Brandstifter

Fulbert Steffensky spricht in „Schwarzbrot-Spiritualität“ (S. 31f) ein Thema an, das in jeder Generation wieder kontrovers diskutiert wird: Brauchen wir so etwas wie sakrale Räume, besondere Zeiten und Rituale? Unter „Emergenten“ und „Missionalen“ (klingt in dieser Begrifflichkeit irgendwie ungesund, oder?) gibt es ja durchaus beide Akzentuierungen. Von zwei Lagern würde ich trotzdem nicht sprechen.

Jeder Anfang und jede Bekehrung erzeigt einen antiritualistischen Impuls. Alle Anfänge stürmen die alten Bilder, Einrichtungen und Inszenierungen. Alle Anfänge sind bilderstürmerisch, und in ihnen sagt man jenen Satz des jungen Mannes aus Nazareth: Nichts was zum Munde hineingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Munde herauskommt, macht dem Menschen unrein. (…) Die Welt ist sein, sagt dieser junge Glaube. Eine besondere Stätte, eine besondere Zeit oder ein besonderes Haus ihm zuzusprechen bedeutet die Leugnung seiner Universalität und der Heiligkeit aller Zeiten und Orte.

(…) Es gibt auch die Wahrheit jenes älteren Glaubens, der die Orte, Räume und Zeiten sich als Zeugen sucht. Auf jeden Fall soll man nicht die eine Wahrheit mit der anderen erschlagen. Das sollen die Propheten wissen und ihr Widerpart, die müde und alt gewordenen Priester in den Kirchen, die in Räumen leben und die die Räume brauchen. Die Priester bauen Kirchen, die Propheten setzen sie in Brand.

Hat er Recht – brauchen beide die Wahrheit des anderen? Man kann überall beten, aber ein Boiler Room macht es doch irgendwie leichter. Wie gehen wir dann (als Evangelische allzumal, von Evangelikalen ganz zu schweigen) damit um, dass das frühe Christentum sich vom jüdischen Kultgesetz gelöst hat? Welche Konsequenzen daraus sind berechtigt, welche überzogen? Ist die Heiligung des Alltags ohne solche „äußerlichen“ Dinge überhaupt zu erreichen?

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