Nablus im Westjordanland, wir haben mit den Frauen vom Bait al Karama Slow Food gekocht und gemeinsam zu Mittag gegessen. Nun wandern wir gemeinsam durch die Gassen der Altstadt. Wir besuchen einen Gewürzladen und auf dem Weg dorthin kommen wir an einem rußgeschwärzten Gebäude vorbei, das seit einem Angriff der Israelis ausgebrannt ist.
An anderen Stellen wird die historische Bausubstanz renoviert und dann sieht man, wie wunderschön diese Stadt sein kann. Westliche Besucher sind hier selten, aber wir werden überall sehr freundlich empfangen. Auf einem der engen Plätze stehen Kinder. Ein kleiner Junge kommt auch mich zu. Es gestikuliert, dass ich ein Foto von ihm machen soll.
Und dann schaut er ganz still in meine Kamera. Unsere ganze Gruppe hält den Atem an. Ich gehe in die Knie, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein, und löse aus. Auf dem jungen Gesicht leuchtet die ganze Würde dieses Menschenkindes auf. Wortlos bestaunen wir die Offenheit und Verletzlichkeit. Ich zeige ihm das Bild, bedanke mich und wir verabschieden uns. Aber die kurze Begegnung geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ich habe das Foto ein paar Tage später an eine unserer Begleiterinnen geschickt. Vielleicht erreicht es den Jungen ja irgendwie. Ich hoffe, er erfährt, dass wir an ihn denken. Und dass wir nicht vergessen, in welcher schwierigen wirtschaftlichen und politischen Lage seine Familie und seine Stadt sich befinden.
Es ist jener stille Moment, der mich vielleicht mehr als alles andere verändert hat auf dieser Reise. Wir sind alle verletzliche Menschen. Wir werden alle mit einer Sehnsucht danach geboren, in Frieden zu leben und offen für einander zu sein.