Gestern kam David Bentley Harts “The Beauty of the Infinite” mit der Post. Was soll ich sagen? Schon auf den ersten paar Seiten hat mich das Buch gefesselt. Hart ist ostkirchlicher Theologe und auf der Höhe der Zeit, wenn es um die Philosophie der Postmoderne und ihre Kritik an der klassischen Metaphysik und den modernen Metanarratives geht:
Theologie ist keine Kunst, die von der Geschichte auf die Ewigkeit abstrahiert, von Fakten auf Prinzipien, sondern eine, die – unter dem Druck der Geschichte, die zu interpretieren sie aufgerufen ist – entdeckt, wie die Sphäre ihrer Erzählung sich in immer größere Dimensionen des Offenbarten hinein ausdehnt, die Linie zwischen dem Geschöpflichen und dem Göttlichen überschreitet (…), weil diese Linie schon überschritten ist, nicht symbolisch, sondern tatsächlich, in der konkreten Person und Geschichte Jesu.
Aber mehr noch als das hat mich der Ansatz beim Thema Schönheit berührt. Auf den ersten Seiten zu diesem Begriff wusste ich schon gar nicht mehr, was ich noch alles anstreichen sollte. Hier ein kleiner Auszug, weil es einfacher ist auf Englisch:
In the beautiful God’s glory is revealed as something communicable and intrinsically delightful, as including the creature in its ends, and as completely worthy of love; what God’s glory necessitates and commands, beauty shows also to be gracious and inviting; glory calls not only for awe and penitence, but also for rejoicing; God’s ordinance is also ordonnance, so to speak. There is also a moral element in receiving the glory of God’s work under the aspect of beauty: the beautiful fosters attachment that is also detachment, possession in dispossession, because it can be received only at a distance, only in letting be, as gift; where glory bestows itself as beauty it consecrates otherness as good, and of God’s goodness.
David Bentley Hart, The Beauty of the Infinite: The Aesthetics of Christian Truth
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„attachment that is also detachment, possession in dispossession,“
na, sowas hatten wir ja schon mal (dialektische Theologie beim alten barth… einer meiner Lieblingstheologen) Das zeigt wiedermal: „Es gibt nichts neues unter der Sonne… “ bzw: „Wissenschaft das ist und bleibt was einer ab vom andern schreibt.“ . Ich glaube dass man aufpassen muss , dass der hype um die postmoderne Philosophie nicht zu groß wird, d.h. manche scheinen mir eher die schicke Philosophie auf das Evangelium zu projizieren, ansstatt das Evangelium im Kontext der Philosophie (und sonstiger Kontexte) zu verkünden. Das Evangelium selbst sprach und spricht zu allen Zeiten deutlich und unmissverständlich, der Philosophie-Fan muss aufpassen, dass er nicht zum Griechen wird der nach Weisheit sucht (1.Kor 1, 22) und dabei „die absoluten Gedanken des Evangeliums bis auf weiteres suspendiert.“ (K. Barth). Die Gefahr sehe ich bei einigen (!) super-Avantgardisten der EC.
Ich glaube, da hast Du den Ausschnitt missverstanden: „Possession in disopssession“ ist zutiefst biblisch: Haben als hätte man nicht…
Zum Thema „die absoluten Gedanken des Evangeliums“ – das sind sie eben gerade nicht, absolut, Steht auch nirgends, dass sie das wären. Da irrt Barth. Nicht zum ersten oder einzigen Mal.
Peter, Ich habe ja keinesfalls behauptet, dass diese Gedanken unbiblisch wären, sondern nur, dass sie nix sooo neues sind.
Ich glaube doch, dass das die Gedanken des Evangeliums absolut sind, letztenendes hat das Evangelium ja einen Namen: Dass Jesus Christus der absolute Sinn und das absolute Ziel des ganzen Kosmos ist bezeugt doch eigentlich das NT durchgängig – oder ?
Wie auch immer, ich wünsche Dir und Deiner Familie ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein tolles Jahr 2008 !
Danke für die guten Wünsche – Dir auch eine gesegnete Weihnachtszeit. Nur ganz kurz: Der Begriff des Absoluten fehlt eben im NT komplett. Er ist ein typisch moderner Begriff und eng mit dem Bemühen verbunden, die Wirklichkeit (zumindest mit dem Verstand) in ihrer Totalität zu beherrschen. Deswegen finde ich ihn zutiefst unbiblisch.
Absolut (wenn man das Wort schon verwenden will) ist bestenfalls Gott selbst. Das Evangelium ist Gottes Offenbarung an eine bedingte Welt in deren bedingter Sprache und Geschichte. Da finde ich den Begriff nicht angebracht. All zu schnell leiten Leute aus dem Besitz eines „absoluten“ Evangeliums totalitäre Ansprüche ab.
dieser eintrag zeigt für mich eine neue würdigung des schönen. und tatsächlich kristallisiert sich in diesem erwachten interesse an dem eigenwert von schönheit ein neuer zug der „jungen evangelikalen“. „kunst“ und „form“ wurde in freikirchlicher tradition ja sonst bloss als illustration verwendet, als „repräsentationskunst“ so wie es „kunstprodukte“ gegeben hat und gibt, die bloss eine idee (z.b. eine politische, bekanntes beispiel: leni riefenstahl) bebildern sollten.