Lieber Peter Rollins,
seit dem Apostel Paulus ist es keinem christlichen Theologen mehr gelungen, eine „Narrenrede“ im Stil von 2. Korinther 10 hinzulegen. Paulus, der den von obskuren „Superaposteln“ verwöhnten Korinthern nicht nur paradox den Spiegel vorhält, in dem sie ihre eigene Blasiertheit erkennen konnten, sondern der auch noch den Jargon und die Superlative seiner Kritiker ins Absurde zieht. Und der dreist genug ist, von der äußeren Armseligkeit seiner eigenen Existenz die Verbindung zu leidenden Christus zu ziehen.
Doch jetzt, das muss ich anerkennend sagen, hat Paulus in Dir einen kongenialen Nachfolger gefunden. Und ein paar Zeilen Werbetext reichen dazu aus:
the Idolatry of God event has been carefully curated to provide a stage upon which the most innovative and paradigm shifting evolution in Christian thought and practice can be presented. Calling into question the most basic assumptions concerning faith that are shared by theists and atheists alike a radical form of faith collective will be explored that has the potential of usurping the dying church in its currently existing form.
Einfach genial, wie Du hier die Superlative des frommen Marketing vorführst: Der „innovativste Ansatz überhaupt“, und zwar nicht nur Theologie, sondern auch Praxis. Hoch überlegen, egal ob man der „sterbenden Kirche“ angehört oder schon Atheist ist. Und dann wird auch noch eine feindliche Übernahme der Konkursmasse religiösen und areligiösen Denkens in Aussicht gestellt. Weltherrschaft!
Christen und Atheisten werden ihre Grabenkämpfe aussetzen und auf deine Provokation anspringen. Sie werden Dich als neuen gemeinsamen Feind entdecken, ihre Differenzen begraben und vereint gegen Dich antreten. Und damit wird Dir gelingen, was seit 200 Jahren oder mehr nicht möglich war, nämlich Frieden zu schaffen in einer ganz neuen Dimension.
Denn Dein Ziel ist es ja gar nicht, sie zu überwinden oder zu widerlegen – zumal Dein Cocktail aus zusammengewürfelten Paradoxien von Johannes vom Kreuz, Heidegger/Bultmann, frühem Barth und Zizek alles ja andere als bahnrechend neu ist – sondern sie mit der Aussicht auf einen leichten Sieg im theologischen Boxkampf zum Übermut zu verleiten und dazu zu bringen, am Ende über ihre eigenen Füße zu stolpern – Dekonstruktion im wahrsten Sinn des Wortes. Argumentativ ist den Taschenspielertricks, mit denen Du Glauben und Unglauben ständig vertauschst, ja gar nicht beizukommen. Wer es versucht, hat schon verloren, weil Du Dich im entscheidenden Moment in ein unscharfes „Kollektiv“ verwandelst, dessen Position unbestimmbar ist.
Und schließlich führt das Hypermarketing für Euren Event in Belfast die Superlativrhetorik des frommen Kommerzes und Konferenztourismus souverän vor. Wenn die ganz Unentwegten dann im April bei Euch auf der Matte stehen, werden sie nichts anderes sehen, als ein paar nachdenkliche Leute, die sich redlich mühen, das mit Jesus irgendwie zu kapieren und praktisch umgesetzt zu bekommen, und die dabei irren und scheitern. Sie werden sehen, dass sie das dort, wo sie sind und leben, auch ganz leicht schaffen, gern dahin zurückkehren und sich zusammen mit anderen unspektakulären Leuten fragen, was es wohl bedeutet, Gott und ihren Nächsten zu lieben. Denn wer genau hinsieht, erkennt in Dir trotz der theatralischen Pose des Besserzweiflers den weinenden Propheten, der die „sterbende Kirche“ liebt und ihre Auferweckung ersehnt.
Daher suggeriert das Projekt „Pyrotheology“ ein rauschendes Feuerwerk, das in Wirklichkeit aus einem einzigen Knallfrosch besteht – aber wir beide wissen ja auch: Schon ein Knallfrosch reicht aus, dass jemandem, der hoch zu Ross daherkommt, der theologische Gaul durchgeht. Und wenn darnach einem solchen schmerzhaften Sturz alle demütig und rechtschaffen ernüchtert über sich selbst begriffen haben, dass sie nur da stark sind, wo sie zu ihrer Schwäche stehen und sich gegen allen Augenschein an Gott halten, dann ist das Ziel erreicht und die Evolution 1950 Jahre nach Paulus ans Ziel gekommen. Gott sei Dank! Das neue Zeitalter ist angebrochen, Phönix emergiert aus der Asche toter Tradition und die widersprüchliche Widerspruchsfreiheit bisheriger Inkarnationen des Glaubens weicht einer widerspruchslosen Widersprüchlichkeit, der sich niemand mehr entziehen kann. Halleluja.
Peter Rollins hat für mich kaum noch christliches zu bieten: In seinen Büchern dekonstruiert (so sagt man wohl in EC) alles, was letztlich den christlichen Glauben ausmacht. Was bleibt? Eigentlich nur noch Toleranz, Nächstenliebe, und noch ein wenig Mysterium. Seine gottesdienstlichen Experimente haben keinen christlichen Inhalt, nur Kritik, hinterfragen, zweifeln. Es bleibt letztlich nur mehr Form, kein Inhalt.
Seine Sicht in irgendeiner Weise mit Paulus in 2. Kor. 10 zu vergleichen halte ich, nun ja, für sehr zweifelhaft.
Es ist doch ziemlich einfach:
Joh 3,18: „Wer an ihn glaubt, der wird nicht verurteilt werden. Wer aber nicht an den einzigen Sohn Gottes glaubt, über den ist wegen seines Unglaubens das Urteil schon gesprochen.“
Das ist für manche Menschen Blödsinn:
1. Kor. 1, 18: „Dass Jesus Christus am Kreuz für uns starb, muss freilich all denen, die verloren gehen, unsinnig erscheinen. Wir aber, die gerettet werden, erfahren gerade durch diese Botschaft vom Kreuz die ganze Macht Gottes.“
Ich bin froh, dass ich dies einfach annehmen kann.
Können Sie mir als normal Sterblichen den obigen Text erklären? Können die Theologen einen Text nicht so schreiben, dass er auch verstanden werden kann?
So geht es mir auch… Ich bin Informatiker. Insiderwitze unter Informatikern rufen vermutlich eine ähnliche Reaktion hervor. Ändert aber nichts am theologischen (Nicht-)Fundament von Peter Rollins.
Sorry, nein, keine Erklärungen.
🙂 Die Intelligenz-Elite lässt grüßen
was nutzt es dann?
auf überhobenes blabla mit überhobenem blabla geantwortet. Warum lese ich mir das durch?
1Tim 4,16 Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre; bleibe beständig dabei! Denn wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche auf dich hören.
kann man in obigen Text leider nicht entdecken…
Ui, heute ist wieder fromme Trollparade. Im Ernst, Leute: Mit solchen Texten auf diesem Blog müsst Ihr leben. Es gibt ja noch genug anderes im Netz. Würdet Ihr mich fürs Schreiben bezahlen, dann wäre das Gemecker vielleicht ok. Aber es wird ja niemand gezwungen, das hier zu lesen. Umgekehrt bin ich auch nicht verpflichtet, jeden deplazierten Kommentar hier stehen zu lassen. Ok?
„Ui, heute ist wieder fromme Trollparade.“
Ui, mit solchen Äußerungen machst du dich aber ziemlich unglaubwürdig, siehe deine vollmundige Kritik an „Liebe den Sünder, hasse die Sünde“. Uns kannst du ja problemlos die volle Breitseite geben, ja?
„Umgekehrt bin ich auch nicht verpflichtet, jeden deplazierten Kommentar hier stehen zu lassen. Ok?“
Verpflichtet bist du selbstverständlich zu gar nichts. Nur, wie kommst du zu dieser überheblichen Aussage, dass die Kommentare hier „deplaziert“ seien?
Irgendwie passen die Aussagen deiner Texte nicht zu deinem Umgang mit deinen Lesern. Zumindest zu den Lesern, die sich kritisch mit deinen Beiträgen auseinandersetzen, nicht zu den Lesern, die dir begeistert zustimmen.
Nur um sicherzugehen, dass du uns wirklich als Trolle bezeichnen möchtest. Das sind Trolle laut Wikipedia:
„Als Troll bezeichnet man im Netzjargon eine Person, die Kommunikation im Internet fortgesetzt und auf destruktive Weise dadurch behindert, dass sie Beiträge verfasst, die sich auf die Provokation anderer Gesprächsteilnehmer beschränken und keinen sachbezogenen und konstruktiven Beitrag zur Diskussion darstellen. Ein gelegentlich gebrauchtes Synonym ist Twit (engl: Dummkopf).“
Ist es das, was du sagen möchtest?
Wenn sich ein Blog „Elia-Gemeinschaft“ nennt, dann erwartet man doch als Leser, dass diese Seite den Geist Elias (radikal, kompromisslos, auferbauend, das Böse hassend, Gott liebend usw.) wiederspiegelt. Seht es nicht als persönliche Kritik, aber: Auf diesem Blog ist davon nichts zu sehen. Wenn ihr Euch christlich nennt, dann solltet ihr auch das Evangelium verkünden. Das was hier verkündigt wird, ist zwar verwobene Theologie, aber kein Evangelium. Jesus steht nicht im Mittelpunkt und von Gottes Wort liest man so gut wie gar nichts.
„Evolution 950 Jahre nach Paulus ans Ziel gekommen“
Sollen dass 1950 Jahre sein oder habe ich es nicht verstanden?
Danke für diesen Brief, den ich als Informatiker^^ (der aber zwei Rollinsbücher gelesen hat) sehr amüsant fand.
äh, 1950, klar. Danke für den Hinweis, Kilian, ich bessere es gleich aus oben!
Leider sind nicht alle des englischen mächtig. Es gibt noch „Saurier“, die es damals nicht in der Schulde gelernt haben. Deshalb wäre eine Übersetzung hilfreich.
Ui, manchmal wünsche ich mich ins exegetische Proseminar, Abschnitt „Formgeschichte“ zurück, um mal zu klären, was eigentlich die Eigenschaften der Gattung „Blog“ sind.
Bisher sehe ich einen Blog als Äußerung persönlicher Gedanken einer Einzelperson, ohne Anspruch, eine Predigt oder ein Traktat zu sein, eventuell mit dem Charakter von Disputationsthesen.
Der Hinweis auf die Adresse der Gemeinde leuchtet mir allerdings ein. Dadurch könnte durchaus der Eindruck entstehen, hier handele es sich um offizielle Verlautbarungen der Elia-Gemeinschaft. Dann wäre Verständlichkeit durchaus ein Anspruch.
Vermutlich verlangt die Diskussion darüber einen eigenen Artikel. Sofern der Betreiber sie führen möchte.
@Andreas: Dieser/dieses Blog ist (abgesehen vom Domainnamen, der freilich nicht der Titel ist) leicht erkennbar das Werk eines Einzeltäters. Es schreiben hier ja keine anderen Autoren. Und die allermeisten Leser ordnen das ganz richtig ein, so wie Du. Ich denke, damit ist alles gesagt.
Bei 17 Kommentaren war ich tatsächlich versucht zu denken, es handle sich um eine interessante Auseinandersetzung im Kommentarbereich – naja. Deinen Artikel finde ich natürlich treffend, auch wenn er mich etwas schmerz, da ich im Zugang von Rollins eine Menge Potential sehe und mich ab und an frage was daraus hätte werden können, jenseits dieser Großspurigkeit …
@Daniel: Ich frage mich das auch – und wo der Punkt war, wo es angefangen hat, unglücklich zu laufen. Er hat ja durchaus interessante Ideen und unkonventionelle Perspektiven.
Ja ich denke ein wichtiger Punkt war die Umsiedlung nach Amerika, die Hype-Kultur (die ja irgendwie nach soetwas gesucht haben muss!), der amerikanisch-christliche Buchmarkt, und: vielleicht spricht er ja in der Tat auch Themenfelder an, die jetzt immer noch im amerik. Diskurs interessant sind. Bei uns sehe ich nicht diese explizite Zuspitzung auf ein Thema (nämlich ein Zuviel an religiöser Gewissheit). Btw: lehnt er sich tatsächlich an Barth und Bultmann an? Weil er ja bisher kaum Theologen außer Bonhoeffer zitiert hatte.
Was mich wirklich nervt, ist dass er bewusst im Namen der Emerging Conversation auftritt. Hier wäre wirklich mal eine Überlegung, ob man in irgendeiner Form eine Verlautbarung macht, die verdeutlicht, dass wir gerne uns nicht in dieser Form einnehmen lassen möchten.
Wie schon an anderer Stelle gesagt: am meisten ärgert es mich, weil ich ja thematisch in ähnliche Richtungen gehe und er durch seine publikumswirksamen Übersimplifikationen wirklich auf mittlere Sicht theologisch anspruchsvolle Arbeit mit poststrukturalistischen Denkern eher erschweren dürfte.
Ja, ich wusste z.B. gar nicht, dass er nicht dem EC zuzurechnen ist bzw. diese Bewegung nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden will.
@Arne: Barth und Bultmann (er hat schon einen recht existenzialistischen Zug hin und wieder) sind vielleicht auch nur Anklänge, er ist ja mehr Philosoph als Theologe. Da nennt er hin und wieder auch Namen und Quellen; es kann tatsächlich sein, dass er von Theologie wenig weiß, zumal deutschsprachiger. Vielleicht ist der Fetzen Bonhoeffer das einzige, was er kennt. Zumindest versucht er ja gar nicht, das in Bonhoeffers Gesamtwerk einzuordnen und da irgendwelche Querverbindungen herzustellen.
Für mein Empfinden spiritualisiert er ja das Kreuz (d.h. er funktioniert es zu einer inneren Verlusterfahrung im Sinne der dunklen Nacht der Seele um) und schweigt sich zur Auferstehung so massiv aus, dass man schon fragen muss, welche Rolle sie bei ihm überhaupt noch spielt.
Aber das Marktschreierische finde ich am Allerschädlichsten, weil es zumindest für unsere Ohren sehr überheblich klingt, und weil ich manchmal den Eindruck habe, er weiß gar nicht, was andernorts gedacht und gelebt wird, aber wischt es mit ein paar abwertenden Bemerkungen beiseite. Und dieses traditionsvergessene „Hoppla, jetzt komm ich“ ist zwar ganz putzig, aber gänzlich unemergent und schrecklich modern.
Aus meiner Sicht ist eine Distanzierung nicht nötig. Er ist eine Stimme unter vielen im emergenten Dialog. Wer sich etwas genauer damit beschäftigt stellt das fest.
Schade finde ich, dass er auf die Art und Weise wie er kommuniziert das was er kommuniziert in den Schatten stellt oder gar konterkariert.
Trollparade…jaja, ein echter „Shitstorm“ ist das…
Come on, Verlautbarung/ ‚Distanzierung‘ von einem Philosophen, der sich ein wenig zu gerne selber hört, seinen Lebensunterhalt aus seinem „Werk“ jenseits der Anstellung an einer Uni („Forschung“) versucht zu bestreiten und den Fehler macht, sein eigenes Marketing-Team zu sein? Ist es schon so weit gekommen, dass man sich von hierzulande eher kaum beachteten Stimmen distanzieren muss? Muss die ‚Reinheit der Bewegung‘ sichergestellt sein? Meine Güte- da legt aber auch jemand ein ganz großes Kanonenrohr auf für ein verhältnismäßig kleines Spätzlein.
Man wird amerikanisches Dick-Auftragen genauso wenig ändern können wie die Amerika-Skepsis der europäischen Intellektuellen. Warum sich damit überhaupt in einem Blog-Artikel beschäftigen? Welche alltägliche Relevanz hat das? Diejenigen, die sich hierzulande die Mühe machen, Rollins auf Englisch zu lesen (da in Ermangelung einer Übersetzung) werden doch die Großspurigkeit automatisch als abgedroschen wahrnehmen und die methodischen Unsauberkeiten springen einem auch förmlich ins Gesicht. Wir können gerne Glossen schreiben und verbreiten über die Arroganz im Marketing eines Mannes, der gerne leben können würde von dem was sein Hirn fabriziert, und wir können über das eventuelle Verpuffen eines vielversprechenden Perspektivenwechsel jammern (im Sinne des aktuell so heiligen ’sola interdisziplinär‘), welches mit der Übersiedlung des Autors in wirtschaftlich lukrative Gefilde einherzugehen scheint.
Aber ist es nicht sinnvoller, die paar guten Gedanken aufzupicken, die Unsauberkeiten auszubessern, das Ganze weiterzuverarbeiten und den dick aufgetragenen Schmand dick aufgetragener Schmand sein zu lassen? Ein christlicher pseudo-Zizek ist für mich eine Bereicherung- und mittlerweile kenne ich mehrere Menschen, die das existenziell beeinflusst und ihnen hilft, als Intellektuelle doch noch irgendwas mit dem christlichen Glauben zu tun zu haben. Das sind jetzt meistens theologie-fachfremde Intellektuelle und Künstler, die man in der warmen, süddeutschen Theologie-Stube vielleicht weniger in seinem Lebensumfeld hat. Post-Pietismus bzw. -Evangelikalismus ist nunmal nicht jedermans Schlachtfeld und es täte der Emergenten Bewegung gut, solche partiellen Ansätze (‚Pyrotheologie‘) mit offeneren Armen aufzunehmen und kreativ weiterzuspinnen um auch stärker auf dem Flügel zu werden, dessen Lebensthema es nicht ist, sich von rechts-konservativ freizustrampeln, sondern der Glauben, Intellekt und Gemeinde verzweifelt versucht doch irgendwie noch zusammenzubringen (sprich: eine christliche Bohéme stärken, statt vor allem die Themen des der Herkunfts-Gemeinde ‚entwachsenen‘ Bürgertums hin- und herzubewegen). Glossen sind ein schönes Stilmittel und wären dafür auch zu gebrauchen, aber der tiefere Sinn entzieht sich mir bei dem konkreten Fall. Sollte der gute Pete einmal auf deutsch in den hiesigen Buchmarkt eindringen, dann ist das in meinen Augen ein anderer Fall.
Guter Punkt, Tim!
Es war ja nur tatsächlich mal eine Idee gewesen, ihn einzuladen oder gar ein Buch von ihm zu übersetzen. Da liegt ja für mich das traurige: ich würde ja manche der Stränge aus Rollins Werk gerne mehr sehen, nur zeigt er für mich gerade teilweise wie man es nicht machen sollte. Rilke hat mal geschrieben, dass junge Poeten nicht den Fehler machen sollen, alle äußeren Eindrücke gleich frisch zu „verdichten“, sondern die Poeten sollen die Eindrücke und Erfahrungen vergessen und unter der Oberfläche weiter wirken lassen, so dass sie dann gereift zu einem großen Gedicht werden können. Rollins hat für meinen Begriff zu schnell die Eindrücke durch poststrukturalistische (und psychoanalytischer) Religionsphilosophie aufgenommen und hat sie nicht langsam reifen lassen, sondern sie sehr schnell zu eigenen Büchern gemacht.
Übrigens: das mit den Post-Evangelikalismus ist zwar sicher ein Punkt, aber wenn dann scheint es mir Rollins Punkt zu sein. Und genau der Punkt, an dem ich ihm die Relevanz absprechen würde: ist „unser“ Problem in Europa im großen und ganzen wirklich ein Zuviel an religiöser Gewissheit? Und: wer genau vertritt eigentlich „Onto-Theologie“? Ich kenne niemanden. Ich lese Rollins Werk vor allem reaktiv, als eine (trotzige) Antwort auf eine gewisse fromme Subkultur. Ohne diese Subkultur würden seine Bücher nicht funktionieren und er wäre auch nicht erfolgreich damit.