Eine Theologie des Blühens

Ich bin kürzlich in einem Aufsatz von Hanna Strack über Hildegard von Bingen auf folgenden interessanten Gedanken gestoßen: Strack plädiert für eine „Theologie des Blühens“ und stellt diese in einen Kontrast zur traditionellen „Theologie der Mortalität“, die sie so beschreibt:

… die bisher überwiegend gelehrte und gepredigte Theologie der Sterblichkeit aller Menschen [betont] die Hinfälligkeit, Fehlerhaftigkeit, das Schuldbewusstsein und die Angst. Diese zielt auf Erlösung durch die strafende und barmherzige Gottheit.

Während Strack das biblische Motiv des Blühens mit (vor allem auch explizit weiblicher) Fruchtbarkeit verbindet, könnte man, um eventuell problematische Parallelen zu Fruchtbarkeitskulten oder Esoterik zu meiden, die „Theologie des Blühens“ auch von Auferstehung und Neuschöpfung her denken und sagen, dass Gott in der Sendung Christi seine Liebe zum Leben erweist und sie mit der Auferweckung bestätigt als die grenzenlose, überströmende Lebenskraft und -fülle, die selbst das verwelkte und beschädigte Leben erneuert und verwandelt.

Denn für Hildegard von Bingen hat die „Grünkraft“ auch mit dem Heiligen Geist zu tun, der nach dem Neuen Testament nicht nur in der anfänglichen Schöpfung wirkt, sondern auch die Kraft ist, durch die die Welt und die Menschheit neu geschaffen wird. So kann Hildegard, wie Strack zeigt, Christus als schöne Blume bezeichnen und von ihm sagen: „sie schenkte ihren Duft all den Gewürzen, die da dürre waren. Da prangten alle sie in sattem Grün“.

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2 Antworten auf „Eine Theologie des Blühens“

  1. Mir fällt auch auf, wie wenig über die Heilsbedeutung der Auferstehung geredet wird. Die geht nämlich bei der sich jährlich wiederholenden Diskussion um die Kreuzes- bzw. Sühnetheologie regelmäßig unter.

    1. @Christian02: Das stimmt, ich habe mich neulich mit einer Musikerin darüber unterhalten, die auch unter den aktuellen Lobpreisliedern ganz wenig Passendes für Ostern fand, und uns fiel auf: meistens erscheint die Auferstehung dann am Ende eines Liedes über Kreuz und Sühne, sozusagen als Ausrufezeichen hinter dem Karfreitag.

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