Heute Morgen habe ich gelernt, dass der Stachel des Todes, von dem Paulus in 1.Kor 15,56 schreibt, im Griechischen Kentron heißt. Zunächst war das wohl ein Dorn an einem Stecken, eine Art Piekser, mit dem man müde Zugtiere im Gespann wieder in Bewegung setzte. So ist es hier auch gemeint: Der Tod und die Schatten, die er voraus wirft und die wir bewusster wahrnehmen – also Einsamkeit, Isolation, Streit und Hass, Krankheit und Gebrechlichkeit, Armut und so weiter – treibt uns zu allen möglichen Dingen. Wir fliehen von Natur aus vor allem was uns an unsere Endlichkeit erinnert. Oder es schlägt um in marode Todesverliebtheit, so wie sich manche Kidnapping-Opfer mit ihren Entführern und Peinigern innerlich einlassen und verbünden. Aber wir sind so oder so wie die Rinder vor dem Pflug eingespannt und dem ausgeliefert, der den Dorn in der Hand hat – ein ernüchterndes Bild menschlicher Existenz; es trifft aber die Gefühlslage vieler Menschen.
Von Kentron kommt auch unser Wort Zentrum: Man sticht mit dem Zirkel irgendwo ein uns zieht einen Kreis. Wenn Todverfallenheit nicht mehr das Zentrum unseres Lebens ist, wenn nicht mehr alles unerfüllt endlich und armselig beschränkt ist und unseren Lebenshunger nicht stillt, dann leben wir exzentrisch. Wir werden immer noch den Tod in allen seinen Formen bekämpfen und ihm Widerstand leisten – wie Jesus. Selbst da, wo der Kampf nach menschlichem Ermessen aussichtslos scheint und jede gute Tat nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Weil Ostern offenbart hat, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, können wir täglich viele kleine (und hin und wieder sogar manch große) exzentrische Anschläge der Liebe verüben und damit den Aufstand für das Leben weiterführen.
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