Hin und wieder frage ich mich, ob bestimmte christliche Richtungen den Gruselfilmern nicht kräftig zuarbeiten, indem sie eine etwas plumpe Dämonologie pflegen, die “Geistern” ein hohes Maß an Individualität und Persönlichkeit zuschreibt und damit die Aufmerksamkeit in eine problematische Richtung lenkt. Das lässt sich zwar toll in irgendwelche Fantasiefratzen umsetzen, zumal man da beim Bildmaterial des Aberglaubens (wollen wir den wiederbeleben?) der verschiedensten volkstümlichen Überlieferungen Anleihen machen kann. Ob es aber dem Neuen Testament gerecht wird, ist eine andere Frage.
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Kleiner Wirtschaftskrimi
Zwei Konzernbosse (neudeutsch: “CEOs”) treffen sich, um ihren nächsten Schachzug zu planen. Es geht um die feindliche Übernahme einer Konkurrenzfirma (Verzeihung: “Mitbewerber”). Der eine hat bereits Rat von seinen Analysten einholen lassen, und die haben unisono grünes Licht gegeben. Das ganze macht wirtschaftlich Sinn und verspricht gute Perspektiven, für die Unternehmen und für die Chefs. “Noch jemand, den wir hören sollten?”, fragt der andere. “Nur wenn’s unbedingt sein muss”, sagt der eine. “Ich habe da noch einen Controller, aber der findet immer ein Haar in der Suppe”. “Egal”, sagt der eine, “sicher ist sicher. Fragen wir ihn trotzdem, eine kritische Einschätzung ist wichtig.”
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Erst die schlechte Nachricht?
Ein Punkt, den – ‚tschuldigung für den Begriff, weiß jemand einen besseren? – ultra-evangelikale Kritiker an Alpha (und Willow und anderen tollen Ansätzen) kritisieren ist der, dass der Ruf zur Umkehr nicht klar oder radikal (böse Zungen würden jetzt sagen: unsensibel, plump, gesetzlich) erfolgt. Schließlich müsse man die Leute erst von ihrer Sündhaftigkeit überzeugen. Im Hintergrund wirkt der pietistische Mythos vom “Bußkampf” und hier und da die reformierte Doktrin der “total depravity”, die dazu führt, dass man bildlich gesprochen erst einmal die Aufgabe hat, die feindliche Festung mit moralischen Argumenten sturmreif zu bomben (indem man vermeintlich fehlende Schuldkomplexe erzeugt), um dann die Überlebenden mit dem rettenden Ausweg zu konfrontieren. Erinnert ein bißchen an die (wie wir inzwischen wissen: irrigen) Erwartungen der US-Truppen im Irak, die meinten, sie würden als Befreier gefeiert. Ebenso wenden sich die meisten normal empfindenden Leute von solchen Botschaften milde frustriert oder mächtig empört ab. Sie empfinden, dass hier jemand vom hohen moralischen Ross herunter über sie urteil, und es bleibt häufig nur Ablehnung hängen am Ende.
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Glaube auf Afrikanisch
Die folgende Geschichte von Vincent Donovan zeigt vielleicht etwas von der Schönheit, die ich im vorletzten Post erwähnt hatte. Gleichzeitig ein Anstoß für alle, die Narnia-Bücher wieder auszupacken, bevor im Dezember der Film in die Kinos kommt und uns vielleicht ebenso gute oder noch bessere Anknüpfungspunkte für ein Gespräch mit anderen Leuten bietet wie Mel Gibsons Passion Christi:
Monate später (…) saß ich und sprach mit einem Ältersten der Massai über die Qual von Glauben und Unglauben. (…) Er bedeutete mir, dass das Wort, das ich für ‚Glauben“ verwendet hatte, in ihrer Sprache kein befriedigender Begriff war. Es bedeutete wörtlich ‚zustimmen” Ich wusste selbst, dass dieses Wort ungenügend war. Er sagte, so zu “glauben” sei ähnlich wie ein weißer Jäger, der ein Tier mit seiner Flinte aus großer Entfernung erlegt. Nur seine Augen und Finger waren daran beteiligt. Wir sollten ein anderes Wort finden. Er sagte, wenn ein Mann wirklich glaubt, dann ist das wie ein Löwe, der seiner Beute nachstellt. Seine Nase und Ohren erhaschen die Beute. Seine Beine geben ihm das Tempo, um sie zu fangen. Die ganze Kraft seines Körpers legt er in den tödlichen Sprung und den einen Schlag mit der Vorderpfote ins Genick, der eigentlich zum Tod führt. Und wenn das Tier zusammenbricht, schließt der Löwe es in seine Arme (…), zieht es an sich und verleibt es sich ein. So tötet ein Löwe. So glaubt ein Mann. Das ist Glaube.
Störende Propheten
In The Shaping Of Things to Come haben Alan Hirsch und Michael Frost sich Epheser 4,11f vorgenommen und erfrischend neue Begriffe für die Funktionen erfunden, die sonst allzu schnell als Titel mit steilem Anspruch daherkämen. Der Prophet wird bei ihnen zum “questioner” und “disturber” (der Lehrer dagegen zum “systematizer” und “philosopher”).
Wenn man das im Kontext von Walter Brueggemanns These sieht, dass die Aufgabe des Propheten – nicht nur im alten Testament – darin besteht, einen befreienden Bewusstseinswandel zu schaffen, im Namen der Freiheit Gottes Systeme und Gedankengebäude zu untergraben, die sich selbst dienen (es also mit Betriebsblindheit und festgefahrenem Denken in “Sachzwängen” aufzunehmen), dann wird noch deutlicher, dass die beiden tatsächlich dem Nagel auf den Kopf getroffen haben.
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Christlicher Relativismus?
Ken Wilber hat zum Stichwort “Boomeritis” herausgestellt, wie leicht sich narzisstisches, egozentrisches Verhalten hinter (postmoderner?) Relativierung absoluter Normen und Autoritäten verschanzt. Dabei werden diese Normen und Autoritäten unter den (ja eben nicht immer ganz unbegründeten) Verdacht gestellt, sie festigten die herrschenden Machtverhältnisse und nutzten den Eliten, die den Rest der Gesellschaft unterdrücken.
Erschwerend kommt hinzu: Wenn tatsächlich alles total relativ wäre (so denken allerdings doch die Wenigsten), dann bleibt tatsächlich nur die fühlbare Konstante der eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Antriebe. Ich glaube, dass deshalb die Relativierung des eigenen Ego nicht zu trennen ist von der Relativierung der herrschenden Mächte in der Gesellschaft.
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Prophetisches oder imperiales Bewusstsein
Walter Brueggemanns Gedanken zur bewusstseinsbildenden Funktion von Propheten finde ich faszinierend – und sehr provokativ zugleich. Sie bringen eine ganz andere Dimension ins Spiel, die wir heute vielleicht deshalb so leicht übersehen, weil wir zu satt sind und zu „imperial“ denken? Vor knapp 100 Jahren hat Chesterton schon prophezeit, dass der Mangel an Idealen und Visionen zum Diktat der Ökonomie führen würde. Wenn man den eben beginnenden Wahlkampf betrachtet, könnte man die Lage nicht treffender beschreiben. Jede Lösung, die nicht das Bewusstsein verändert, greift zu kurz.
In der imperialen Welt des Pharao und Salomo ist die prophetische Alternative ein schlechter Witz, den man entweder mit Gewalt unterdrückt oder in Sattheit ignoriert. Aber wir sind ein umgetriebenes Volk, weil wir glauben, dass der schlechte Witz im Wesen Gottes selbst wurzelt, eines Gottes, der nicht das Spiegelbild des Pharao oder Salomo ist. Er ist ein Gott mit einem eigenen Namen, den niemand als er selbst aussprechen kann. Er ist kein Spiegelbild von etwas, denn er hat seine eigene Person und behält das alles für sich. Er ist ein Gott, der nicht vom Imperium gebilligt wurde, unbekannt bei Hofe, unerwünscht im Tempel. Und seine Geschichte beginnt mit seiner Aufmerksamkeit für die Schreie der Ausgestoßenen.
Spontaneität, Vielfalt und Struktur
Matthew Mirabile (welch ein Name…) hat in the ooze sehr lesenwerte Gedanken über Gottes komplexe Ordnung beschrieben. Spannend (und für manche sicher auch anstößig, muss ja nicht schlimm sein) ist vor allem auch dies: Jenseits des Zusammenbruchs der Moderne und des Flügels des Protestantismus, der sich an sie gekettet hatte, wartet eine größere Katholizität. Aber bevor ich jetzt alles nur schlecht zusammenfasse: Selber lesen.
Bibelschnipsel
In den letzten Jahren hat sich mein Verhältnis zur Bibel in vieler Hinsicht geändert. Das mit Sicherheit spanndendste Moment in dieser Entwicklung ist, dass ich viel mehr Zusammenhänge und Bezüge sehen kann. Es kommt mir vor wie ein kunstvolles Geflecht.
Dass ich vieles erst jetzt sehe, mag eine Sache des Alters und der Erfahrung sein. Aber vielleicht musste auch die Losungsbuch-Mentalität, die einen dazu verleitet, die Bibel als Sammlung von Spruchkartenversen zu sehen (einschließlich Tauf- und Konfirmationssprüche), Platz machen. Hier mein Bekenntnis: Ich lese seit zehn Jahren keine Losungen.
Konkordanzen helfen nicht wirklich dabei, das Wirrwarr der Puzzleteilchen zu organisieren. Im Gegenteil, oft kommt nur noch größere Verwirrung heraus, weil dasselbe Wort je nach Zusammenhang ganz unerschiedliche Aspekte ausdrücken kann. Die Bibel ist ein geschichtliches Buch, die „Logik“ liegt also in der Erzählung, und der Struktur dieser Erzählung.
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Wie natürlich ist eigentlich organisch?
Christian A. Schwarz hat mit seinem Konzept natürlicher Gemeindeentwicklung unter Praktikern großen Zuspruch gefunden. Vieles, was er schreibt, leuchtet unmittelbar ein und trifft den Nerv der Zeit: Weg vom mechanistischen Denken und starren „Modellen“ und so weiter. Die schönen bunten Diagramme tun ein Übriges. Wenigstens lesen ihn so auch viele, die sonst keine Büchwerwürmer sind.
Als ich letztes Jahr eine Arbeit über seinen Ansatz las und mich an ein paar Stellen informierte, kamen mir eine Reihe von Fragen.
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Liebe und Wahrheit
Diese Woche haben wir einen Abend lang das Thema „Wahrheit“ diskutiert. Eher von der philosophischen Richtung her denn von bestimmten Bibelstellen. Es war recht deutlich, dass der moderne positivistische Ansatz von Objektivität heute nicht mehr trägt. Wir können nicht ernsthaft zurück zu dieser naiven Weltsicht und ihren haarsträubenden Reduktionen (Die Welt/der Mensch/das Leben ist „nichts als…„).
Wahrheit lässt sich aus persönlichen Bezügen herauslösen (die sie immer in gewisser Weise relativieren, wenn auch nicht völlig). Jede Wahrheit ist „irgendjemandes Wahrheit“. Wenn N.T. Wright eine „Epistemologie der Liebe“ vorschlägt, dann wird genau die Illusion neutraler Objektivität aufgegeben. Vielleicht bedeutet es auch, wie Paulus in 1.Kor 13 zuzugestehen, dass unser Erkennen fragmentarisch ist. Deshalb braucht der einzelne die Gemeinschaft, aber auch die verschiedenen (Kirchen-) Gemeinschaften sich gegenseitig und natürlich lernt „die“ Kirche von der sie umgebenden Kultur, selbst wenn diese gar nicht christlich sein sollte – in der Bibel kann Gott durch Esel und heidnische Armeen sprechen, wenn niemand die Wahrheit hören will.
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Begriffsklärungen: „Emergent“
Nun wo Dan Kimballs Buch „the emerging church“ auf den Markt kommt, sind spätestens die Begrifflichkeiten zu klären. Vielleicht ist diese Anmerkung von Michael Welker dabei ganz nützlich – sowohl was das Vokabular als auch was die Denkrichtung und den damit verbundenen Anspruch an sich selbst angeht:
Als »emergent« bezeichnen wir Konstellationen, Zustände und Strukturen, deren Auftreten nicht aus vorausgehenden Konstellationen, Zuständen und Strukturen abgeleitet werden kann, obwohl sich mannigfaltige, beide Zustände bestimmende Elemente in ihnen durchhalten. Von emergenten Ebenen der Realität aus »wird die Welt neu gesehen« (…). Neu gesehen wird aber auch die vergangene Welt und die vormalige Identität der Elemente der Emergenz. Und es muss hinzugefügt werden: Es bleibt auch gar nichts anderes übrig. (M. Welker, Gottes Geist, S. 38)
Vorsicht, eine Organisation!?
Eine schönere Illustration für den Gedankengang von gestern hätte ich mir gar nicht ausdenken können: Emergent US hat einen Hauptamtlichen eingestellt. Riesenfehler: Man verwandte unbedarft den Begriff „Director“. Ein Sturm der Entrüstung brach aus: Es gehe gar nicht um Beziehungen, hier werde unter der Hand eine Denomination gegründet (warum das schlecht wäre, wenn es so wäre, brauchte man gar nicht zu begründen).
Heute hat emergent US korrigiert: Der Direktor ist „nur“ ein Koordinator. Das wird nur manche beruhigen, andere werden ein taktisches Manöver darin sehen und noch misstrauischer werden.
Fakt bleibt, dass Wachstum (und das erlebt emergent US erfreulicherweise!) mehr Koordination nötig macht. Damit auch mehr Organisation und, richtig, auch Leitung. Auch das ist ja nicht weiter schlimm, so lange man nicht prinzipiell und zwanghaft antihierarchisch denkt.
Vielleicht sollten manche der Beteiligten, statt Unkenrufe abzusetzen, doch mal die eigenen Denkvoraussetzungen überprüfen. Es könnte sich herausstellen, dass gerade die, die jede Art Hierarchie beklagen (meist selber „Leiter“ von irgendwas), sich gegen einen notwendigen Entwicklungsschritt stemmen. Meine Familie ist eine Wachstumshierarchie. Irgendwann werden aus ihr neue Familien entstehen. Bis dahin habe ich aber eine gewisse Pflicht, gute Ordnungen zu schaffen und aufrecht zu erhalten, damit wir als Familie wachsen, die Kinder (und wir Eltern) uns gut entwickeln.
Anders geht es ganz offenkundig nicht. Alles Gute, Tony Jones, für den Job bei emergent!
Richtige und „falsche“ Rebellen
Der Philosoph Ken Wilber hat sehr treffend analysiert, wie postmoderne Dekonstruktion und Pluralismus der „kulturell Kreativen “ (also just die von Paul Ray so bezeichnete Gruppe, in der ich jüngst im Weltbild-Test gelandet bin…) ins Leere laufen können: „Bei dem noblen Versuch (…), über die konformistischen Regeln hinauszugehen (von denen viele in der Tat unfair und ausgrenzend sind), und in dem ehrlichen Wunsch, eine starre Rationalität aufzubrechen (die in vieler Hinsicht repressiv und verdummend sein kann) – also in dem bewundernswerten Bestreben (…), postkonventionell zu werden -, hat es oft jegliches Nichtkonventionelle propagiert. Und zum Nichtkonventionellen gehört nun einmal (…) vieles, das eindeutig präkonventionell, rückschrittlich und narzisstisch ist.“ Anders gesagt: Wer bei allen aneckt, kann manchmal auch den „richtigen“ Gegner bekämpfen. Er ist damit aber noch immer kein Wohltäter, weil es ihm nur um den eigenen Vorteil gegangen ist.
Offenbar ist dieser Narzissmus auch eine Gefahr mancher neuer Ansätze von Kirche. So hat mehr als eine Gemeinde, die ich kenne, Schwierigkeiten bekommen, etwa mit dem typisch postmodern-dekonstruktivistischen Ansatz von Jim Thwaites, der institutionelle Kirche als „Konstrukt“ (!) bezeichnet, das geradezu verhindert, dass der einzelne Christ seine Rolle in der Gesellschaft wahrnimmt und erfüllt. Thwaites vermeidet es, seinerseits konkrete Modelle für die praktische Umsetzung seiner Thesen zu formulieren. Aber wo diese Theologie nun auf frustrierte oder unreife (eben narzisstische) Individuen trifft (ähnlich kann man auch mit Hauskirchen-Theologie verfahren), da wird mit einem seltsamen Eifer „reformiert“. Nur ist es eben oft leicht zu sagen, wogegen man ist, aber viel schwerer, wofür man dann positiv steht.
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Sinnlose Rechtfertigungen
Immer wieder mal werde ich auf verschiedene Kritiken am Alpha-Kurs angesprochen und gefragt, ob ich eine Antwort geben würde. Nun gibt es sicher viel Kritik, die eine Antwort wert ist. Leider gibt es aber auch etliches, zu dem man einfach besser schweigt.
Dazu gehört die Kritik aus dem biblizistisch-fundamentalistischen Lager. Sie zielt per Definitionen schon darauf ab, alles was nicht ins Konzept passt als „unbiblisch“ hinzustellen. Das ist bei den kleinkarierten Auslegungsmethoden kein Problem. Alpha steht damit in einer Reihe mit – als „evangelikal“ getarnten – Verführern wie Willow Creek oder ProChrist.
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