Grob gerastert

George Barna mag sich auf Statistiken verstehen, theologisch gibt er einem immer wieder mal Rätsel auf. Sein Raster evangelikaler Rechtgläubigkeit (hier gefunden) sieht beispielsweise so aus:

I believe that absolute moral truth exists.

I believe the source of moral truth is the Bible.

I believe the Bible is accurate in all of the principles it teaches.

I believe that eternal spiritual salvation cannot be earned.

I believe that Jesus lived a sinless life on earth.

I believe that every person has a responsibility to share their religious beliefs with others.

I believe that Satan is a living force, not just a symbol of evil.

I believe that God is the all-knowing, all-powerful maker of the universe who still rules that creation today.

Klar muss man pragmatisch verkürzen, aber die Schwächen dieses überhaupt nur für Insider verständlichen Sprachspiels sind offensichtlich und zeigen den Übergang vom Glauben zur Ideologie, wie man es sich schöner nicht wünschen kann:

Erstens steht das „Ich“ derart auffällig am Anfang jedes Satzes, dass der Individualismus und Subjektivismus einen regelrecht anspringt.

Zweitens haben zwei (und wenn man die Sündlosigkeit Jesu und die Pflicht zum „Zeugnis“ dazu nimmt, vier) seiner Kennzeichen mit Moral zu tun – Kant hätte seine helle Freude gehabt.

Drittens fehlt jede Vorstellung biblischer Offenbarung als Geschichte, stattdessen wird uns hier die Existenz zeitloser Prinzipien in einem unfehlbaren Buch vorgegaukelt.

Viertens steht deswegen die Schöpfung (und, wenn man es genau nimmt, auch Gott) am Ende und nicht am Anfang dieser Aufzählung.

Fünftens fehlt jeder Hinweis auf den Heiligen Geist und damit auch auf die Trinität, dafür aber kommt

… sechstens der Satan als negativer Glaubensgegenstand ins Spiel. Der fehlt in den Bekenntnissen der alten Kirche ja wohl nicht von ungefähr. Dass er offenbar konstitutiv ist für Barnas frommes Weltbild, spricht also auch Bände.

Man muss denn zuerst an die Moral, die Bibel und den Teufel glauben, bevor Gott ins Spiel kommt? Und wo war nochmal die Auferstehung geblieben? Nun mag es ja sein, dass Barna all das stillschweigend voraussetzt, was ich vermisse – vielleicht weil es christliches Gemeingut ist, das in diesem Zusammenhang nicht eigens erwähnt werden muss. Wär‘ doch schön…

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4 Antworten auf „Grob gerastert“

  1. Es geht ja bei Barna offenbar um Kennzeichen einer „biblischen Weltanschauung“. Das Adjektiv „biblisch“ ist aus meiner Sicht (und wahrscheinlich im Unterschied zu denjenigen, die dieses Wort oft verwenden) allerdings weniger äquivalent zu „rechtgläubig“ als vielmehr Kennzeichen einer ganz bestimmten Frömmigkeit. Und für diese Art der Frömmigkeit, die nicht meine ist, treffen oben genannte Kennzeichen dann ja vielleicht doch wieder zu.

  2. Sehe ich auch so. Mit der Wahl von „biblisch“ als Selbstbezeichnung ist allerdings der Versuch unternommen, diese Position zu monopolisieren…

  3. Finde ich ein sehr wichtiges Prinzip, dass man auch durch Dinge, die man weglässt, falsche Aussagen machen kann, wenn auch die Aussagen an sich nicht unbedingt falsch sein müssen.
    Die Sache mit der Gleichsetzung von Gottes Wort mit „Meinem Wort“ macht mir hier in einem sehr konservativem Umfeld sehr zu schaffen, gerade weil es ein Gespräch auch sehr erschwert.

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