Alpha EMEA Week (2): Die Richtung stimmt – immer noch

Der Berufsverkehr braust über die Brompton Road und das Caffé Nero hat zum Glück schon auf. Etwas Katerstimmung herrscht noch im Royal Borough of Kensington and Chelsea nach der Finalniederlage gestern. Dafür haben letzte Nacht keine feiernden Fans unseren Schlaf getrübt. Heute ist mein letzter Tag auf der EMEA Week. Viele gute Begegnungen liegen schon hinter mir und manches, was sich schon angedeutet hatte, ist noch klarer geworden.

Ein wesentlicher Beitrag dazu kam wieder von Graham Tomlin. Er hat gestern noch einmal zwei sehr hilfreiche theologische Grundlagenreferate gehalten, in denen ich mich sehr gut wiederfinden konnte. Zuvor hatte schon Nicky Gumbel deutlich gemacht, dass die Motivation für Evangelisation die Transformation der Gesellschaft ist. Statt „Hintern für den Himmel“ (meine Worte…) also: Mitarbeiter für Gottes neue Welt. Und weil die Aufgaben in dieser Welt so riesig sind (man muss nur die Teams aus Kenia, Zimbabwe oder Ruanda fragen, da ist es vielleicht am deutlichsten zu spüren.

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Zurück zu Graham: Er erklärte, dass Evangelisation eine Form der Katechese ist. In einer Zeit, in der man keinen „objektiven“, neutralen Standpunkt mehr findet (wenn es ihn je gab…), von dem aus man die unterschiedlichen Überzeugungen betrachten und bewerten könnte, kann man über Wahrheiten nicht mehr intellektuell entscheiden, sondern muss ihnen existenziell nachgehen. Es geht nicht um Ideen, sondern um einen Lebensstil. Und den kann man nur verstehen, wenn man sich zumindest versuchsweise darauf einlässt und in einer Gemeinschaft die Grammatik des Glaubens lernt. Zweitens ist Evangelisation ein Akt der Gastfreundschaft. Die Gemeinschaft, die von Gott als dem dreieinigen ausgeht, ist offen für andere: Auf Rublevs berühmter Ikone ist ein Platz leer. In dieser Gemeinschaft dann ist der Raum für Gespräch, so wie in den Tischgemeinschaften mit Jesus, wo sich so viele wesentliche Dinge abgespielt haben. Und nicht zuletzt in diesem Sinne vermittelt Evangelisation (das war der dritte Punkt) einen Vorgeschmack von Gottes Zukunft versöhnter Beziehungen und einer geheilten Schöpfung.

Der Gedanke der Transformation liegt in der Herrschaft Gottes begründet, um die sich bei Jesus alles dreht. Hier denkt Graham stark von der Missio Dei her: Gott bezieht uns ein in die Erneuerung und Wiederherstellung seiner Welt. David Bosch sagte, Evangelisation bedeutet, Menschen in diese Mission zu rufen. Und auch wenn wir keinen vollkommenen Himmel auf Erden erreichen werden, so ist es doch ein Beitrag mit ewiger Bedeutung. Kirche muss von dieser Missio Dei her gedacht und zentrifugal – nach außen gewandt – gedacht und gelebt werden, nicht nach innen gekehrt. Und das ist zuerst eine Frage der Herzen, nicht der Gebäude. Wir geben das, was wir bekommen haben, gleich weiter – und merken dabei, wie es mehr statt weniger wird, je länger wir das tun.

Alpha wird ein immer bunterer und größerer Ökumenischer Mikrokosmos. Gestern war ein koptischer Bischof unter uns der von einer Arbeit unter Aidskranken berichtete und Heilungen, die sie dort auch erleben; in Chile arbeiten Katholiken, Pfingstler und Evangelikale fröhlich zusammen; 35 verschiedene Gemeinden haben in Soweto eine Alpha Celebration veranstaltet, in Irland gibt es erste Alpha-Kurse für Gehörlose und unter Obdachlosen, in Seattle hat man für Einwanderer einen sprachlich stark vereinfachten Kurs entwickelt. Andere Dinge habe ich ja schon erwähnt.

Je länger ich über das alles nachdenke, desto begeisterter bin ich, ein Teil dieses Beziehungsgeflechts zu sein, das diese gute Nachricht verbreitet und immer mehr und konkreter auch daran geht, in vielen kleinen Schritten die Welt zu verändern. Denn auch wenn vor Ort mal eine Weile lang nichts vorwärts zu gehen scheint, alle zusammen kommen wir eben doch voran. Und wenn Alpha auch bei uns immer noch mehr dazu hilft, nicht nur Kirchenbänke zu füllen, sondern Menschen für die Missio Dei freizusetzen, dann ist es jeden Aufwand wert.

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