Alles im Fluss

Ich stehe auf einer kleinen Brücke mitten im Knoblauchsland. Rings um mich her Gemüsefelder, unter mir kreuzt der Bucher Landgraben die kleine Straße. Ich bin hergeradelt, um nachzusehen, wie es den Bächen da draußen geht. In den letzten 14 Tagen hatten wir gut 100 mm Regen. Alles, was der Juni gelbbraun gefärbt hatte, ist nun wieder grün. Und auch die Gräben füllen sich wieder.

Bei Rob McFarlane in „Is A River Alive?“ habe ich gelesen, dass schon Leonardo da Vinci die großen und kleinen Wasserläufe in der Landschaft mit den Adern des menschlichen Körpers verglichen hat. Das gilt nicht nur für die Struktur, die sich immer feiner verästelt, sondern auch für die Funktion: Alles Leben hängt von Ihnen ab. Deshalb ist es mir so wichtig, wenigstens die Namen der Bäche hier zu kennen. Sie waren vor uns Menschen da, und auch wenn heute vieles verändert und überbaut ist, sie haben dem Land, auf dem ich lebe, seine Gestalt gegeben.

Im Bucher Landgraben, der begradigt zwischen den Äckern eingezwängt verläuft, fließt wieder klares Wasser. Zwei Rotschwänzchen führen einen kleinen Tanz auf unter einem Busch am Ufer. Seine Zweige ragen über das Wasser, und plötzlich schießt da ein kleiner Vogel im Tiefflug den Graben entlang. Er fliegt unter der Brücke durch und taucht ein paar Meter weiter pfeilschnell ins Wasser. Sein Gefieder schimmert in leuchtenden Blau und Türkis: Es ist ein Eisvogel.

Er taucht auf dem aus dem Wasser, bleibt kurz sitzen und folgt dann dem weiteren Verlauf des Grabens. Ich bleibe noch eine Weile stehen, aber er kommt nicht wieder zurück. Ein Feldhase beäugt neugierig das Gemüsefeld. Ich wende mein Fahrrad Richtung St. Johannis. Auch der Poppenreuther und der Wetzendorfer Landgraben führen wieder Wasser. Eine Woge der Dankbarkeit schwappt über mich hinweg.

Und der Eisvogel – das war ein Augenzwinkern vom Himmel.

(Foto: Siegfried Poepperl via unsplash.com)

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