Gefahr vom Altar

Eines meiner Kinder berichtete neulich von einem Lehrer, der einen Mitschüler im Unterricht derb als „Fettsack“ titulierte. Die Entgleisung blieb offenbar folgenlos, ich war dennoch entsetzt. Lernerfolge nehmen kaum zu, wenn Schüler jederzeit mit solchen Abfälligkeiten rechnen müssen.

Das alles verblasst jedoch momentan angesichts täglich neuer Hiobsbotschaften aus Schulen im ganzen Land. Die SZ berichtet aktuell über das Internat der Regensburger Domspatzen und den ehemaligen Leiter der Vorschule dort. Unbegreiflich fand ich etwa diese Notiz:

Der Schüler aus den Sechzigern erinnert sich: „Als Meier bei der Frühmesse kurz vor der Wandlung ein Wispern vernahm, schleuderte er die goldene Patene, den Teller, auf dem die Hostie lag, wie einen Diskus in Richtung des vermeintlichen Störenfrieds, der es mit der scharfen Kante an die Schläfe bekam.“

Zum Stellenwert von „Ordnung“ habe ich mich gerade erst geäußert. Wem die Schüler nicht heilig sind, dem ist es das Sakrament wohl auch irgendwann nicht mehr. Die Patene wird zur Waffe und die Messe wird pervertiert – durch den unheiligen Zorn aller positiver Symbolik beraubt.

Aber der erste Schritt in diese Richtung ist schon mit abfälligen Worten wie „Fettsack“ getan.

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7 Antworten auf „Gefahr vom Altar“

  1. Definitiv. Wenn ein Lehrer meinen Sohn so beschimpfen würde, würde ich sofort aktiv werden. Sowas geht wirklich gar nicht.

  2. Ich erinnere mich, dass mich mein Mathe-Lehrer in der 5. Klasse mal „Schlampe“ genannt hat, weil ich meine Hausaufgaben wohl nicht ordnungsgemäß gemacht hatte.

    Was ich heute krass finde: Ich wäre damals nie und nimmer auf die Idee gekommen, das meinen Eltern zu erzählen bzw. mich bei irgendwem über ihn zu beschweren. (So nach dem Motto: „Wenn der Lehrer das sagt, wird das wohl irgendwie stimmen“). Und ich frage mich, wie vielen Kindern es heute wohl auch so geht, die sich also einfach ducken…

  3. ich bin lehrer und denke auch, dass die bezeichnung „fettsack“ falsch und unakzeptabel ist. ich möchte aber auch zu bedenken geben, dass es schon passieren kann, dass man als lehrer etwas sagt, was man später bereut. ich habe mich schon bei schülern für meine äusserungen entschuldigt.
    diese entgleisungen zeigen auch, denke ich, dass das system schule, wie es im augenblick besteht, so etwas möglich macht und begünstigt

  4. @Jan: Fehler machen und eingestehen ist doch schon super – so weit ist der genannte Kollege noch längst nicht!
    Er wurde nebenbei nicht mal provoziert. Und nicht jedes zornige Wort erfüllt den Tatbestand der Beleidigung.
    Im übrigen geht es mir wie Rolf – wenn das mein Kind trifft, bin ich morgen beim Schulleiter und im Wiederholungsfall beim Rechtsanwalt…

  5. Während meiner Zeit im kath. Knabenseminar hat mir der Priester nach der Eucharistie im Schlafsaal links und rechts eine gescheuert. Begründung: Ich kam mit kurzer Hose zum Altar und damit „unwürdig“. Hat mich nachhaltig irritiert, weil keine weitere Klärung stattfand und im Blick auf freikirchliche Ängste, beim Abendmahl unwürdig teilzunehmen, sensibilisiert.

  6. Bei uns waren auch Beschimpfungen dieser Art an der Tagesordnung, wobei wir sicherlich auch nicht die „brävsten“ Schüler waren. Erstaunlicherweise machte es immer einen großen Unterschied, ob ein Lehrer sich danach für eine verbale Entgleisung entschuldigt hat (und man die Strafarbeit trotzdem machen musste^^) oder eben nicht. Was ich schon auch ins Feld führen möchte ist, dass es (was interessanterweise von älteren Jugendlichen / Schülern moniert wird) Tendenzen gibt, sich respektlos gegenüber Erwachsenen, Lehrern oder einfach Älteren zu verhalten. Die hohe Kunst besteht nun darin, sich eben nicht auf diese Ebene herunterziehen zu lassen und trotzdem Grenzen aufzuweisen. Und nebenbei – Lehrer sind Menschen, ja, doch, es ist so ;)! Wenn kleine Fünftklässler größere Schüler ohne mit der Wimper zu zucken „Vixer“ oder „Schlampe“ nennen und dann die älteren Schuler dafür belangt werden, wenn sie sich dagegen wehren, dann stimmt da auch etwas im „System“ Schule nicht mehr. Wir haben uns derlei Knilche damals einfach mal zur Brust genommen und dann wars gut in den meisten Fällen. Man konnte sozusagen auch „entspannter“ mit solchen Themen umgehen. In einer überregulierten Schule ist das aber leider nur noch selten möglich, da ja sofort alles Missbrauch, Mobbing oder sonstwas ist (ohne diese dabei herunterzuspielen!!). Ich finde es immer relativ leicht, Dinge auf Lehrer abzuwälzen, die eigentlich ins Elternhaus gehören. Zum Thema unwürdige Pfarrer… auch ich wurde von so einem Exemplar unter Kopfnüssen aus der Kirche herauskonfirmiert^^.

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