laserdiva“ draus. Nur der letzte Buchstabe wollte nicht mehr dazu passen.

Sprache ist schon ein interessantes Gebilde, vor allem, wenn man Maschinen damit füttert…

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Der kleine Ackermann

Ich hatte am Wochenende das Vergnügen, rein dienstlich Playmobil spielen zu dürfen. Hier das Resultat in Wort und Ton/Bild 🙂 und die weiteren Gedanken zum Thema sind hier.

  

Es war einmal ein kleiner Junge, der hieß Ackermann. Oft lag der kleine Ackermann nachts in seinem Rollenbett und konnte nicht einschlafen; die Mutter aber schlief schon lange neben ihm in ihrem großen Himmelbett. „Mutter“, rief der kleine Ackermann, „ich will fahren!“ Und die Mutter langte im Schlaf mit dem Arm aus dem Bett und rollte die kleine Bettstelle hin und her, und wenn ihr der Arm müde werden wollte, so rief der kleine Ackermann: „Mehr, mehr!“ und dann ging das Rollen wieder von vorne an.

Nach vielen Jahren wurde der kleine Ackermann Chef einer großen Bank und hatte einen Fahrer, der ihn Tag und Nacht fahren konnte, wohin er wollte. Eines Tages jedoch hatten beide Urlaub und der – gar nicht mehr so kleine – Ackermann konnte mal wieder nicht schlafen. Es waren aber leider weder sein Fahrer noch seine Mutter da.

Da dauerte es nicht lange, so sah der Mond in die Fensterscheiben, der gute alte Mond, und was er da sah, war so verrückt, dass er sich erst mit seinem Pelzärmel über das Gesicht fuhr, um sich die Augen auszuwischen; so etwas hatte der alte Mond all sein Lebtag nicht gesehen. Da saß der kleine Ackermann an seinem Schreibtisch und fing mit beiden Backen an eine Spekulationsblase aufzublasen. Und allmählich, leise, leise, fing sein Chefsessel an zu schweben, über den Fußboden, dann die Wand hinauf, dann kopfüber die Decke entlang und dann die andere Wand wieder hinunter. „Mehr, mehr!“ schrie Ackermann, als er wieder auf dem Boden war; und dann blies er wieder seine Backen auf, und dann ging es wieder kopfüber und kopfunter. Es war ein großes Glück für den kleinen Ackermann, dass es gerade Nacht war und die Erde auf dem Kopf stand; sonst hätte er doch gar zu leicht den Hals brechen können. 

Als er drei Mal die Reise gemacht hatte, guckte der Mond ihm plötzlich ins Gesicht. „Junge“, sagte er, „hast du noch nicht genug?

„Nein“, schrie Ackermann, „mehr, mehr! Mach mir die Tür auf! Ich will durch die Stadt fahren; alle Menschen sollen mich fahren sehen.“ 

“Das kann ich nicht“, sagte der gute Mond; aber er fand ein Steuerschlupfloch, und durch dieses ließ er einen langen Strahl; und darauf fuhr der kleine Ackermann zum Haus hinaus. 

Auf der Straße war es ganz still und einsam. Wie in jeder Nacht wurden die Reichen ein wenig reicher und die Armen ein wenig ärmer, ohne dass sie etwas tun mussten. Dafür sorgte die Bank des kleinen Ackermann mit ihren Computern. Aber der gute Mond blieb immer neben ihm und leuchtete. So fuhren sie Straßen aus, Straßen ein; aber die Menschen waren nirgends zu sehen. Als sie am Dom vorbei kamen, da krähte auf einmal der große goldene Hahn auf dem Glockenturm. Sie hielten still.

„Was machst du da?“ rief der kleine Ackermann hinauf. 

“Ich krähe zum ersten Mal!“ rief der goldene Hahn herunter. Er hatte etwas Greenspan am Schnabel.

“Wo sind denn die Menschen?“ rief der kleine Ackermann hinauf. 

“Die schlafen“, rief der goldene Hahn herunter, „wenn ich zum dritten Mal krähe, dann wacht der erste Mensch auf.“ 

“Das dauert mir zu lange“, sagte Ackermann, „ich will in den Wald fahren, alle Tiere sollen mich fahren sehen!“ 



„Junge“, sagte der gute alte Mond, „hast du noch nicht genug?“ 

“Nein“, schrie Ackermann, „mehr, mehr! Leuchte, alter Mond, leuchte!“ Und damit pustete er die Blase auf, und der gute alte Mond leuchtete, und so fuhren sie zum Stadttor hinaus, über die Steinbrück und übers Feld und in den dunkeln Wald hinein. Der gute Mond hatte große Mühe, zwischen den vielen Bäumen und Bergen durchzukommen; mitunter war er ein ganzes Stück zurück, aber er holte den kleinen Ackermann doch immer wieder ein. 

Im Wald war es still und einsam; die Tiere waren nicht zu sehen; weder die Bullen noch die Bären, auch nicht der BerNanke oder Bear Stearns. So fuhren sie immer weiter, durch Tannen und Buchenwälder, bergauf und bergab. Der DOW glänzte unten auf den Wiesen. Der gute Mond ging nebenher und leuchtete in alle Büsche und der kleine Ackermann pflückte im Vorbeifliegen eine dicke goldene Bo-Nuss; aber die Tiere waren nicht zu sehen; nur ein DAX saß auf einer Lichtung und funkelte mit den Augen. Immer höher flog der kleine Ackermann, und der DAX, der das seltsame Flugobjekt gesehen hatte, folgte ihm und kletterte von Gipfel zu Gipfel, um gut fünfzehn Prozent.

„Junge“, sagte der gute alte Mond, „hast du noch nicht genug?“ 

“Nein“, schrie Ackermann, „mehr, mehr! Leuchte, alter Mond, leuchte!“ und dann pustete er die Spekulationsblase weiter auf, und der gute alte Mond leuchtete; und so fuhren sie auf einem steigenden Kurs durch die Schweiz nach Liechtenstein, über die Hügel, die die Maulwürfe des Bundesnachrichtendienstes hinterlassen hatten, auf den Berg, über den Weltwirtschaftsgipfel hinweg – und gerade in den Markthimmel hinein. 



Hier war es lustig; alle Börsenstars funkelten, dass es auf dem Parkett nur so blitzte. „Gewonnen! Voll FED!“ schrie Ackermann und fuhr mit einem Siegeszeichen in den hellen Haufen hinein, so dass die Sterne links und rechts vom Himmel fielen, weil der kleine Ackermann ihre Jobs gestrichen hatte. Sie waren ja nur kleine, unbedeutende Lichter am Markt.



“Junge“, sagte der gute alte Mond, „hast du noch nicht genug?“ 

“Nein!“ schrie der kleine Ackermann, „mehr, mehr!“ und – hast du nicht gesehen! fuhr er dem alten guten Mond quer über die NASA, dass er ganz dunkelbraun im Gesicht wurde. „Pfui!“ sagte der Mond und nieste drei Mal, „alles mit Maßen!“ und setzte alle Transaktionen aus. Da wurde es im ganzen Himmel auf einmal so schwarz, wie es sonst nur das Geld auf Schweizer und Luxemburger Konten ist. „Leuchte, alter Mond, leuchte“ schrie Ackermann, aber der Mond war nirgends zu sehen und auch die Sterne nicht; die hatten sich Vo dafone gemacht standen alle bei der Arbeitsagentur in der Hartz-IV-Schlange.

Da fürchtete der kleine Ackermann sich sehr, weil er nach diesem plötzlichen Löscher so allein im Himmel war. Er rief nach dem Staat, aber es kam keine Antwort. Er musste vor Schreck Luft holen und die erhitzte Blase fing unbemerkt an, Luft zu verlieren.

Da guckte endlich unten, ganz unten am Himmelsrande ein rotes rundes Gesicht zu ihm herauf, und der kleine Ackermann meinte, der Mond sei wieder aufgegangen. Es war aber nur der JP Morgan angebrochen. „Leuchte, alter Mond, leuchte!“ rief er, und fuhr quer durch den ganzen Himmel und gerade darauf los.

Es war aber die Sonne, die gerade aus dem Meere heraufkam. „Junge“, rief sie und sah ihm mit ihren glühenden Augen ins Gesicht, „was machst du hier in meinem Himmel?“ Und – eins, zwei, drei! schmolzen vor Hitze die Kursgewinne des kleinen Ackermann. Zum Glück führte der Crash nicht in eine Steueroase mit heißem Sand und stachligen Palmen, sondern er fiel steil wie die T-Aktie in das große, weiche Wasser. Da konnte er schwimmen lernen, denn die Caymans und die Kanalinseln waren noch weit.



Und dann? 

Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Ackermann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!

(frei nach Theodor Storm)

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Dünne Luft

Steven Levy von Newsweek hat sein neues MacBook Air vermutlich mit einem Stapel alter Zeitungen versehentlich weggeworfen. Er könnte nicht der letzte sein, dem das passiert.

Trotzdem klingt das zwei Wochen vor dem ersten April fast so, als habe Apples Werbeabteilung sich den Gag ausgedacht. Billiger als Anzeigen zu schalten ist das allemal. 🙂

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pragmatisches Utopia

Ich sitze im Zug, vor mir das Magazin “mobil” der Bahn mit einem Artikel über die Gründerin von Utopia.de, einem Webportal für nachhaltiges Leben und strategischen Konsum. Das pragmatische Motto lautet: “wir fangen dann schon mal an”.

Ich finde den Spruch gut. Wenn Gottes Reich kommt, wenn wir darum beten und drauf hoffen, dass er seine Welt heilt und neu macht, dann fangen wir heute schon mal an: Versöhnung zu schaffen, Schäden aller Art zu heilen, so weit es in unserer Macht steht, neue Gewohnheiten einzuüben – und das alles als Teil einer Community, die auch ohne Internet immer online ist…

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seltsame Wertehierarchien

Gestern las ich von einer psychologischen Studie über Geldgier. Als man Testpersonen befragte, ob sie lieber 100.000 Euro verdienen wollen, wenn alle anderen 50.000 haben, oder aber 200.000, wenn die anderen 300.000 bekommen, entschieden sich die meisten für die in absoluten Zahlen niedrigere, aber relativ gesehen eben die “höhere” Summe.

Beim Geld geht es also vor allem darum, mehr zu haben als die anderen. Egal, ab es nun an sich schon viel ist. Anders sah die Sache beim Urlaub aus. Da entschieden sich die Leute für den Job mit absolut gesehen mehr Urlaubstagen. Freizeit ist kein Statussymbol, um das man konkurriert. Das erklärt eine Menge darüber, wie wir ticken (oder zumindest, in welcher Richtung die großen Versuchungen liegen).

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Das Valentinsdilemma

Ich dachte immer, Martina fände es langweilig, am Valentinstag Blumen zu bekommen. Es ist ja nicht gerade die totale Überraschung. Letztes Jahr wurde ich dann eines besseren belehrt und wollte dieses Jahr als gelehriger Ehemann auf Zack sein, so dass weitere Erinnerungen überflüssig würden.

Gestern sitzen wir dann beim Kaffee mit einem der Kinder, das mich dann (in Martinas Gegenwart!) an meine Pflichten erinnerte, die ich womöglich vergessen hätte. Und daran, dass so etwas ja gar nicht geht, am Valentinstag zu kneifen. Super – so war auch noch das letzte Quäntchen Überraschung im Eimer.

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Ich werde jetzt wohl trotzdem Blumen kaufen gehen. Mit etwas weniger Begeisterung, weil ich natürlich dazu sagen könnte, dass ich es ohne die Erinnerung auch gemacht hätte, aber das ist dann einfach nur noch doof. Pralinen wurden mir von mitfühlenden Mitarbeiterinnen empfohlen, aber da haben wir noch eine angefangene Schachtel zuhause. Parfum?

Heute morgen lese ich in der SZ noch über die üblen Bedingungen, unter denen die Blumen in fernen Ländern produziert werden, die heute massenweise über den Ladentisch gehen werden. Hungerlöhne für Frauen, die in Giftwolken ihrer Arbeit nachgehen. Meine florale Euphorie sinkt weiter: O du lieber Valentin, alles ist hin…

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Abbremsen oder ganz aussteigen?

Die Zeit befasst sich ausführlich mit Kontrastprogrammen zum üblichen Konsum und interviewt den Soziologen Hartmut Rosa zum Thema Entschleunigung. Der findet, dass man nicht immer Gas geben kann:

… der flexible Mensch funktioniert nicht. Aus zwei Gründen. Wenn alle flexibel werden, haben wir keine Gesellschaft mehr. Heute haben wir flexible Eliten, die auf stabile Hintergrundbedingungen treffen. Das geht. Aber wenn alle flexibel sind, wenn alle jetten, geht nichts mehr. Dann haben wir rasenden Stillstand.

(…) Das Versprechen des Reichtums und des technischen Fortschritts war, uns frei zu machen, so zu leben, wie wir wollen. Wenn wir uns aber ständig ändern müssen, um uns den selbst geschaffenen Zwängen anzupassen, ist dieses Versprechen pervertiert. Dann leben wir nicht mehr, wie wir wollen, sondern wie eine von uns selbst in Gang gesetzte Maschine es erzwingt.

Und im Gespräch mit der Trendforscherin Faith Popcorn erscheint dieses Postulat schon als ein Trend, der sich abzeichnet:

Einige schaffen es. Wir haben eine Menge Leute kennengelernt, die aufs Land ziehen, in den Mittleren Westen, in ein einfacheres Leben. Die sagen, sie seien viel glücklicher. Die machen ihr eigenes Unternehmen auf, weil sie sagen, sie waren unglücklicher bei ihrem früheren Arbeitgeber, großen Unternehmen. Vor allem Frauen sagen das.

Und weiter sagt sie:

Aktivismus ist der neue Narzismus. Er ersetzt unsere heutige Obsession mit uns selbst. Unsere nächste Obsession wird es also sein, mit einem guten Zweck assoziiert zu sein. (…) Ich sage Ihnen, was diese ganze Arbeit mit Marken erzeugt: Die Anti-Marke. Den Wunsch, in einer Welt zu leben, die einfacher ist. Nicht überall Marken, Marken, Marken. Ich will meine eigene Marke sein! Meine eigene Persönlichkeit!

Da bieten sich doch eine Menge Anknüpfungspunkte für einen bewussten christlichen Lebensstil. Aber es ist alles nicht so leicht: Spiegel online hält dagegen mit einer kritischen Betrachtung des Typs “Aussteiger”. Nicht ganz frei von Polemik, aber es sind gute Beobachtungen darunter:

Der Aussteiger ist mitteilungsbedürftig. Er muss über sich reden, wieder und wieder, da seine neue Identität durch Kommunikation begründet wird. Da sein Profil erst in Abgrenzung sichtbar wird, neigt er zu Arroganz gegenüber jenen, denen er ein tristes, angepasstes Leben unterstellt.

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Frommes Geschäft

Passend zum konsumbesetzten Fest bringt der Spiegel einen Bericht über geschäftstüchtige Christen in den USA: Kritisch bis polemisch, sicher nicht in allen Details über Zweifel erhaben, aber in der Grundrichtung wohl zutreffend und ernüchternd, vor allem wenn es auch noch ums Wohlstandsevangelium geht. Brennpunkt ist offenbar Florida:

In der diesjährigen Weihnachtsshow der First Baptist Church von Fort Lauderdale etwa reiten die Heiligen Drei Könige auf echten Kamelen ein. Das Spektakel mit 600 Schauspielern und Feuerwerk wird von Broadway-Choreografen inszeniert und kostet 1,3 Millionen Dollar.

Die Verschwendung greift immer weiter um sich, wie der Fall der Without Walls International Church zeigt. Die Kommerz-Kirche in Tampa macht Schlagzeilen, weil Bischof Randy White und Pastorin Paula White angeblich Kirchenmittel missbrauchen. Firmenjet, Strandvilla und ein Multi-Millionen-Dollar-Apartment in Manhattan gehören zum Lebensstil des stets braungebrannten, blonden Seelsorgerteams, das inzwischen in Scheidung lebt. Um die Finanzierung der Schönheitsoperationen der beiden gibt es öffentlich ebenso Streit wie um das Bentley-Cabrio, das sie einem befreundeten Pastor geschenkt haben. “Der Feind greift uns wegen unseres Glaubens an, aber der Teufel lügt”, sagte Randy White dazu jüngst in einer Predigt

Und noch eine Nachricht passt in dieses Bild – in einem argentinischen Themenpark findet indes Weihnachten in Disneyland-Manier jede halbe Stunde statt…

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Wer einmal lügt…

Die Freunde von Kabel Deutschland haben wieder einen neuen Anlauf unternommen, ihre (potenziellen) Kunden für dumm zu verkaufen: Sie bieten eine stinknormale Festnetz-Flatrate mit dem Versprechen an, man werde “ein Leben lang gratis telefonieren”.

Ob die Bindung ein Leben lang hält, liegt jedoch eher am Kunden als am Anbieter, denn der muss für die “Gratisleistung” bezahlen. Dass sie damit ganz andere Erwartungen wecken, als sie einzulösen in der Lage sind, interessiert keinen, so lange ein paar schlichte Gemüter auf den Trick hereinfallen. Ich habe trotzdem mal dem Werberat geschrieben. Vielleicht hilft es ja…

Übrigens: Das Gerät, das neulich angeblich schon in der Post war, kam nie bei mir an – es war glatt gelogen.

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Scharfe Bilder

Gestern bin ich über Ehrensenf auf diesen Blogpost gestoßen, der den sonst oft so unsichtbaren (oder vertuschten bzw. weichgezeichneten) Kontrast von Armut und Wohlstand ganz scharf abbildet. Das muss man sich einfach mal ein paar Minuten ansehen.

Auf derselben Website ist via Flickr eine Skulptur von Dennis Oppenheim zu sehen, deren Titel Device to root out evil lautet. Es zeigt eine Kirche, die auf dem Kopf steht und mit der Turmspitze in den Boden gerammt ist. Sie wurde anscheinend aus Stanford nach Vancouver verlegt, weil sie bei manchen Betrachtern aneckte:

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Ich kann dem Werk eine Menge abgewinnen. Der Kommentar des Künstlers dazu hat mir gut gefallen:

Turning the church upside down makes it more aggressive, but not blasphemous.

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Ziemlich dreist

Eben rief Kabel Deutschland an, man habe mir ein Paket mit einem Gerät zugeschickt. Ich merkte an, keines bestellt zu haben und bekam zu hören, man habe mich letzte Woche telefonisch nicht erreichen können. Das Paket sei aber schon unterwegs. Es sei ja ein Retourenschein dabei und ich sei ja Bestandskunde.

Das könnte sich nun allerdings ändern!

Verärgert legte ich auf, ohne mir den Werbesermon weiter anzuhören. Martina meinte, man dürfe Dinge behalten, die einem ungefragt zugesandt würden, wollte das Paket dann aber doch nicht annehmen, wenn es kommt (vielleicht war das ja auch nur eine taktische Lüge des Verkäufers, wir werden sehen).

Die Jungs dagegen waren entzückt von der Idee, den Kram einfach zu behalten. Ich habe etwas recherchiert und hier § 241a BGB entdeckt:

Durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher wird ein Anspruch gegen diesen nicht begründet.

Jetzt warten wir mal ab. Bei der IHK Nürnberg kann man Abmahnungen gegen unerwünschte Werbung veranlassen, und da steht nun Folgendes zum Thema:

Die Zusendung unbestellter Waren oder die Erbringung nicht bestellter Dienstleistungen ist grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme besteht, wenn sich der Empfänger mit der Zusendung ausdrücklich oder stillschweigend einverstanden erklärt hat. Eine mutmaßliche Einwilligung liegt beispielsweise bei laufenden Geschäftsbeziehungen vor.

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E-Mail für mich?

In unserer Kommunikationsgesellschaft wird es immer schwerer, mit Einsamkeit fertig zu werden. Wir sind versucht, unseren Selbstwert daran fest zu machen, wie “gefragt” wir sind: Anrufe, e-Mails, Technorati- und Google-Ranking, Blogkommentare… 🙂

Die Gefahr ist, dass man innerlich hohl wird. Der folgende Absatz ist schon etwas älter, aber die Erkenntnis vielleicht trotzdem übertragbar, oder sogar noch aktueller als damals:

In dem Maß, wie unser inneres Leben versagt, gehen wir immer regelmäßiger und verzweifelter zum Postamt. Sie können darauf zählen, dass der arme Kerl, der mit den meisten Briefen herauskommt, stolz auf seine ausgiebige Korrespondenz, schon lange nichts mehr von sich selbst gehört hat.

Henry David Thoreau, zitiert bei Henri Nouwen, Reaching Out (S. 8 )

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