Nach über 16 Jahren geht das Kapitel Alpha für mich am 31. Juli nun endgültig zu Ende. Die letzten drei Jahre lief es aus verschiedenen Gründen ohnehin eher auf Sparflamme: Engpässe bei den Ressourcen des Vereins, Sackgassen in unserem Schlüsselprojekt. Licht und Schatten wechselten sich also immer wieder ab. Nun freue ich mich auf Platz im Kalender für andere Aufgaben und alles, was an Begegnungen und Lernerfahrungen damit einhergeht. Im Augenblick wird das Erlanger Büro noch abgewickelt, und so ist es auch ein Moment des Rückblicks.
An einem Sonntag im März 1994 saßen Martina und ich bei Gumbels am Küchentisch. Zuvor hatten wir den Gottesdienst von HTB besucht und Nicky hatte uns mit seinem klapprigen Peugeot nach Clapham chauffiert. Ich stellte die naive Frage, ob er sich vorstellen könne, Alpha mal auf einer Gemeindefreizeit vorzustellen. Es wurde etwas größer: Im März 1996 kamen zu zwei Konferenzen binnen einer Woche fast 600 Leute, und danach fingen überall im Land Kurse an. Inzwischen gibt es schon Bischöfe mit Alpha-Erfahrung in Deutschland.
Irgendwie bliebt die Sache an mir kleben, wir gründeten einen kleinen Verein und richteten ein Büro ein, Alpha Deutschland war geboren aus einem Häuflein von Idealisten und Netzwerkern. Und die Sache wuchs munter vor sich hin, über die Grenzen von Konfessionen und unterschiedlichen Prägungen hinweg begegneten sich Christen, die gastfreundlich auf andere Menschen zugingen, um sie behutsam mit hineinzunehmen in das, was sie selbst mit Gott erlebten.
Ich fange mal mit dem Licht an. Drei Aspekte finde ich nach wie vor besonders faszinierend an Alpha:
- Da ist erstens die schon erwähnte große Gastfreundschaft, die verhindert, dass dieser Glaubenskurs einen belehrend-informativen Volkshochschulcharakter bekommt. Stattdessen sitzen erst einmal alle um einen Tisch plaudern über alles mögliche und begegnen sich darin als Menschen. Die Verbindung, die dabei entsteht, hält auch die zum Teil erheblichen Differenzen in Glaubensfragen aus, die im Laufe des Kurses thematisiert werden. Und Gäste bleiben Gäste, daher bleibt der Umgang respektvoll, wenn es in die Diskussion geht. Wenn es ein „Geheimnis“ von Alpha gibt, eine Art pädagogischen Kniff, dann ist es diese Grundhaltung. Inzwischen haben viele andere Kurskonzepte dieses Element übernommen.
- Zweitens die gelebte Ökumene: das ist offenbar einfacher mit den Vertretern unterschiedlicher Konfessionen, die sich nicht aufs dogmatische Rechthaben konzentrieren, sondern darauf, das Evangelium denen nahe zu bringen, die mit ihm noch nicht oder schon lange nicht mehr in Berührung gekommen sind. Bei den internationalen Treffen in London traf ich vom koptischen Bischof bis zum Pfingstler und vom Vineyardmenschen bis zur katholischen Ordensfrau die ganze Bandbreite der christlichen Kirchen und Gemeinschaften aus über 160 Ländern der Welt – alle fröhlich beieinander in der neugotischen Kirche bei Harrods um die Ecke zum Stehempfang, Kirchenpicknick, Erfahrungsaustausch und Gottesdienst. In Deutschland bildet sich das wunderbar ab in der Vielfalt der Alpha-BeraterInnen, die mit viel Herzblut dieses erstaunliche Netzwerk getragen und ausgebaut haben.
- Drittens ist es zumindest in Ansätzen gelungen, hier verschiedene Strömungen in eine befruchtende Verbindung zu bringen: Die Tradition und gesellschaftliche Offenheit der anglikanischen Kirche, das Wochenende als Element des pfingstlich-charismatischen Christentums (global, auch wenn das in Deutschland manch einer gar nicht gern hört, die vitalste religiöse Bewegung überhaupt), die besonnene evangelikale Apologetik von C.S. Lewis und John Stott und, zumindest in Ansätzen, ein Herz für Arme, das zwar noch keine Sozialkritik á la Sojourners abwirft, aber immerhin etliche karitative Projekte und einen Beitrag zur Resozialisierung Strafentlassener.
Hallo,
bedeutet das das Ende für die Alpha-Kurse?
Nein, auf keinen Fall.