Der Segen des Party-Patriotismus

Die rechte Szene ist schwer verunsichert durch den fröhlichen Fußball-Patriotismus. Die FAZ zitiert den frustrierten NPD-Ideologen Gansel, der unter anderem einräumt: “Hier werden selbst Neger zu deutschen Patrioten”.

Genau so soll es sein. Vielleicht sollten wir uns schon deshalb eine Portion davon über die WM hinaus bewahren und demnächst rechte Kundgebungen statt mit Transparenten und Sprüchen mit Deutschlandfahnen, Spaß und geschminkten Gesichtern untergehen lassen – unter der Schminke ist die Hautfarbe sowieso egal 🙂

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work hard – play hard?

Wie ein Kommentar zur Lebensdevise zahlreicher Führungskräfte liest sich diese Passage aus Moltmanns Eschatologie:

Der Tod befristet unsere Lebenszeit und macht das Leben kurz: Vita brevis est. Unbewusste, nicht verarbeitete Todesangst zeigt sich in der Lebenseile. Presto! Nur wer schneller lebt, hat mehr vom Leben. Die »moderne Welle« ist die beschleunigte Welt. Wir »modernisieren« immer schneller. Wir bewegen uns immer mehr und hasten von einem Ort zum anderen. Wir nehmen immer mehr Erfahrungen auf und verbrauchen immer mehr Leben ohne erkennbares Tempolimit.

Die Antwort haben die Dixie Chicks in Easy Silence so formuliert:

When the calls and conversations
Accidents and accusations
Messages and misperceptions
Paralyze my mind

Busses, cars, and airplanes leaving
Burning fumes of gasoline
And everyone is running
And I come to find a refuge in the

Easy silence that you make for me
It’s okay when there’s nothing more to say to me
And the peaceful quiet you create for me
And the way you keep the world at bay for me

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plakative Fehlpässe

In der Erlanger Bahnhofsunterführung hängt ein Plakat, auf dem steht “Jesus ich vertraue dir”. Dazu im Nazarenerstil ein blasser, schmalzgelockter, bärtiger Jesus in ein Bettlaken gehüllt. Er scheint etwas leidenschaftslos zu leuchten. Alan Hirsch würde sagen, der verlässt die Kirche nie.

Dem soll ich also vertrauen? Ich muss gar nicht in die Haut der “ungläubigen” Adressaten solch frommer Werbung versetzen: Das wäre nicht der Typ, mit dem ich über Geld- oder Beziehungsprobleme reden wollte, nicht die Art Mensch, die ich eines Tages zu werden hoffe und träume.

Schlimmer: Es ist nicht der Jesus der Evangelien (jawoll – nicht einmal der des Johannes, der so lange Reden hält…), der Menschenaufläufe hervorruft, bei den Zöllnern zu Tisch sitzt, sich von einer Prostituierten die Füße salben lässt und sich mit dem irritierten Establishment anlegt.

Nein, diesem Jesus vertraue ich nicht. Und das ist gut so…

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nicht nur Hoffnung für die »Seele«…

Der Mensch hat seine Existenz nicht nur im Verhältnis zu sich selbst, sondern auch und zuerst im Verhältnis zu anderen und zur Natur. Es ist zu eng, »Existenz« allein im Selbstverhältnis des Menschen, nicht aber auch in seinem Sozialverhältnis und seinem leiblich-sinnlichen Verhältnis zur Natur zu sehen.
Christliche Eschatologie lehrt nicht nur Hoffnung für die »Seele«, das war das frühere Wort für »Existenz«, sondern auch für den Leib, nicht nur für den einzelnen, sondern auch für die Gemeinschaft, nicht nur für die Kirche, sondern auch für Israel, nicht nur für die Menschen, sondern auch für den Kosmos. Diese überindividuellen Hoffnungshorizonte kann man nur dann »mythologisch« nennen, wenn man an den Verhältnissen, über die sie gespannt werden, kein Interesse hat. Die Resignation auf das eigene Selbst ist kaum christlich zu nennen.

Jürgen Moltmann, Das Kommen Gottes: Christliche Eschatologie, S. 38

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Freiheit – flach oder tief?

Im LebensArt Team hatten wir eine interessante Diskussion über Freiheit. Jemand sagte, dass man durch eine Entscheidung wie zum Beispiel Heiraten seine Freiheit einschränkt. Mich hat an dem Gedanken etwas gestört, und dann begriff ich, dass es in Wahrheit umgekehrt ist: Durch eine Entscheidung nutze und betätige ich meine Freiheit, selbst wenn ich mich festlege. Sie wird dadurch nicht geringer, sondern wirklicher.

Sich alles offen zu halten (was Bruder Paulus als “flächendeckende Suche” beschreibt) ist nur die Illusion von Freiheit, nach dem Motto “Ich könnte jederzeit…” Echte Freiheit hat dagegen immer mit Mut und Verantwortung zu tun. Mut, sich zu entscheiden und bestimmte Dinge mit ganzer Hingabe zu tun. Verantwortung, weil ich zu meinen Entscheidungen samt deren (oft unabsehbaren) Folgen für mich und andere stehe: Partnerschaft, Berufswahl, mein spiritueller Weg.

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Verpasste Berufungen

Im Alter zwischen 20 und 30 verstehen sich immer mehr Menschen als Jugendliche, die immer noch etwas zu suchen haben. Damit verpassen sie es, sich in die Tiefe hinein auszubilden. Viele schauen immer noch umher und fragen sich: Bin ich hier richtig, oder bin ich da richtig? Sie betreiben eine flächendeckende Suche nach ihrer wahren Berufung, wollen nicht konkret werden, sich nicht binden, nichts verbindlich in den Terminkalender schreiben. Und dann ist ein Mensch 30 Jahre alt, und mit einem Mal fehlt ihm der Elan, mit dem er noch Wurzeln treiben könnte. Manche werden zu spät wach und sehen, dass die Zukunft, von der sie dachten, sie liege vor ihnen, plötzlich hinter ihnen liegt.

Bruder Paulus im Interview mit der Zeit

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