Die Bibel ist, bei allem was sie für das Leben des einzelnen zu sagen hat, zuallererst eine einzigartige Auslegung der Welt- und Menschheitsgeschichte. Die Kirche, der das Evangelium anvertraut ist und die aus dem Evangelium heraus lebt, verkörpert die Hoffnung auf eine Überwindung des Bösen und den Sieg des Guten gegen alle Verzweiflung. Gleichzeitig verkündet sie nicht nur Gottes Ziel der Geschichte, sondern sie treibt die Geschichte auch unwiderruflich auf dieses Ende hin.
Das Kommen Jesu hat die Geschichte in die Krise gestürzt. Wenn die Vision eines neuen Zeitalters einmal im Raum steht, kann man nicht mehr hinter sie zurück. Der Konflikt mit anderen Visionen muss ausgetragen werden. Das zeigen die apokalyptischen Passagen der Schrift, wenn sie in Bildern vom Kampf des Lammes mit den Symbolen des römischen Imperiums sprechen. Es geht also um mehr als um bloße Verkündigung. Vielmehr zeigen die Evangelien, wie sich Predigt und Taten gegenseitig durchdringen – eines ohne das andere wäre bedeutungslos.
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Beides fällt in Jesus zusammen, der eine neue Realität verkörpert. Sie setzt sich fort in der Gemeinschaft seiner Nachfolger, die er beruft und sammelt. Sie repräsentiert die Herrschaft Gottes, indem sie die Mächte das Bösen herausfordert und dafür selbst den Preis zu bezahlen bereit ist. Dividiert man Reich Gottes und Gemeinde auseinander, dann lässt sich jede Form von Arbeit für Gerechtigkeit und Frieden verklären und das Evangelium wird zum moralischen Appell.
… Mission ist nicht zuallererst ein Handeln unsererseits. Sie ist Gottes Handeln, des dreieinigen Gottes – Gottes des Vaters, der unablässig am Werk ist in der ganzen Schöpfung und den Herzen und Gedanken aller menschlichen Wesen, ob sie ihn nun anerkennen oder nicht, der die Geschichte gnädig auf ihr Ende hin lenkt; Gottes des Sohnes, der ein Teil der geschaffenen Geschichte wurde in der Menschwerdung; und Gottes, des Heiligen Geistes, der als Vorgeschmack des Endes gegeben ist, um die Kirche zu lehren und zu bevollmächtigen und die Welt zu überführen von Sünde, Gerechtigkeit und Gericht.
Was also ist dann unsere Aufgabe? Der Konflikt zwischen Evangelikalen, die Jesus als den Retter verkündigen und eine lebendige, wachsende Gemeinde wollen, und sozialen Aktivisten, die auf die Verantwortung für die Benachteiligten hinweisen und dass Gemeinde(wachstum) nie zum Selbstzweck werden darf, ist daher auf eine Scheinalternative zurück zu führen:
1. Es geht nicht um einen Gegensatz von Verkündigung und sozialem Engagement, sondern um eine lebendige Gemeinschaft, in der sich beides verbindet und gegenseitig interpretiert
2. Soziales Engagement ist keine zweitrangige, der Verkündigung nachgeordnete Sache. Jesus hat die Mächte und Gewalten seiner Zeit durch sein Handeln herausgefordert, nicht aber im Sinne einer Revolution, bei der Unterdrücker und Unterdrückte nur die Rollen tauschen.
3. Der praktische Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit hält daher eine gewisse innere Distanz zu den jeweiligen Projekten und Initiativen, die etwas vorläufiges sind. Denn endgültig und umfassend ist Gottes Ziel der Geschichte, sind Frieden und Gerechtigkeit nur im Leiden, Sterben und Auferstehen Christi verkörpert.
4. Daraus lässt sich aber keine Passivität ableiten, sondern die Pflicht, in der konkreten Situation die relativ bessere Handlungsalternativen zu wählen – selbst dann, wenn Christen sich in der Bewertung dieser Wege nicht immer einig sind.
5. Aufgabe der Kirche ist es, ihre Glieder darin zu bestärken, als Bürger Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Erst vor diesem Hintergrund werden dann auch kirchliche Verlautbarungen glaubwürdig.
6. In allem muss der Bezug zu Christus und den Grundelementen des Evangeliums ausdrücklich hergestellt werden. Das Evangelium ist immer relevant. Daher wird eine Kirche, die sich mit den Mächten und Gewalten arrangiert statt sich mit ihnen anzulegen, immer dem Urteil dessen ausgesetzt sein, der nicht nur Bekenntnis, sondern Gehorsam erwartet.