Die Eröffnung und Bischof Hubers Zeitansage habe ich verpasst, aber inzwischen via USB Stick auf meiner Festplatte. Aber als ich heute den Hauptbahnhof verließ, flimmerte mir von der Multimediawand schon Pfarrer Führer von der Nicolaikirche und ein Hinweis auf den Kongress entgegen.
In St. Nicolai findet auch das erste Forum statt, an dem ich teilnehme, bevor ich weiter zur Peterskirche pilgere, wo unser Stand von Alpha aufgebaut ist. Morgen nachmittag werde ich mit Swen Schönheit aus Berlin und Armin Beck aus Kassel einen Workshop über Alpha machen. Noch mehr aber freue ich mich auf die Begegnung mit alten Bekannten und hoffentlich auf vielen neuen interessanten Leuten, die Hoffnung auf eine wachsende Kirche (so das Kongressmotto) haben und ausstrahlen.
Kunstbeflissene Seniorengruppen wandern durch den historischen Kirchenraum. Der Titel des Forums – im Kontrast zu so viel Vergangenheit und Alter – ist “Phantasie für eine Kirchengestalt der Zukunft” mit Rainer Knieling aus Wuppertal, Burghart Krause aus Göttingen, Paul Michael Zulehner aus Wien (den wollte ich schon lange einmal hören). Hier ein paar der wichtigsten Aussagen von Zulehner, den ich jetzt – als Nicht-Pfarrer – am Interessantesten fand, am Ende noch eine Prise Burghart Krause:
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Psalm 127: “Wenn der Herr das Haus nicht baut, saniert McKinsey umsonst”. Die Schnittstelle zwischen dem Neuen Testament und unserer Praxis ist die Frage: Wie baut Gott sein Haus (“Ekklesiogenese”)? Man kann sich nicht mehr auf Traditionen verlassen, in jeder Generation muss man heute Kirche von Null auf bauen. Dazu nennt er zwei Zugänge:
1. Apg 2,47: Gott “fügt hinzu”, er beruft. Es gilt, eine Theologie der Kirchenberufung auszukundschaften. Wir müssen “Berufungshebammen” werden, die Gemeindegliedern helfen, einsame Berufungen zu erkennen und zu akzeptieren. Eine pastorale Kunst neuer Art:
- 1 Sam 3,1-10 Eli schläft und ist blind – hier gibt es erst einmal noch keine Visionen. Erneuerung geschieht am besten dann, wenn alles schläft. Der Mensch ist nie so aktiv-passiv (d.h. empfänglich), wie wenn er träumt. Der Todesschlaf Jesu am Kreuz Zentrum der Heilgeschichte. Man sollte also hektische Aktivitäten zurücknehmen.
• Samuel geht zu Eli: “Gott ruft und man fragt den Pastor” – er erkennt Gott noch nicht. Was tragen wir dazu bei, dass Menschen den Herrn kennen lernen (Stille und Einsamkeit, Blick auf den Grund seines Lebens, zugleich geht vieles zugrunde in der Einsamkeit vor Gott). Die Frage an Gott lautet: “Was traust du mir zu?”, “Wozu brauchst du mich?”
• Die Zuspitzung im Dialog Elis mit Samuel: “Dein Diener hört”. Wir brauchen ein wild entschlossenes Ja zur Berufung. Darin bestünde die Bekehrung von Katholiken und Protestanten zu Christen, oder die Bekehrung vom Mitglied zum Zeugen, die Bekehrung von Leuten, die Gott brauchen, zu solchen, die sich von Gott gebrauchen lassen.
2. Wen Gott beruft, den stattet er mit Begabungen aus: Die Offenbarung des Geistes und Vielfalt der Charismen, unter denen nur eines leitet, aber alle anderen helfen dem Leben der Kirche auf die Sprünge. Die Vision der Kirche muss sich vor Ort entwickeln: Was ist der Traum der Berufenen und was sind ihre Begabungen? Lokale Gemeinschaften können nur tun, wofür sie begabte Leute haben. Christen sind selbst verantwortlich dafür, ihr Charisma zu erkennen, zu entfalten, und zu platzieren.
Der Neuaufbau beginnt in kleinen Netzwerken von Ehrenamtlichen, und diese leben erst mal, sie arbeiten nicht. Allerdings brauchen sie dann Vernetzung, denn bestimmte Dinge brauchen größere Räume, um sich zu entwickeln (z.B. Bildung)
Kirche sind Menschen, Gemeinschaften leben alternativ mitten in der Gesellschaft. Die gewachsene Kirchengestalt hat das Recht, alt zu werden und irgendwann zu sterben. Das entscheidende Kriterium für Neuerungen, die jetzt implementiert werden können: Darf keine Kirchensteuer brauchen (das gibt die Zukunft nicht her). So wächst das Neue mitten im Alten.
Krause: Die Kirche der Zukunft wird im Schmerz geboren. Echte, spürbare Trauer geht damit einher und darf nicht übersprungen werden. Das ist aber keine Wehleidigkeit: Es handelt sich um Geburtswehen, und die sind produktiv. Die Resourcenengpässe der Landeskirchen wirken dabei wie ein Geburtskanal: “Psalm 23 gilt auch für Finanztäler”.