Ich habe schon versucht zu zeigen, dass man im Grunde nicht nicht mit der Zeit gehen kann. Kirche, die sich nicht mehr bewegt, würde aussterben oder zum Museum mutieren. Zum „wie“ gibt es allerdings noch einiges zu sagen – hier der erste Gedanke:
Kirche kann widerwillig mit der Zeit gehen. Dann trottet sie wie ein bockiges Kind hinter beim Familienausflug hinter Eltern und Geschwistern her, aber sie lässt den Abstand nur so groß werden, dass die anderen das Quengeln und den Schmollmund noch sehen können. Sie geht denselben Weg, aber unter Protest und mit angemessener Verspätung (und in der Hoffnung, den anderen den ungeliebten Ausflug zu vermiesen).
Das ist vor allem eine risikoscheue Haltung. Wer Veränderungen initiiert, wird verketzert und kritisiert. Natürlich wird er auch Fehler machen und Rückschläge erleiden. Der Bedenkenträger kann das dann genüsslich ausschlachten und, in seiner Skepsis bestätigt, darauf hinweisen, was früher alles besser war.
Die gelungenen Innovationen hingegen werden irgendwann stillschweigend übernommen – wenn man damit lange genug wartet, erinnert sich auch niemand mehr daran, dass man eigentlich mal dagegen war. Man bewahrt sich so die Illusion einer weitgehend fehlerfreien frommen Binnenkultur: Die Fehler haben ja die anderen gemacht. Und so bestätigt sich auch das andere Vorurteil, dass nämlich das Böse immer da draußen lauert und man gar nicht misstrauisch genug sein kann gegenüber allem Ungewohnten. Denn letztlich entscheiden auch hier keine inhaltlichen oder sachlichen Überlegungen, sondern die gefühlte Differenz zwischen dem Gewohnten, Vertrauten und daher Sicheren und dem Ungewohnten, Unsicheren und Fremden.