Leitung einer missionalen Gemeinde (2): Den Kopf frei kriegen

Ich komme zum 2. Kapitel aus Alan Roxburghs The Missional Leader: Equipping Your Church to Reach a Changing World und es geht darum, unsere Vorstellungskraft zu kultivieren.

Viele Gemeinden haben die Hoffnung verloren, dass Gottes Geist in ihnen und durch sie wirkt. Die Bibel dagegen ist voll von Geschichten, wo Gott genau die Menschen und Orte erwählt, die von allen anderen abgeschrieben werden. Wenn wir die Inkarnation ernst nehmen, müssen wir uns genau darauf einstellen. Die Autoren schreiben treffend:

In diesen Geschichten steht nichts davon, dass erst mal alle, die da nicht hingehören, aus dem Bus aussteigen und die richtigen einsteigen müssten, um Großes zu erreichen und die beste Organisation der Welt zu werden. Dieser Gott, der uns auf den Fersen ist, ruft immer die falschen Leute in einen Bus, von dem niemand damit rechnet, dass er ankommt.

Gottes Zukunft beginnt mitten unter seinem Volk, für das Ezechiel das Bild der vertrockneten Gebeine gebraucht hatte. Sie beginnt unspektakulär im Gewöhnlichen – zumindest für alle, die es nicht gewohnt sind, die Geschichte mit solchen Augen zu betrachten. Denn das Gewöhnliche ist das Geistliche, wenn und weil Gott dort wirkt.

Die Kultur einer Gemeinde muss ernst machen mit dieser Einsicht. Die Gemeinde muss aber auch verstehen, dass die Welt sich geändert hat. Menschen empfinden der Kirche gegenüber kaum noch eine Art von Bindung oder Verpflichtung und sie machen sich nicht die Mühe, kirchliche Binnensprache zu lernen. Christen fühlen sich umgekehrt immer fremder in einer Umgebung, die ihre Anschauungen und Werte nicht mehr teilt.

Also müssen Gemeinden angeleitet werden, danach zu fragen, wo und wie Gott heute wirkt und wirken möchte. Mitten in dem radikalen Wandel gilt es, vorgefasste Meinungen zurück zu lassen, keine Standardantworten auf Fragen zu geben, die keiner mehr stellt, und wieder genau hinzuhören. Kleingruppen etwa müssen aufhören, sich um die Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu drehen, und damit anfangen, Gott und sein Reich in den Mittelpunkt zu stellen.

Gerade in Krisenzeiten wird der Ruf nach einem starken Leiter, einem Unternehmertypen, immer lauter. Er entspricht dem Mythos der heldenhaften Persönlichkeit, des großen Menschen. es geht aber nicht darum, anderen die Erleuchtung zu bringen, sondern einen Raum zu schaffen, der es den Gemeindegliedern ermöglicht, ihre Beobachtungen und Erfahrungen zu machen, mitzuteilen und zu erspüren, wohin Gottes Geist sie führt. Ein dreifaches Bewusstsein ist gefragt:

  1. Davon, was Gott im Leben der Gemeinde und ihrer Glieder wirkt
  2. Wie Gottes Wirken von dieser Gemeinde ausgehen und Kreise ziehen kann
  3. Was Gott im Umfeld der Gemeinde schon längst zu tun begonnen hat

Wenn man diesen Fragen Raum gibt, entsteht auch der Raum für Experimente. Teams bilden sich und nehmen verschiedene Aktionen in Angriff. Die Schrift wird plötzlich zur lebendigen, aufregenden Rahmengeschichte des Gemeindelebens und hört zugleich auf, ein trockenes dogmatisches Lehrbuch oder ein Katalog für persönliche Problemlösungen zu sein. Es bilden sich neue Praktiken und Gewohnheiten heraus – meditative Formen der Schriftlesung und des Betens, einfachen Lebens und der Gastfreundschaft – ohne die keine missionale Gemeinde existieren kann.

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17 Antworten auf „Leitung einer missionalen Gemeinde (2): Den Kopf frei kriegen“

  1. Irgend wie habe ich das Gefühl, das ein Schritt übersprungen wurde. Bevor ich mich mit dem Wirken von Gott beschäftigen kann, muss es doch erst mal zu einer Offenbarung/Heimsuchung kommen. Also müsste doch die Frage sein: Gibt es in meiner Gemeinschaft Rum, Zeit und Platz wo Offenbarung möglich ist und wahrgenommen werden kann? Bin ich bereit und fähig mit Offenbarung und Prophetentum um zu gehen? Bin ich bereit dem Ruf von Gott in mir wirklich zu folgen, auch wenn es inkompatibel zu meinem eigenen Lebensentwurf ist? Bin ich bereit andere in meiner Gemeinschaft zu unterstützen, wenn sie dem Aufruf der inneren Stimme antworten und folgen? Kann ich es wirklich ertragen, nicht im Mittelpunkt zu stehen, wenn Gott mir keinen solchen Auftrag gibt? Bin ich offen dafür, zu sehen, das Gemeinde kein Selbstzweck und Evangilisation nicht alles ist?

    Das sind so die Fragen, die ich mir in evangilikalen Gemeinden gefragt und beantwortet wünsche.

  2. Ich denke, da liegt der Unterschied zur Quaker-Tradition, dass Roxburgh und Romanuk davon ausgehen, die grundlegende Offenbarung ist schon da. Würde ich auch so sagen…

  3. Danke fürs Zusammenfassen. Viele Gedanken sprechen mich sehr an auch im Hinblick auf die volkskirchliche Situation.

  4. @Peter:

    Die Antwort habe ich erwartet und das ist meine fundamentale Kritik an an Evangelikalen Gemeinden: Wenn sich eine Evangelikalen Gemeinden fragt was ihre Bestimmung ist, fängt sie in der Regel an, irgend wo in den Paulusbriefen an zu blättern (Das Thema ist austauschbar. Es könnte auch Sexualität, Wehrdienst, Musik, Harry Potter oder Essen sein).

    Wo Moses auf Probleme stiess, was hat er getan? Er ging in das Heilige Zelt und führte Zwiesprache. Er blätterte nicht in der Tora (naja gut „rollte“ in der Tora) herum.

    Was tat Jesaja wenn es Stress gab? Er führte Zwiegespräch mit Gott – auch ohne Bundeslade – und er blätterte nicht in der Hebräischen Bibel.

    Selbst Jesus holte im Garten Getsemani nicht eine Abschrift der Tora heraus, sondern hielt Zwiesprache mit Gott (oder für die Verfechter der „Dreieinigkeit“: führte Selbstgespräche)

    Alle Schriften in der Bibel sind Nachrichten mit „Sender“ und „Empfänger“. Bei einigen können wir sogar sagen Wer der Auto und Wer der Angesprochen war. So ist mir immer völlig Schleierhaft, wie man sich z.B. bei der Apokalypse (Offenbarung) direkt als Adressat fühlen kann, wo der Adressat namentlich am Anfang genannt wird (Ja, das ist eine Anspielung auf „die Zeugen“).

    Als Moses am Abkratzen war, als das Heilige Land erreicht wurde, sicherte er zu, das es immer Propheten geben würde, die den Willen Gottes verkünden würden. Und in der Bibel finden wir Zeugnisse solcher Propheten. (Und auch Zeugnisse von Königen und Anderen die auf die Propheten nicht hören wollten.)

    Wenn ich jetzt Frage: „Offenbart sich Gott heute?“ und ich würde die Antwort bekommen „ja“ und ich würde weiter fragen „Worin?“ und die Antwort lautet „In der Bibel“, dann weiss ich nicht was das Wort „Heute“ in Evangelikalen Kreisen bedeuten soll. Um es mal überspitzt zu sagen: Wenn ich zu einem Evangelikalen sagen würde „Das Brot habe ich HEUTE gekauft“ glaubt er dann mein Brot sei knapp 2000 Jahre alt, und ich müsse ein verdammt gute Gebiss haben?

    Wohl kaum. Also muss es wohl ein fundamentales Missverständnis des Begriffs „Offenbarung“ geben.

  5. Sorry, Olaf, das betrifft nicht nur Evangelikale, sondern fast alle Christen, und die evangelischen besonders. Für manche Dinge braucht man keine Propheten. Wie willst Du wissen können, was heute Offenbarung Gottes ist, wenn es keine frühere Offenbarung gibt, mit der Du es vergleichen kannst?

    Natürlich hat sich Gott in Christus offenbart und natürlich erreicht uns dieses Zeugnis als erzählte Geschichte, nicht als aktuelle Prophetie. Und Jesus, um nur mal kurz dabei zu bleiben, antwortet in der Versuchungsgeschichte mit einem schlichten „es steht geschrieben“.

    Das Missverständnis bei Dir scheint mir zu sein, dass es Offenbarung nur ad hoc gibt. Das wäre dann aber ein ahistorisches und spiritualistisches Verständnis von Offenbarung, in dem der Gedanke der Inkarnation nur schwer unterzubringen sein dürfte. Doch genau da geschieht nach Johannes 1 die umfassende Offenbarung Gottes.

  6. @Peter:
    Wenn das fast alle Christen betrifft um so schlimmer.

    Stimmt, für manche Dinge braucht man keine Prophetie. Dafür gibt es dann Google. Aber die Aufgabe die Gott einer Gemeinde gibt, wird sich mit Google nicht finden lassen.

    Ich habe nie behauptet das die Propheten der Bibel keine Bedeutung hätten. Man kann nach wie vor, viel daraus lernen. Es ersetzt aber nicht die Bereitschaft sich von Jesus/Gott/dem Innerer Chrisus/Innerses Licht/… zurecht weisen zu lassen. Diese mahnende Stimme in sich hat jeder, der bei Verstand ist. Christ ist nicht wer sich „Christ“ nennt, sondern wer sein Kreuz auf sich nimmt. Judas nannte Christus noch im Verrat „Meister“ und doch war er nicht mehr sein Jünger.

    Die Offenbarung war immer da und ist fortwährend. Was steht in Off. 1,8: “ Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende…“ Also nix „Klappe zu – Affe tot.“ So lange es diese Welt gibt, wird es eine Offenbarung geben.

    Oder wie verstehst du Matth. 28,20: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

    Um „ad hoc“ geht es nicht. Es geht um mittelbar und unmittelbar Offenbarung. Was trinkst du lieber? H-Milch oder Frisch-Milch. (Gut ich bevorzuge Soja-Milch, aber das ist noch mal ein anderes Thema). Ein Live-Spiel oder die Aufzeichnung…

    Gruß

    Olaf

  7. @ Olaf: Jesus ist im überwiegenden Teil der christlichen Tradition mehr als das innere Licht und in der Spannung mittel-/unmittelbar liegt der Knackpunkt. Für Dich scheint das Unmittelbare dem Mittelbare überlegen zu sein, aber das ist auch eine sehr grob gestrickte Alternative, die der Sache nicht unbedingt gerecht wird.

    Ich würde also erstens fragen: Wie unmittelbar ist das „innere Licht“? Müssen wir nicht damit rechnen, dass es durch unser Unbewusstes, unsere kulturellen Prägungen, unsere persönliche Geschichte und blinden Flecken nicht schon längst genauso gefiltert und womöglich entstellt ist (ich spare mir jetzt all die pathologischen Beispiele), dass wir Gott also auch im Inneren gar nicht unmittelbar, sondern auch nur vermittelt durch diese Mechanismen wahrnehmen können?

    Zweitens fehlt mir eine Verhältnisbestimmung zwischen aktueller und geschichtlicher Offenbarung bei Dir: Die Menschwerdung, der Tod und die Auferstehung Christi sind die bestimmenden Ereignisse für alles christliche Reden von Gott, und die liegen geschichtlich gesehen in der Vergangenheit. Alles weitere Reden von Gott muss sich daran messen lassen, sprich, alle neue Offenbarung (die darf es durchaus geben) wird notwendigerweise an dieser Norm gemessen, schon im Neuen Testament selbst. Dass Gott in Jesus Mensch geworden ist, dafür brauche ich auch keinen Propheten, um es allerdings glauben und mich darauf verlassen zu können, brauche ich Gottes Geist. Aber der hilft mir, dass ich mir die schon geschehene (weil geschichtliche) Offenbarung aneigne. Sie entsteht nicht erst in diesem Moment, wo sie in mein Bewusstsein tritt.

    Und zu den beiden Zitaten aus der Apokalypse und Matthäus (9in denen von Offenbarung ja gar nicht die Rede ist…) setze doch einfach Hebräer 13,8 hinzu: „Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit.“

    Vielleicht hilft ja trinitarisches Denken weiter, den (scheinbaren) Gegensatz von außen und innen, alt und neu, mittel- und unmittelbar zu überwinden und diese Spannung zu halten?

  8. Es gibt für mich keine „Konkurrenz“ zwischen der den niedergeschriebenen Erfahrungen mit Offenbarungen und Prophedie (also der Bibel) und der eigenen unmittelbaren Heimsuchung/Offenbarung. Wenn es ein Widerspruch gibt, ist der kritisch zu hinterfragen.

    Ganz konkret: Wenn ich mir Gedanken über eine Zahnzusatzversicherung mache (Siehe betreffenden Artikel: http://www.the-independent-friend.de/?q=node/511 ) werde ich zu dem Thema nichts in der Bibel finden. Ich forsche also was mir meine „innere Stimme“/“Gewissen“/“Innerer Christus“ offenbart. Ich bin zu dem Schluss gekommen, das Zahnzusatzversicherungen mit meiner Überzeugung nicht vereinbar sind, weil sie asozial sind. In Nachhinein könnte ich das mit dem Gleichnis der Arbeiter in den Weinbergen begründen. Also damit die Richtigkeit meiner Entscheidung. Ich würde mich aber nicht soweit versteigen, zu behaupten die Bibel würde Zahnzusatzversicherungen verbieten.

    Summa: Für mich als konservativer Quäker (liberale Quäker oder Evangelikalen Quäker mögen das anders sehen) ist die Bibel Prüfstein, aber nicht Orakel! Diejenigen, die sich unmittelbar auf die Bibel berufen, wollen ihren Ansicht als nicht hinterfragbare Gesetze darstellen. So wie Jesus als Jude die Gesetzlichkeit der Juden verwarf, weil sie keine Erlösung bringen kann, so würde der auch die Gesetzlichkeit der Christen verwerfen.

    Wenn wir uns vom rein theologisch jetzt kurz abwenden und in die Feldstudie gehen, werden wir feststellen, das es keinen Grund gibt, in dem Offenbarungsglauben und der Ablehnung der Gesetzlichkeit der Bibel, ein Bedrohung zu sehen. In den 350 Jahren der Quäkergeschichte mag es die eine oder andere unterhaltsame Kuriosität gegeben haben. Aber es gab weniger Totalentgleisungen wie bei den gesetzlichen Christen. Also könnten die Quäker durch aus sagen: „Seht, unsere Geschichte gibt uns Recht. Den an den Früchten – sagt der HERR – sollt ihr sie erkennen…“

    Jetzt noch mal zur Dreifaltigkeit: Man muss die viel Evangelien schon ziemlich vergewaltigen, um dort eine Dreifaltigkeit ab zu leiten. Das Johannes-Evangelium wird mit seiner Mystischen Ausdrucksweise, immer gerne dafür herangezogenen. Aber alle Versuch stehen auf sehr dünnen Brettern. Zu meist sind es die Briefe, die von der Dreieinigkeit (indirekt) sprechen. Niemals Jesus selbst (oder kannst du mir eine Stelle nennen). Der Grund wird der masslose Schmerz der Jünger über den Verlust des Messias sein, der ganz wie du, versuchts die Spannung damit zu überbrücken. Die Dreifaltigkeit ist das Ergebnis einer Posttraumatische Belastungsstörung.

    Machen wir uns doch noch mal klar worum es eigentlich geht: Das Christentum ist eine Religion (ob die einzig wahre jetzt mal für einen kurzen Moment bei Seite gelassen). Haupt Merkmal einer Religion ist der – wie immer geartete – Glaube an eine Erlösung. Jesus wurde mehr mal gefragt was denn nun zu einer Erlösung notwendig sei, und er antwortete: „Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren! […] Verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach!“ (Luk. 18,18) …Kein Wort von der Dreifaltikeit.

    Es ist nicht von Bedeutung, Jesus als Diese oder Jenes zu sehen. Entscheidend ist, Seine Mahnung im Hier und Jetzt zu hören und sich dem zu beugen. Seiner eigen Eitelkeit und Geltungsbedürfnis muss man langsam die Nahrung einziehen, dann tritt die Ruhe ein, in der man den Willen Gottes wahrnehmen kann. Wenn man einmal die Eindringliche Stimme vernommen hat, und sich nicht wieder in der Welt und der Eitelkeit verliert, kann man gar nicht mehr anders, als dem Willen Gottes folgen.

    Das Apostolisches Glaubensbekenntnis ist bedeutungslos. Werder hat Jesus und auferlegt dieses zu sprechen, noch stimmen die Inhalte mit der Bergpredigt überein. Letzte wird ja wohl unzweifelhaft als das Kernstück des Christlichen Glaubens anerkannt (wenn auch oft, ohne persönliche Konsequenz).

    …Das war lang. Aber kürzer geht wohl nicht, ohne oberflächlich zu werden.

    Gruß

    Olaf

  9. Ohne auf alles eingehen zu können (es ging oben ja um ganz andere Fragen), scheint mir hier alles Mögliche durcheinander zu gehen. Gesetzlichkeit und die Frage einer geschichtlichen Offenbarung sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Die Bibel ist auch für Christen (deren Grundkonsens Du mit der den Bemerkungen zur Dreieinigkeit tatsächlich verlässt, witzigerweise mit einem biblizistischen Argument!) kein Orakel, aber eben eine Norm.

    Man kann jetzt natürlich reduktionistisch und eklektisch einzelne, wenn auch zentrale Texte wie die Bergpredigt isolieren und zur Norm erklären. Nur: Das Kernstück des christlichen Glaubens ist trotz allem nicht die Bergpredigt, sondern das Bekenntnis zum Auferstandenen. Nur deshalb wird die Bergpredigt heute noch gelesen, nur deshalb haben sich Leute die Mühe gemacht, sie aufzuschreiben. Es ist also von ganz entscheidender Bedeutung, wie man Jesus sieht.

  10. @Peter:

    Also für mich ist zentral was Jesus gesagt hat. Das Zeugnis über ihn ist in erster Linie in den vier Evangelien zu finden (Gut es gibt noch mehr Evangelien, aber wollen wir den Bogen mal nicht überspannen). Wenn du – wie es sich für mich liest – die Briefe über die Zeugnisse Jesus Christus stellst, um deine Dreieinigkeit zu retten, würde ich das nicht „Christentum“ sondern „Paulismus“ oder so.

    Ja, die Bergpredigt tut richtig weh. Aber genau das ist die Kernaussage des Kreuzes, das jeder auf sich nehmen muss, wenn er es mit der Nachfolge ernst nimmt.

    Natürlich beziehe ich die Bibel in meine Erwägungen und Argumentationen ein. Ich weiß nicht was daran so verwunderlich sein soll. Der „Grundkonsens“ interessiert mich erst mal nicht. A) bezweifle ich das das was beweisen würde und B) bezweifle ich das es ihn überhaupt gibt. Nur weil man jeden Anderen abspricht „Christ“ zu sein, der den – eigenen – „Grundkonsens“ (wie meine Erfahrung mit Evangelikalen Christen immer wieder Zeigt) nicht teilt, ist es nicht „Grundkonsens“ der /Ersten und einen Kirche/.

    Wenn ich als Restaurant-Besitze jeden Gast raus schmeiße dem das Essen nicht schmeckt, kann ich zwar von den verbliebenen Gesten behaupten, deren „Grundkonsens“ sei es, das das Essen im Restaurant gut sei aber es führt die Bedeutung von dem Begriff „Grundkonsens“ ins Absurde.

    Ein Gesetz hat eine Normative Funktion, somit hast du dich gerade selber widersprochen. Wenn für einige Christen die Bibel normative also gesetzliche Funktion hat, sind sie genauso Gesetzlich wie die Juden die Jesus kritisierte (und er kritisierte nicht alle Juden für ihrer Gesetzlichkeit. Vgl. Johannes 4).

    Erinnere dich an das Gleichnis in Matth 25 mit den Brautjungfern: Eine Aufforderung jederzeit wachsam zu sein und auf den Herren zu harren (und auch wirklich innerlich zu erwarten). Es ist gleich, ob Jesus als innere Stimme daher kommt, oder leibhaftig. So oder so, muss man vorbereitet sein. An ansonsten ist der Zug eben mal abgefahren. “ Später kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf! Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.“

    So, um jetzt wieder auf das ursprüngliche Thema ein zu schwenken: Wo ist der Platz für Jesus (und seine Heimsuchung/Offenbarung) in meiner Gemeinde? Hippe Musik und coole Predigten und nicht zu vergessen (oder gar zu verachten) der selbst gebackene Kuchen für „Danach“… Alles schön und gut. Was ist aber mit dem Kreuz? Ist meine Gemeinde bereit „Ihr Kreuz auf sich zu nehmen“? Ja, ist meine Gemeinde überhaut willens, ihr Kreutz für sich erkennen zu wollen? Wenn dann ein „Nein“ kommt, können wir den Rest doch gleich in die Tonne treten. – Oder sehe ich das falsch?

    Gruß

    Olaf

    P.S.
    Wir habe jetzt vielleicht mal öfter Besuch einer Kenianerin. Also „Evangelical Friends“ (http://www.EvangelicalFriends.org ). Vielleicht bekomme ich dadurch noch neue Impulse bezüglich der Dreifaltigkeit….

  11. @ Olaf (mein endgültig letzter Kommentar hier): Jesus und Paulus/Johannes etc lassen sich nicht so leicht auseinandernehmen (oder in Deinem Fall: gegeneinander ausspielen) wie Du denkst. Wenn Du mit Deinem kritischen Ansatz ernst machen willst, müsstest Du wenigstens in Rechnung stellen, dass die Paulusbriefe älter sind als die Evangelien. Zweitens blendest Du eine Menge aus, was Jesus in den Evangelien über sich selbst direkt und indirekt sagt. Wenn es Dich wirklich interessiert, tu Dir doch mal „Jesus and the Victory of God“ von NT Wright an. 700 Seiten, die sich wirklich lohnen.

    Gesetze/Normen zu haben und „gesetzlich“ zu sein sind zwei ganz verschiedene Dinge und in dieser Hinsicht ist weder Dein Urteil über die Pharisäer/Juden noch die Christen gerechtfertigt. Jesus selbst sagt ja in der Bergpredigt, er sei nicht gekommen, um das Gesetz aufzulösen. Natürlich gibt es auch für ihn einen offenbarten Willen Gottes, der nicht nur in seinen subjektiven Spiegelungen und Brechungen aufgeht, die Du als „inneres Licht“ bezeichnest, und zwar ohne sagen zu können, wie man Licht und Dunkelheit unterscheiden soll, wenn es kein äußeres Kriterium gibt. Paulus zum Beispiel hat Deiner Darstellung nach ja nicht besonders viel davon gehabt, oder?

  12. @Peter:

    Eigentlich wollte ich dir – als Gastgeber – das letzte Wort überlassen. Aber da dein Beitrag mit einer Frage endet, will ich da zu in aller Kürze dazu Stellung nehmen.

    Zum Begriff der “Gesetzlichkeit”: Darunter verstehe ich das, was z.B. in Luk. 11,37-52 oder Matth. 12 beschrieben wird. Das Gesetz/ die Gesetzlich die Jesus in der Bergpredigt meint, ist das Gesetz was jedem Menschen von Gott in das Herz geschrieben wurde, welches auch Paulus kannte (Vgl. Röm. 2,12-16).

    Das „Innere Licht“ ist die unmittelbare Offenbarung (oder Heimsuchung) Gottes, über die natürlich reflektiert werden soll. Aber die Reflexion selbst ist nicht Gott noch seine Offenbarung. Aber ohne Offenbarung gäbe es nix (schon gar nicht sein eigenes Vergalten und Denken) zu reflektieren. Ohne Offenbarung und Reflexion hätten wir wohl seelenlose Zombies. Ein Solcher ist mir aber noch nicht über den Weg gelaufen. Ein kleinen Funken Offenbarung ist in Jedem. Reflexion in wenigen. Ersteres ist uns geschenkt. Letzteres harte Arbeit.

    Ich hätte – zum Begriffe des „Inneren Lichts“ – auch eine Buchempfehlung: no cross, no crown ich bin gerade dabei, die Scans zu übertragen. Wird wohl noch 2-3 Monate Arbeit sein. Aber einige Kapitel sind schon Lesbar.

    Gruß

    Olaf

  13. Hallo Peter, hallo Olaf!

    Ein sehr spanendes Gespräch führt ihr hier.
    Schwierig finde ich die qualitative Kategorisierung der Offenbarung. Wie sollte sich Offenbarung kategorisieren lassen? Trifft es hier das Milchbeispiel?
    Außerdem stellt sich mir vorher eine Frage. Wann lässt sich von Offenbarung sprechen (egal ob von „Frisch-Offenbarung“ oder „H-Offenbarung“?
    Meiner Meinung nach erst dann, wenn Offenbarung sich bewährt hat. Vorher ist sie spekulativ. Diese Tatsache lässt mich auf die Offenbarungen der Bibel vertrauen, die schon seid Tausenden von Jahren immer wieder aktuell in Situationen von Menschen, Gemeinschaften, Nationen und dieser Welt sprechen. Somit kann ich den biblischen Offenbarungen einen „Vertrauensvorschuss“ geben.
    Diesen „Vertrauensvorschuss“ haben „moderne Propheten“ und deren Offenbarungen (oder auch die eigenen, oder die des „heiligen Geistes“ nicht. Sie müssen sich anhand der biblischen Offenbarung messen lassen und aufgrund ihrer Geschichtlichkeit bewähren.
    Somit hat die biblische Offenbarung für mich Priorität, jedoch schließe ich die aktuelle Offenbarung nicht aus. Beide gegeneinander auszuspielen wäre hier natürlich sehr schwarz-weiß gedacht.
    Viel mehr sollte wir uns vielleicht hier unserer menschlichen Begrenztheit gewiss werden. Offenbarung ist halt doch irgendwie geschichtlich und übergeschichtlich, verständlich und doch auch irgendwie unverständlich, physisch und in anderen fällen metaphysisch… im Grunde für mich nicht verstehbar, aber erfahrbar.

  14. Interessanter Artikel, in dem viel Wahrheit steckt. Es ist manchmal erschreckend, was wir Gott alles NICHT zutrauen und wie klein wir oft denken. Dabei haben wir einen Gott den man Fragen kann und der mit uns reden will und uns zeigen was er vorhat. Oft fragen leider gar nicht wirklich.

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