Die Krise der Langeweile

In dem vom Wissen versorgten Sein, in dem die Verschiedenartigkeit zur Monotonie wird, ist in der Tat nichts absolut anders. Ist nicht das im Buch der Sprüche gemeint, wenn es heißt (Spr. 14,13): „Selbst beim Lachen leidet das Herz und in der Trauer erfüllt sich die Freude“?

Die heutige wissenschaftliche, technische, genussorientierte Welt sieht sich ohne Ausweg – d.h. ohne Gott – nicht deshalb, weil alles erlaubt und mittels der Technik möglich ist, sondern weil in ihr alles gleich-gültig ist. Das Unbekannte wird sogleich vertraut und zur Gewohnheit. Nichts Neues gibt es unter der Sonne. Die dem Buch des Predigers eingeschriebene Krise liegt nicht in der Sünde, sondern in der Langeweile begründet. Alles versinkt und verliert sich im Selben und mauert sich darin ein.

Emmanuel Levinas, Wenn Gott ins Denken einfällt, S. 40

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