Der hohe Mac-Anteil bei ermergenten Happenings ist verschiedentlich schon aufgefallen. Apples “Think different” ist sicher ein gutes Motto: Hier tummeln sich Early Adopters, der creative fringe, und was einem sonst noch an soziologischen Klassifizierungen einfallen mag.
Mich hat der angebissene Apfel aber auch daran erinnert, dass die Postmoderne ein starkes Gefühl für verlorene Unschuld entwickelt hat. Was die Politik angeht, ist das in Europa vielleicht stärker als in den USA: das Misstrauen gegen unsere Lösungen für die Probleme anderer – vor allem, wenn man das mit Gewalt durchsetzen muss.
Beim Betrachten des NS-Dokuzentrums mit unseren Gästen fiel aber auch auf, wie unsere Sprache und Medien im Zuge der NS-Propaganda ihre Unschuld verloren. Die Slogans der Werbung heute haben es auch nicht leichter gemacht, die wieder zurück zu bekommen, also leben wir seither mit einer Hermeneutik des Verdachts. Das Vietnam-Trauma hat nicht ausgereicht, um die amerikanische Zuversicht, in der Welt gehe es um “Gut gegen Böse und am Ende gewinnen wir” (so sagte das einst Bruce Willis) zu zertrümmern. Und die christliche Variante dieser Weltsicht gibt es leider auch nicht nur in den Staaten.
In der Kommunikationsgesellschaft ist alles schon irgendwo einmal gesagt worden. Wir reden also ständig in Zitaten. Umberto Eco hat darauf hingewiesen, dass der Verlust der Unschuld nur durch Ironie wett gemacht werden kann. Ein Mann möchte einer Frau sagen, dass er sie wahnsinnig liebt. Damit das nicht als abgedroschene Phrase erscheint, sagt er aber: Barbara Cartland würde sagen “Ich liebe dich wahnsinnig”. Wenn die Frau diesen Satz versteht, ist die Liebeserklärung angekommen, aber ohne plump vordergründig zu sein.
An dieser Stelle setzt auch Pete Rollins‘ How (Not) to Speak of God an: Nicht nur ist alles schon gesagt über Gott im Guten wie im Schlechten, sondern unsere Begriffe werden ihm gar nicht gerecht. In dem Augenblick, wo wir Definitionen versuchen, berauben wir Gott seiner Freiheit und schaffen einen Götzen (hier liegt der tiefere Sinn des Bilderverbotes). Weil wir aber nicht aufhören können, von Gott zu reden, muss auch das mit einer gewissen Ironie gegenüber uns selbst geschehen, einem Bewusstsein unserer unzureichenden Möglichkeiten und einem Misstrauen angesichts unserer gemischten Motive und theologischen Machtspielchen.
An all das erinnert der angebissene Apfel mich jeden Tag…
Technorati Tags: Ironie, Hermeneutik, Unschuld
Wow 😉 – an all das hat mich der angebissene Apfel noch nie erinnert …
Hehe, ích glaub, ich bin eher ein „critical adaptor“. Ich mach mich immer erstmal über Trends lustig, wehre mich mit Händen und Füßen gegen sie, um dann eines Tages doch noch zu adapten, kurz bevor sie wieder uncool sind. Von daher: es dauert bei mir wohl noch 2 Jahre, bis ich n Mac haben werde…
Aber das mit der Sprache ist ein guter Punkt. Ich habe in Zusammenhang mit Liedern auch über Ironie nachgedacht.
„In der Kommunikationsgesellschaft ist alles schon irgendwo einmal gesagt worden.“
Karl Valentin würde dazu sagen: „Es ist zwar schon alles gesagt worden, aber noch nicht von allen.“