„Der Arbeiter ist seines Lohnes wert“

Über diesen Satz in Lukas 10 bin ich neulich gestolpert. Bisher hatte ich das immer so gelesen, dass die „Arbeit“ der ausgesandten Jünger in diesem Kapitel darin besteht, in den Dörfern und Städten Galiläas das Evangelium vom Reich Gottes zu verbreiten, dafür bekommen sie dann auch etwas zu essen. Ihre „Mission“ ist strikt auf Verkündigung beschränkt.

Was aber, wenn der einleitende Satz mit der „großen Ernte“ nicht nur metaphorisch gemeint war und tatsächlich Erntezeit war? Wenn dann jemand als Gast in ein Haus kommt und da einige Tage bleibt, sitzt er vermutlich nicht den ganzen Tage däumchendrehend in der Ecke, während seine Gastgeber auf dem Feld oder im Weinberg rackern. Er geht mit und packt an. Und abends essen dann alle zusammen und erzählen Geschichten.

Der Gast wird zum freiwilligen Erntehelfer und damit nicht zu einer weiteren Belastung ausgerechnet in stressigen Zeiten. So gesehen müssten wir intensiv darüber nachdenken, was das heute bedeuten würde. da sind Familienleben und Arbeit völlig anders organisiert. Aber damit das Evangelium bei manchen Leuten „ankommt“, müssen wir vielleicht wirklich zusammen arbeiten. Nicht unbedingt nur im Sinne von Büro- oder Fabrikalltag, vielleicht auch gemeinnützige „Arbeit“, Bürgerinitiativen, politisches Engagement und ähnliche Dinge. Das findet ja auch oft schon statt. Nur haben wir es bisher nicht immer in Beziehung zu diesem Auftrag Jesu gesetzt…

Share

9 Antworten auf „„Der Arbeiter ist seines Lohnes wert““

  1. Interessanter Gedanke und in den Konsequenzen sicher richtig.
    Paulus zitiert das Sprichwort in 1. Tim 5,18 auch und deutlich auf die geistliche Arbeit bezogen.
    Interessant wäre eine Forschung in der Umwelt des NT, wie verbreitet diese Art der Mission war und wie Gastgeber allgemein mit den Jüngern eines Rabbi umgingen. Vielleicht hatten diese einen Sonderstatus und mussten nicht mitarbeiten. Vielleicht haben die Jünger Jesu das bewusst durchbrochen. Vielleicht war es aber auch üblich, dass ein „Wandermissionar“ im Haus mithalf, wie Du vermutest.
    Gibt es dazu irgendwelche Ergebnisse?

  2. Ich weiß es nicht. Und es wäre ja keineswegs sicher, dass sich die Jünger wie Rabbinenschüler verhalten – das haben sie ja an anderen Stellen auch nicht…

  3. Sicher, „…An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ (Mt. 7,16).
    Woran ich allerdings denken muss, ist nicht das die („großen“) Kirchen nicht zu wenig soziale Arbeit täten, sondern das sie dabei das Personal (was diese Arbeit tut) bis auf Blut ausbeuten. Und ich weiß wo von ich rede! Ich hab >10 Jahre in der Branche gearbeitet.

    Nietzsche hatte sich mit dem Phänomen „Märtyrertum“ in seiner Schrift beschäftigt. Darin zeigte er überzeugend auf, das wahrscheinlich nicht wenige „Märtyrertum wieder willens“ sind. 8Jesus würde ich da auch nicht so ohne weiteres ausnehmen). Schaue ich mir die Löhne im sozialen Bereich an (vor allem bei den kirchlichen Trägern mit ihrem so genannten „Dritter Weg“) sehe ich da jede menge „Märtyrertum wieder willens“. Worin da die „Frohe Botschaft“ sein soll, die die „Großen Kirchen“ damit verkünden wollen, ist dann die Große Frage!

    Gruß

    Olaf

  4. Ein bisschen mehr gemeinnütziges Engagement kann man sich wirklich wünschen. Habe kürzlich in der Schweiz mit jemanden (selbst Chist) gesprochen, der ein betreutes Wohnprojekt für Jugendliche startet. Er hat viele Spenden bekommen: von Supermärkten, Firmen, den Landeskirchen etc. Von Freikirchen? Fehlanzeige!

  5. Eigentlich ist in Lk. 10 die „Arbeit“ der 70 Jünger doch gar nicht auf Verkündigen beschränkt. Es ist doch die Rede von Verkündigen und Kranke Heilen.
    Ich würde vermuten, dass sie damit schon alle Hände voll zu tun hatten. (?)

  6. @ Jürgen: Stell es dir einfach mal praktisch vor. Du kommst in ein Dorf. Alle leben von der Landwirtschaft. Es ist Erntezeit. Tagsüber ist gar niemand zuhause von Deinen Gastgebern. Die sind alle draußen und arbeiten (die drei Kranken im Dorf hast Du schon geheilt, die sind jetzt auch arbeiten). Wenn Du nicht doof rumsitzen willst, was tust Du?

  7. @Peter: Ich kann mir das mit dem Mitarbeiten total gut vorstellen. Ich hab so ein eindrückliches Beispiel im Kopf von Sundar Singh, der in Indien als christlicher Wanderprediger unterwegs war. Den haben sie mit Steinen beworfen als sie gemerkt haben er ist ein Christ im Sadhu-Gewand. Dann ist ein Feldarbeiter krank geworden, der Wanderprediger nimmt seine Sense, mäht den ganzen Tag mit den andern, und so gewinnt er das Vertrauen der Menschen, wird zum Essen eingeladen, und abends kommen sie dann ins Gespräch. Das ist wunderbar, und sehr zum Nachahmen empfohlen. Und die „Zeltmachertätigkeit“ des Paulus ist ja auch ein geflügeltes Wort geworden.
    Ich habe nur leise Zweifel, ob das die Situation aus Lk 10 war. Jesus schickt die 70 aus zum Heilen und Verkündigen, nach dem Muster wie er selbst es praktiziert hat. Als Jesus geheilt hat, haben sie ihn entweder angefeindet, oder sie sind in Scharen herbeigeströmt, um auch geheilt zu werden und ihn zu hören. Jesus musste manchmal regelrecht das Weite suchen, um wieder ein bisschen Stille zu finden. Ich denke das ist dort, wo Wunder passieren, auch ziemlich natürlich. Eine Reaktion der Art: „Schön, ein paar geheilt, ein paar Worte gesagt, jetzt aber wieder ab aufs Feld!“, ist eigentlich schwer vorstellbar.

  8. Bezüglich der Arbeit mit den Menschen, besonders im sozialen Bereich, bin ich ganz deiner Meinung. Aber ich bin wie Jürgen auch nicht der Meinung, dass dieses Bibelstelle diesen Hintergrund hat, sondern klar auf Verkündigung und Wunder zutrifft.

Kommentare sind geschlossen.