Qualvolle Alternative

Die Frage, was Erlösung und Evangelium bedeuten, wie das mit dem Leben und der Verkündigung, dem Tod und der Auferweckung Jesu zu tun hat und was als Folge all dieser Ereignisse die Rolle der Christen in der Welt ist, ist ein Dauerbrenner. Immer wieder kommen in den Gesprächen auch widersprüchliche Gottesbilder vor. Diese Woche kam rund um das Thema Himmel und Hölle die Frage auf, ob man letztere zwar nicht als Rache oder Vergeltung verstehen müsse, sondern als Gottes Rückzug aus der Beziehung zu einem Menschen, der ihn ablehnt.

Die Schwierigkeit bei dieser Vorstellung ist eine doppelte. Einerseits wäre ein vollständiger Rückzug Gottes nach biblischer Auffassung mit dem Tod gleichzusetzen, in diesem Fall gäbe es nicht Himmel oder Hölle, sondern ewiges Leben und endgültigen Tod. So etwa stellte es sich der große evangelikale Denker John Stott vor, doch schon der wurde für seine humane Abwandlung jener Eschatologie der transzendentalen Folterkammer von Kritikern verketzert.

Gut, das muss uns ja nicht stören, dass sich jemand aufregt – leidenschaftslos lässt sich das Thema wohl schwerlich behandeln. Manche scheinen seltsamerweise der Ansicht zu sein, ein gewaltfreier Gott könne unmöglich „Gott“ sein.

Die andere Schwierigkeit besteht darin, dass wir – das Todesproblem einmal ausgeklammert – auch mit dieser Variante (hier wäre die Formulierung „Hölle light“ tatsächlich mal angebracht!) bei einem recht zwiespältigen Gottesbild landen. Nicht von ungefähr gilt bei uns Vernachlässigung und Liebesentzug als seelische Gewalt und Grausamkeit, vor allem Kindern gegenüber; aber Dunkel- oder Isolationshaft werden ja auch ganz zu Recht als Folter bezeichnet. Gottes heißer und sein kalter Zorn unterscheiden sich an diesem Punkt nicht, dass beide in dem Moment, wo sie Gottes Liebe und Barmherzigkeit nicht mehr nach- und untergeordnet werden (etwa, indem man sie als vorübergehend versteht), sondern ihr gleichwertig an die Seite gestellt werden (etwa indem man sie als „ewig“ definiert), Gott in ein bedenkliches Licht rücken.

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2 Antworten auf „Qualvolle Alternative“

  1. Hallo,

    du zeigst schlüssig die Problematik der jeweiligen Gottesbilder auf. Es fehlt allerdings ein Lösungsversuch.
    Was der Rückzug eines Elternteils (und Gott ist unser „Elter“ und damit Vater und Mutter zugleich) aus der Beziehung zum Kind bedeutet, zeigt uns die moderne Psychologie sehr deutlich. Isolation, Liebesentzug ist seelische Folter mit schweren Folgen.

    Deshalb glaube ich auch nicht, dass Gott sich aus der Beziehung zu uns als seinen Kindern in der Weise zurückzieht, dass er diese Beziehung auflöst. Es mag sein, dass Gott sich zeitweise zurück zieht, nur noch von Weitem zusieht, was sein Kind, das ihn ablehnt, tut. Aber deshalb lehnt er es nicht ab. Sein Kind bleibt unwiderruflich sein Kind. Davon bin ich überzeugt. Gott lässt seine Kinder los, aber er lässt sie sogar fallen, aber er lässt sie nicht ins Nichts fallen. Irgendwann, wenn er spürt, dass sein Kind sich ihm wieder öffnen kann, hält er ihm seine Hand hin. Entweder, damit das Kind sie ergreifen kann, oder aber, sofern es dazu noch zu schwach ist, damit es in seine Hand fallen kann.

    Ich weiß, dass meine Glaubenshoffnung von manchen als Irrlehre abgetan wird, aber es ist meine bisherige persönliche Erfahrung mit Gott. Ich hatte ihn zwar schon mal aufgegeben, aber er hat mich bisher noch nie aufgegeben, sondern lief mir sogar nach, als ich von ihm gar nichts mehr wissen wollte

    herzliche Grüße

    Angelika

    1. Hallo Angelika, auf die „Lösung“ habe ich bewusst erst einmal verzichtet, aber ich finde Deine Gedanken sehr schlüssig!

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