Scharfschützen auf Glaubensdächern

Rob Bells neues Buch Mit Dir. Für Dich. Vor Dir. liegt genau da – vor mir. Ich habe schon auf den ersten Seiten, im typischen Rob-Bell-Stil geschrieben, so manche Weisheit gefunden. Zum Beispiel diese fast schon prophetische Aussage:

In puncto Glauben und Nichtglauben sind wir umgeben von Freunden, Nachbarn, Angehörigen, Intellektuellen und religiösen Systemen mit tief verwurzelten Interessen an den althergebrachten Konzepten, die genauso unbeweglich sind wie manche Traditionen und Auffassungen. Sie verhalten sich mitunter wie geistliche Wächter, Scharfschützen auf den Glaubensdächern. Und sind nicht im Entferntesten daran interessiert, strittige Fragen anzugehen.

Wie um zu beweisen, dass Rob Bell (um bei der Schützenmetapher zu bleiben) mit dieser Einschätzung ins Schwarze trifft, erschien dieser Verriss nun vor einigen Tagen. Der Autor, anscheinend unfähig, sich auf andere Sprachspiele als das eigene einzulassen, ist darüber empört, dass im Zusammenhang mit Gott der Begriff „Energie“ fällt. Also stempelt er Bell kurzerhand zum Esoteriker ab, mit dem Christen sich nicht abgeben sollten. Argumente, die über simple Stichwortassoziationen hinausgehen, sind dazu gar nicht nötig. Und da wir schon bei Stichworten sind: Es war immerhin Paulus, der im Zusammenhang mit Gott immer wieder von energeia sprach.

Nun lese ich „meinen“ Bell fröhlich weiter und bin gespannt, mit welchen Bildern und Begriffen er jenen Menschen eine Brücke baut, die nach einem Zugang zu Gott suchen, an dem ihnen die Wächter der reinen Lehre nicht auflauern.

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17 Antworten auf „Scharfschützen auf Glaubensdächern“

  1. Hi Peter,
    Ist der englische Titel „what we talk about when we talk about god“? Das lese Ich nämlich auch gerade … bisher finde Ich es super!

      1. Typisch deutsche Verlage, dass sie partout nicht den englischen Titel nehmen wollen, obwohl „Worüber wir reden, wenn wir über Gott reden“ viel schöner und eingängiger wäre.

        1. Ich muss gestehen, wenn ich nur den Titel gekannt hätte, wäre ich nie auf die Idee gekommen, das Buch in die Hand zu nehmen.

  2. Hehe… den von dir erwähnten „Verriss“ habe ich auch gelesen. Und sogleich das Buch bestellt. Je nachdem wer wen wo zerreist, kann das auf die andere Seite geradezu ein Lob sein. Wohl nicht umsonst wurde meine Publikation zu Francis Schaeffer und Karl Barth in der Zeitschrift „glaube und denken“ vom Bucer Seminar negativ rezensiert. Wäre die Rez. positiv ausgefallen, hätte ich mich hinterfragen müssen, ob ich zuwenig ehrlich gewesen sei mit meiner Kritik an Schaeffer. Item. Meine Frau und ich streiten uns bereits darum, wer den Bell zuerst lesen darf. Zimzum of love….

    1. Ja, so funktioniert’s auch. Und gar nicht so schlecht. Mich hat weniger die Abneigung überrascht als vielmehr die fehlende Auseinandersetzung mit dem Text. Sogar die Kritik war ja aus zweiter Hand. Das ist eine geistige Bankrotterklärung.

  3. Oh ja, das hab ich auf englisch als Hörbuch gehört – von Rob Bell selbst gelesen. Fand ich ziemlich klasse und hat mich sehr inspiriert! Im Gegensatz zu dem Verriss-Autor mag ich die Bellschen-Sprachspiele, wobei ich nicht weiß, ob die auch in übersetzter Form gut rüberkommen. Spannenderweise habe ich (nicht nur bei der Lektüre dieses Buchs) festgestellt, dass ich selbst ganz oft ein sehr eindimensionales Denken von Gott habe – irgendwie stelle ich ihn mir immer noch als weißen alten Mann mit Bart vor. Daher bin ich froh, dass Bell und ähnliche Leute mir dabei helfen, dieses Bild bei mir zu verändern. Gott wird dadurch größer, mystischer, unfassbarer. Und ich kann ihn nicht mehr so leicht in eine Schublade stecken.

  4. Was mich fast schon belustigt hat, dass sogar das Layout des Buches Bell (in einer dt. Ausgabe, die er wohl noch nie zu Gesicht bekommen hat, wohlverstanden) angelastet und negativ ausgelegt wird! 🙂

  5. Fürchterliche Rezension, aber in einem muss ich zustimmen: Diese Schau! wie! brilliant! jeder! meiner! Sätze! ist! – Absatz-Pathos-Attacke von Bell finde ich völlig unerträglich. Vielleicht sollte ich auch mal die Hörbücher probieren. Oder spricht er die Pausen da auch mit?

  6. In diesem Buch ist es deutlich besser als in vorherigen mit den Zeilenumbrüchen. Und wenn er spricht, hört man davon nichts. Ob man den luftigen Satz als Arroganz auslegen will, muss jeder selbst entscheiden.

  7. Danke, Peter, für deinen Kommentar zur Kritik von pro! Es war mir jedenfalls ein Vergnügen, das Vorwort zu schreiben.

    1. Ich fand den Kommentar auch Dir gegenüber unfair, Jürgen. Er hat Dir ja eine Art unkritische Euphorie vorgeworfen, die ich in Deinem Vorwort nirgends finden konnte.

  8. Auch von mir vielen Dank für den Kommentar zur Rezension. Die hatte ich von ein paar Tagen schon gelesen. Aber erst nach Deinem Kommentar hier habe ich mir die Mühe gemacht mal näher hinzuschauen und die ersten Seiten bei Gerth gelesen. Darauf hin habe mir das Buch dort sofort bestellt 🙂 Ich bin sehr gespannt darauf.

    Und mich gefragt, ob der Rezensent von pro das Buch wirklich gelesen hat…

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