Wer seine „Nische“ nicht findet…

… ist vielleicht nicht am falschen Platz, sondern einfach nur ein Generalist: Jemand, der nicht die eine Sache ganz besonders gut kann, sondern der viele unterschiedliche Dinge kann und gern tut. Dem es schwer fallen würde, sich auf eines davon dauerhaft festzulegen, weil er meistens mehrere Bälle in der Luft hat. Jemand, der Monotonie scheut und die Vielfalt liebt.

Für jemand, der ein breites Profil hat, wird es nie passgenaue Lücken geben, keine maßgeschneiderten Stellenbeschreibungen. Er braucht ein weites Feld, auf dem er sich bewegen kann. In einer Welt der überwachten Planquadrate ist der Generalist immer am falschen Platz, immer etwas zu sperrig. In der Welt der Spezialisten wirkt der Generalist oft deplatziert, unzureichend angepasst, schwer vermittelbar. Einen sorgsam eingefriedeten „Platz“ wird er nie haben.

Aber in einer Welt, deren Existenz durch das Scheuklappenwesen und Fachidiotentum (Disclaimer: nicht jeder Spezialist ist ein Fachidiot, aber ein Generalist kann per Definitionen eben kaum zum Fachidioten werden) bedroht ist, weil niemand mehr das Detailwissen zu einem großen Bild zusammensetzen kann, weil wir zwar fast alles über jeden Baum wissen, aber uns jedes Verständnis von Wald abhanden gekommen ist, ist oder wird er vielleicht wichtiger, als viele denken?

Ich fühle mich nicht nur selbst als Generalist, sondern ich kenne auch noch eine Reihe anderer. Und das irritierende Gefühl, oft keine Nische zu haben oder zu finden, verbindet uns. Oder die nicht ganz unberechtigte Sorge, sich mit all den vielen Dingen zu verzetteln, ein viel zu unscharfes Profil in die Umgebung auszustrahlen. Stattdessen könnte es sich lohnen, mal auf die Chancen zu blicken, selber aktiv zu werden und nicht darauf zu warten, dass uns massgeschneiderte Jobs angeboten werden.

Kürzlich habe ich den Satz gelesen: Der Mensch ist ein Generalist. er kann alles, aber nichts gut. Das ist aus der Perspektive des Zoologen geschrieben. Aber ich freue mich immer, wenn ich glückliche Generalisten treffe. Da wird tatsächlich eine Qualität des Menschseins sichtbar, die man nicht überall antrifft.

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