Vorgestern abend saß ich gegen zehn Uhr noch in der Gaststube der Berghütte. Viele hatten sich schon aufs Ohr gehauen, aber an einem Tisch in der Ecke saßen noch vier Leute. Drei von ihnen gehörten zu einer christlichen Gruppe, sie waren mit einem jungen Mann beim Essen oder beim Bier ins Gespräch gekommen.
Der Mann erzählte, dass er sich für das Mittelalter interessiere – so Dinge wie Rüstungen und Kettenhemden. Einer aus der Gruppe witterte die missionarische Möglichkeit und erklärte: Wir sind hier mit einer Gruppe und wir lesen in der Bibel. Da steht auch etwas von einer Rüstung drin, wie man sie im Mittelalter hatte. Das leicht überrumpelte Missionsopfer ignorierte den Einwurf und fuhr fort zu erklären, was ihn an den Waffen so faszinierte – Schwerter zum Beispiel. Ein anderer nutzte den neuen Einstieg als (von wem kann ich nicht mehr sagen) der Begriff “Damaszener” fiel – Damaskus kommt ja auch in der Bibel vor.
Unbeirrt kam der erste aus der frommen Truppe wieder auf Epheser 6 zurück, das er (ich wagte nicht hinzusehen) entweder vorlas oder auswendig konnte (Hut ab für diesen Fall). Diese “Waffen” müsse man gegen “Dämonen und den Teufel” einsetzen. Super! Der arme Mittelalterfan wich erneut freundlich aus und hatte spätestens da meine Sympathie ganz auf seiner Seite. Das Ende habe ich nicht mehr mitgehört, aber peinlich berührt war ich doch.
Will man das ganze nun sympathisch darstellen, könnte man auf die ähnlich unvermittelte Anknüpfung Jesu gegenüber der Frau am Jakobsbrunnen hinweisen. Doch da entwickelte sich das Gespräch etwas positiver nach dem anfänglichen an-einander-vorbei-Reden. Wenn man schon beim anderen an ein vorhandenes Interesse oder Bedürfnis anknüpfen möchte, muss man vielleicht einfach etwas besser zuhören, bevor man loslegt, und sollte nicht auf das erstbeste Stichwort anspringen. Oder man fragt gleich direkt, ob es dem anderen etwas ausmachen würde, einmal über Glauben und sein Verhältnis zu Gott zu sprechen? Dann kann er ja oder nein sagen und jeder weiß, was gespielt wird…
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allein deine schilderung löst bei mir dieselben leiden aus, die du beim zuhören erlitten haben musst. im übrigen war es bei der sache am jakobsbrunnen so, dass jesus sich zuerst wirklich für das interessierte, was die frau hatte: nämlich einen krug, mit dem man wasser schöpfen könnte. wenn uns das, was der andere hat (in diesem fall sein faible fürs mittelalter), nicht wirklich interessiert, sollte es verboten sein, es als missionarische möglichkeit zu missbrauchen.