Blöde Frage?

Ich kämpfe mit einem Gottesdienstentwurf aus Pete Rollins‘ „How (not) to speak of God“ für den Karsamstag. Dort wird in verschiedenen Formen die Frage aufgeworfen, ob wir Christus auch dann folgen würden, wenn wir noch gar nicht wüssten, dass alles gut ausgeht. Die Implikation ist die, dass wahre Liebe und Nachfolge bedingungslos sind und dass ein Spekulieren auf ein Happy End billiger Opportunismus wäre.

Das Problem (das mich, je länger ich lese, richtig wütend macht) ist dabei die Frage selbst. Denn erstens blendet sie aus, dass Jesus im Tod von allen verlassen war. Also wäre es anmaßend, sich einreden zu wollen, wir hätten eine bessere Figur abgegeben. Umgekehrt wäre ein dauerhaftes Festhalten an einem toten Christus (wie eine fiktive Geschichte es suggeriert) auch aus der Sicht des Paulus blanker Unsinn: „Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos und ihr seid immer noch in euren Sünden.“ (1. Kor 15,17)

Der hypothetische Schritt, sich an die Seite eines nicht nur scheinbar, sondern ganz offenkundig sinnlos Gescheiterten zu stellen, wäre nur eine tragische Pose – eine absurde Selbstinszenierung, die den Triumph des Nihilismus feiert, statt ihm eben jene Hoffnung entgegenzusetzen, aus der heraus Jesus selbst den Weg ans Kreuz überhaupt erst angetreten hatte.

Wir sollen vielleicht lernen, Jesus mehr als unser eigenes Leben zu lieben und ihm zu folgen. Aber es kann ja nicht darum gehen, ihn mehr als das Leben zu lieben. Weil er nämlich das Leben und die Liebe selbst ist. Die Antwort auf eine Auferstehung ohne Kreuz kann nicht ein Kreuz sein, das künstlich ohne Auferstehung auskommen muss. Es geht um die ganze Geschichte…

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3 Antworten auf „Blöde Frage?“

  1. Das ging mir damals ähnlich wie Dir, als ich das gelesen habe…

    Was übrigens das Spekulieren auf das Happy End anbelangt: Mir gefällt es, wie Klaus Berger in seinem Jesus-Buch immer wieder betont, daß es selbst bei den Nachfolgerufen Jesu und in der Bergpredigt immer um Lohn beim himmlischen Vater geht – also da durchaus ein egoistisches Motiv vorhanden ist und auch sein darf.

  2. Ja, und das ist nicht einmal egoistisch gedacht, finde ich. Egoismus ist doch nur dann vorhanden, wenn ich meine Interessen auf Kosten (!) anderer durchsetze. Sonst wäre ja jede Form von Liebe egoistisch (weil es mir gut geht, wenn ich anderen Gutes tue). Bullshit…

  3. Ich hatte den Gottesdienstentwurf damals gar nicht so genau gelesen, als ich ihn vorgeschlagen habe 😉
    Beim Nachdenken über deine Gedanken ist mir bewusst geworden, dass Rollins mit seiner Erzählung einen Gedanken aufgreift, der mir schon häufig im „Dunstkreis“ der Emerging Church begegnet ist: die (aufgrund der Historie und des gegenwärtigen Image nachvollziehbare aber dennoch) problematische Gegenüberstellung von „Christen“ und „Nachfolgern Jesu“. Es kann ganz offensichtlich ein heilsames Korrektiv sein, wenn der Focus auf die Person Jesu gelenkt und das Bemühen um ein besseres Verstehen seines historischen Umfeldes neu belebt wird; als Extremvariante ist mir jedoch in Büchern und Vorträgen immer wieder der Gedanke begegnet, dass du als Buddhist ein „Follower of Jesus“ werden und dennoch in deinem religiösen Umfeld bleiben kannst, oder Muslim sein und „Jesus nachfolgen“. Da hört die Geschichte eben doch VOR Ostern auf, und Pfingsten mit der Ausgießung eines Geistes, der Menschen ganz für sich in Beschlag nimmt, kommt dann auch nicht mehr vor. Scheint mir, dass Rollins in der Hinsicht nicht klar genug ist …

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