Im Gottesdienst heute hatten wir zwei Taufen und ich wurde wieder an Johannes 3 erinnert, wo Jesus vom neugeboren werden aus Wasser und Geist spricht. Dass der Geist für uns nicht zu fassen ist, verdeutlicht der folgende Vergleich mit dem Wind. Wasser wirkt etwas konkreter, aber wie ist das wohl gemeint?
Vielleicht kommt man dem so auf die Spur: Das Wasser Leben spendet, daran erinnert schon die Überlieferung, dass im Garten Eden vier Flüsse entspringen. Flüsse verbinden Menschen: Sie sind Wasserwege, auf denen Menschen reisen, Güter transportiert werden, an deren Ufern Landwirtschaft betrieben wird. Manchmal sind sie die Nahtstellen zwischen Ländern und Kulturen. Und auch die Geschichte ist wie ein großer Strom, der sich aus vielen Nebenflüssen speist. Insofern steht Wasser für Leben, Verbindung und Kontinuität.
Zugleich begegnet uns Wasser oft an den Wendepunkten biblischer Geschichte, wo ein Kapitel geschlossen und ein neues aufgeschlagen wird. Ansatzweise bei Noah, wo Gott, freilich mit bescheidenem Erfolg, den urgeschichtlichen Spülknopf drückt (und fortan die Strategie eines Hardware-Reset verwirft; denn als später Jona, selbst nur durch ein Wunder dem Wasser entronnen, auf den finalen Schlag gegen Ninive spekuliert, verrät Gott zartfühlend, dass ihm sogar die Tiere dort leid tun).
Wichtiger dann beim Auszug der Israeliten aus Ägypten und beim Einzug ins verheißene Land. Und nachdem dieses Kapitel 587 zu Ende ist, als die Verbannten trauernd an den Strömen Babels sitzen (Ps 137,1), hat Ezechiel schließlich die Vision eines neuen Paradiesflusses, der aus dem Tempel strömt: Ein Umbruch deutet sich an, der neue und dauerhafte Kontinuität verheißt.
Beides dürfte in der Taufe des Johannes eine Rolle spielen: Die Erwartung des nahen Umbruchs, wenn Gottes Herrschaft in der Welt anbricht, und der Horizont der neuen Schöpfung, in der alle lebensfeindlichen Kräfte überwunden sind.
Wiedergeboren werden „aus Wasser“ bedeutet, so betrachtet, in diesen Fluss des Lebens einzutauchen und sich von ihm kontinuierlich in die Weite tragen zu lassen. Und zugleich wird es uns geschenkt, ein Leben in eben jenem Umbruch von der alten zur neuen Welt zu führen, der im Tod und der Auferstehung Jesu eingesetzt hat. Von alter Schwere und Trägheit befreit hineinzuleben in eine Welt, die bunter und schöner und vielfältiger sein wird, als sie es heute ist.
Lieber Peter, einmal wieder fällt mir in deinem Post dieser latent flapsig-arrogante Unterton im Schreiben über den Höchsten und sein Handeln auf. In letzter Zeit immer mehr. Es wirkt ein wenig, als urteiltest du über sein Wirken und Reden aus deiner ureigenen Perspektive, wobei diese Perspektive dann maßgebend zur Beurteilung des präsentierten biblischen Textes wird. Was dabei anscheinend flöten geht, ist eine lesbar zum Ausdruck gebrachte Demut, die uns im Hinblick auf den Schöpfer doch eigentlich zu eigen sein sollte, oder sehe ich das völlig falsch?
Woher kommt das, warum kann man als Leser deines Blogs diesen Eindruck gewinnen? Ist das gewollt provokativ? Hast du dich von IHM emanzipiert, dass du so schreiben magst? Oder haben die Erzählungen von Noah, Jona, etc. für dich ohnehin nur den Charakter menschlicher Erzählungen, die aber nicht die wahre Natur des Schöpfergottes und sein Handeln spiegeln? Das würde mir deine obigen Ausführungen etwas verständlicher machen.
Versteh mich nicht falsch, Peter. Es geht hier nicht um Kritik eines möglicherweise angep…ieksten Evangelikalen, o.ä. Ich bin treuer Leser deines Blogs und als solcher interessiere ich mich für den Grund deiner zT ironischen Distanziertheit, die hier zum Ausdruck kommt. Es gab mal diesen schön greifbaren Begriff der Gottesfurcht, der unzähligen Menschen in der Geschichte aus gutem Grund sehr wichtig war. Ist das jetzt nicht mehr „en vogue“? Muss ich mir den Schöpfer jetzt also als vor dem kosmischen Klo stehend vorstellen, die „urgeschichtliche Spültaste drückend“? Das erscheint mir doch in hohem Maße verzichtbar…
@Simon: Es geht nicht um meine Perspektive auf dem Schöpfer, sondern auf dessen Darstellung in einem bestimmten Text. Für mich ist das ein entscheidender Unterschied. Ich denke auch, dass diese Texte (Noah wie Jona) beide nicht als buchstäbliche Beschreibungen eines nach unseren heutigen Begriffen „historischen“ Ereignisses zu lesen sind.
Dass Du hier eine ironische Distanz ganz treffend wahrnimmst, hat damit zu tun, dass ich denke, unser Bild des Schöpfers heute ist ein anderes, was wiederum der Wirkung dieser und anderer biblischer Texte zu verdanken ist. Nochmal anders gesagt: Das Buch Jona steckt tatsächlich voller Ironie und an der Sintflutgeschichte ist tatsächlich vieles skurril. Aus meiner Sicht zumindest. So toll die Story mit den Tieren für Kinder auch ist: Der „Erfolg“ der Aktion muss einen doch recht nachdenklich machen. Die theologisch heikle Seite ist die Frage, wie gewalttätig bestimmte Gottesbilder sind und wie sich das auswirkt. Und dazu gehört dann auch die Wandlung innerhalb des AT (von Noah zu Jona), auf die ich flapsig hingewiesen habe, die mir aber wichtig scheint.
Abgesehen davon war ja noch genug Ernstes in dem Post enthalten, was mir hoffentlich nicht den Tadel fehlender Gottesfurcht einträgt. Ich würde mich, abschließend bemerkt, weder als „evangelikal“ noch als „ange… irgendwas“ beschreiben.
OK, danke für deine Antwort. „Es geht hier nicht um Kritik eines möglicherweise angep…ieksten Evangelikalen, o.ä.“ Das war auf den Schreiber des Kommentars bezogen, – also auf MICH. Dass DU dich ungerne in derartige Schubladen stecken lässt, versteht sich inzwischen wohl von selbst. Geht mir ähnlich.
Gute Nacht.
Danke für die Klarstellung, das habe ich zu der späten Stunde nicht mehr richtig gelesen. Ich sag‘ das mit der „Gottesfurcht“ nochmal anders: Ich denke, es ist tatsächlich ein Akt der Gottesfurcht, auf problematische Gottesbilder hinzuweisen, selbst dann, wenn sie in der Bibel stehen, hier eben in Genesis 6ff.
Das andere wäre für mich keine Gottes- sondern höchstens Bibelfurcht. Über Ironie als Stilmittel an dieser Stelle werden die Meinungen freilich immer auseinandergehen.
Lieber Peter!
Was meinst Du mit?
„diese Texte (Noah wie Jona) beide nicht als buchstäbliche Beschreibungen eines nach unseren heutigen Begriffen “historischen” Ereignisses zu lesen sind.“
Und zweitens, wie liest du diese Ereignisse?
Hi Nik,
also weder bei Noah in der Arche noch bei Jona im Wal saß unseres Wissens jemand, der mitgeschrieben hat. Beides sind Geschichten, die (ganz anders als etwa Abraham oder Mose) nirgendwo im Alten Testament noch eine nennenswerte Rolle spielen. Was vermuten lässt, dass sie zu den spätesten Teilen gehören und eher als Sagen (Noah) zu lesen sind oder als (fiktive) Lehrerzählung. Als man sie nämlich kannte (im NT), da hat man auch auf sie Bezug genommen.
Wenn man sie dann in diesem nichtwörtlichen Sinn liest (und sich nicht drum kümmert, ob alle Tiere aufs Schiff gepasst hätten, wo das Futter für die lange Fahrt herkam, wie die Seefische so viel Süßwasser im Meer vertrugen und wer die Kängurus in Australien abgesetzt hat – oder wie Jona im Bauch des Fisches Luft bekam), dann kann man einen Sinn darin finden: Gottes Treueversprechen im Regenbogen etwa oder seine Zuneigung zu den Bewohnern von Ninive und die Frage, welche Rolle Israel darin spielt. Gott kann ja auch durch Sagen und Fiktion reden.
Ist es so klarer?
Danke für deine Antwort!
Aber wieso sollte man diese Geschichten nicht wörtlich nehmen? Nur weil wir einige Fragen offen haben, weil der Text nicht auf alle unsere Fragen eingeht?
Außerdem hätte der Ausspruch Jesu keinen Sinn mehr:
Mt 12,40 Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte in dem Bauch des großen Fisches war, so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein.
Denn dann würde Jesu Vorhersage zu seinem Tod auch nicht stimmen.
Und die Aussage Gottes würde auch nicht stimmen:
Jes 54,9 Wie die Tage Noahs gilt mir dies, als ich schwor, dass die Wasser Noahs die Erde nicht mehr überfluten sollten, so habe ich geschworen, dass ich dir nicht mehr zürnen noch dich bedrohen werde.
Mt 24,38Denn wie sie in jenen Tagen vor der Flut waren: – sie aßen und tranken, sie heirateten und verheirateten bis zu dem Tag, da Noah in die Arche ging
39 und sie es nicht erkannten, bis die Flut kam und alle wegraffte -, so wird auch die Ankunft des Sohnes des Menschen sein.
Warum sollten Gott und Jesus ihre Aussagen mit Geschichten fest machen, die gar nicht stattfanden? Da wäre es doch klüger für Gott und Jesus andere Beispiele zu wählen, die garantiert keine fiktive Erzählungen waren, denn dann wüssten alle Zuhörer: „Es war so, das ist 1.000% sicher, also ist auch das Versprechen Gottes nun auch absolut sicher.“
Ich finde, wenn man biblische Geschichten als fiktiv, als Sagen, als nichtwörtlich stattgefunden sieht, dass man da schnell in Teufels Küche landen kann.
Gruß
Nik
„Warum sollten Gott und Jesus ihre Aussagen mit Geschichten fest machen, die gar nicht stattfanden?“ Ja, warum denn nicht? Spielt es denn eine Rolle, ob z.B. die Gleichnisgeschichten Jesu alle so passiert sind, ob z.B. tatsächlich ein Hirte ein Schaf gesucht hat oder ein ungetreuer Haushalter betrügerisch Schulden erlassen hat?
Ich finde, du gehst ein bisschen der Moderne auf den Leim, die nur Fakten gelten lässt und für die Geschichten, Dichtung, Mythen, Sagen usw. nur minderwertiger Kram ist. In früheren Zeiten waren sie nicht dermaßen faktenfixiert, sondern konnten auch mit anderen Gattungen umgehen.
🙂
Mag sein, dass ich manchmal der Moderne auf den Leim gehe. Man kann aber auch der Postmoderne auf den Leim gehen.
Ich unterscheide Gattungen: Geschichten, Dichtung, Gleichnisse, Weisheitsliteratur usw. (sie sind kein minderwertiger Kram) und versuche dementsprechend die Bibeltexte zu verstehen. Aber ich denke, dass Mythen und Sagen in der Bibel nicht vorkommen. Meistens kann man relativ einfach erkennen welche Gattung der biblische Autor gerade gebraucht. Manchmal ist es auch ganz schön schwierig.
Aber wenn man alle Wunder und schwierig zu verstehende Texte als Mythen und Legenden bezeichnet, dann schüttet man das Kind mit dem Bade aus. Wo bleibt dann noch das Übersinnliche oder Gott? Oder, wo ist die Grenze, „das ist wörtlich zu verstehen und das nicht“, wenn der Text es gar nicht andeutet?
@Nik: Deine Argumentation klingt, als wäre die Bibel ein Jenga-Spiel, wo alles einstürzt, wenn man irgendwo das falsche Klötzchen rauszieht… Mein Punkt ist, dass man gerade dann in Teufels Küche landet, und das ziemlich buchstäblich, wenn man denkt, das sei wirklich alles haargenau so gewesen. Bitte – ein Gott, der erst alles plattmacht und dann feststellt, dass es keine so gute Idee war, erinnert vielleicht an George W. Bush im Irak, der erst bombt und dann denkt, aber doch nicht an Jesus. Du rettest Deinen „Glauben“ an die Bibel und erhältst einen „Gott“, der völlig unglaubwürdig ist.
Vielleicht hilft ja eine seriöse Definition des Begriffs „Mythos“ (z.B. hier angedeutet: http://de.wikipedia.org/wiki/Mythos#20._Jahrhundert). Da geht es ja nicht um Ammenmärchen, sondern um sinnstiftende Erzählungen, die menschliche Existenz mit allen Höhen und Tiefen bildhaft und auch poetisch beschreiben, indem sie von vergangenen Ereignissen berichten. Dazu gehört nach verbreiteter Auffassung die ganze Urgeschichte, die das schwierige Verhältnis zwischen Schöpfer und Geschöpfen, aber auch Mensch, Mitmensch, Gesellschaft, Politik, Tierwelt theologisch beschreibt. In einer Art und Weise, die über die Jahrhunderte so anschlussfähig war, dass sie mehr Kunst, Philosophie und Psychologie inspiriert hat, als wenn es ein nüchterner „Bericht“ mit „Fakten“ gewesen wäre. Und wenn man dann die theologischen (und theopolitischen) Spitzen gegen die anderen Schöpfungsmythen mitliest, dann entdeckt man so etwas wie Mythenkritik in mythischer Sprache. Da kann man doch stolz drauf sein!
Wenn man aber, um das noch hinzuzufügen, davon ausgeht, Gen 6-9 sei eine Art „Tatsachenbericht“, dann kommt man um all die Fragen nach Futter, Kängurus etc. nicht herum. Sie sind – Moderne hin oder Postmoderne her – in diesem Fall zwingend.
Hallo,
Jenga-Spiel….., manchmal Peter kommt es mir dann aber auch so vor dass die Bibel ein Bastelbuch darstellt, dass man erst im Jahr 2012 mit Dr theol oder so benutzen kann…
Wie konnte Gott nur all die Jahrhunderte so herrlich und wunderbar wirken, obwohl die Leser aufgrund ihres Unwissens und falschen Herangehensweise wahrscheinlich in „Teufels Küche “ gelandet sind.
Gott sei Dank bin ich in die deutsche Mittelschicht geboren usw… Wie wäre es nur um mich bestellt wenn mir ein konservativer-evangelikaler Pfingstmissionar in Tansania eine Bibel mit den Worten „lies und glaub“ die Hand gedrueckt hätte.
Eine Möglichkeit ist vielleicht auch die, das der Heilige Geist da wirkt wo man IHM den Raum gibt.
Wünsche noch einen schönen Tag und einem jedem das Erlebnis, wie Gott in unser Leben spricht, eingreift und wirkt.
@Björn: Wenn die Argumente ausgehen, muss die Theologenschelte her…
Meine Kritik richtet sich nicht gegen das naive Lesen der Bibel, das über die Jahrhunderte die Mehrheit der Christen auch dadurch, dass viele intuitiv richtig gewichtet haben zwischen den widersprüchlichen Gottesbildern, auf dem Weg der Nachfolge getragen hat.
Das naive Bibelverständnis vormoderner Menschen – ob in Tanzania vor 30 oder in Deutschland vor 300 Jahren – kann Mythen deutlich besser verstehen als der moderne Fundamentalismus, der digital 0-1 denkt und nur den Aussagemodus Wahrheit und Lüge unterscheiden kann.
Im Übrigen wird auch jeder Afrika-Missionar seinen Strauß Geschichten erzählen können, was da nicht nur an überraschendem Verständnis, sondern auch an Missverständnissen auftritt, wenn das Evangelium auf eine fremde Kultur und Sprache trifft.
Gottes Wirken hängt ja glücklicherweise nur zum Teil davon ab, ob wir die Bibel richtig verstehen. Aber unsere Vorfahren hatten, das wirst Du vermutlich auch nicht bestreiten, über Jahrhunderte ein ambivalentes Verhältnis zu Gewalt, Krieg und Folter. Etliche Christen haben das heute noch. Und das meinte ich mit Teufels Küche: Wenn man an einen gewalttätigen Gott glaubt, dann neigt man auch eher dazu, menschliche Gewaltakte zu legitimieren: Kanonen zu segnen und alles das. In den Augen vieler Menschen verdunkeln diese Ereignisse das „herrliche und wunderbare Wirken Gottes“, von dem Du schreibst, ganz erheblich. Und von den religiösen Neurosen und Seelenqualen, die angstbesetzte, toxische Gottesbilder bei einzelnen verursacht haben, haben wir auch noch nicht gesprochen.
@Peter
Danke für die Antwort, aber ich denke sie triffst nicht ganz. Erst einmal interessant was du ein wenig in meinen Beitrag hereingelsen hast. Ich hab mich bewusst ironisch und bedeckt halten.
Ich meine zu sehen, dass du schnell „Strohmänner “ aufbaust und Alternativen gegenüberstellst, die mir mehr wie Digital 0-1 vorkommen. Moderner Fundamentalismus ist nicht nur mit den Adjektiven belegbar, die du ihm zuschreibst. Ich finde du siehst viele Sachen, die konservatives Bibelverständnis betreffen viel zu schablonenhaft und eng. Ich kenne viele, die in deinen Augen ein naives Schriffverhältnis haben, sich doch aber in vielen Fragen unterscheiden von dem Konservatismus, den du an die Wand stellst und belächelst.
Es gibt Bibelgläubigkeit, die anders aussieht, wie von dir geschildert und die Nicht das Gegenteil von Jesusgläubigkeit ist. Nur die Augen auf… 🙂
Ich wuerde mich auch freuen wenn Leute die mich kennen, so beschreiben wuerden.
Denn bei ehrlich gesagt habe ich nur bei diesen Christen bis jetzt erst das erlebt was man mit dem alten deutschen Wort Demut beschreibt.
Demut vor Gott, seinen Wort und dem Nächsten. Seinen Intellekt zu gebrauchen ist fuer mich etwas anderes als ihn zum Masstab zu erheben.
Hab nur Mut auch in dieser Richtung weitherziger und differenzierter zu sehen.
Björn