Ich habe auf diesem Kongress eine neue Anbetungshaltung kennengelernt: man sieht überall erhobene Hände beim Singen, und wenn es dunkel ist im Auditorium leuchten aus diesen Händen kleine Lichter – keine Feuerzeuge, sondern Digicams. Manche Leute drehen sich dazu langsam im Kreis, um das Panorama einzufangen. Neben Kameras sieht man auch schon relativ viele iPads an den Tischen und auf den Fluren. Die kleinen Dinger sind eben einfach verdammt praktisch. Das WLAN hier schwächelt leider einmal mehr.
Am Vormittag ging es darum, dass noch über 600 Volksgruppen weltweit mit über 50.000 Menschen nicht erreicht werden. Ein paar können wir von der Liste wieder streichen: Dass es in Deutschland Gehörlosenseelsorge gibt und tamilische oder mandarin-chinesische Gemeinden war hier offenbar nicht bekannt (was die Frage nach den Gewährsleuten aufwirft, und ob die restlichen Daten ebenso „gut“ recherchiert sind). Trotzdem bleibt natürlich noch viel zu tun, und wir wurden von Paul Eshleman (der m.E. Horst Köhler recht ähnlich sieht) gleich zu einer Selbstverpflichtung eingeladen. Ich war nicht der einzige, für den das alles etwas plötzlich kam.
Die Bibelarbeit heute kam wieder von einem Briten, inhaltlich nicht schlecht (und endlich mal wieder ein Witz!!), aber der Raum, den die angelsächsischen Redner hier in den Plenumseinheiten einnehmen, ist jenseits aller sinnvollen Proportionen. Und die Männer. Frauen und Teilnehmer aus dem globalen Süden (der offenbar auch Indien einschließt) kommen in kurzen persönlichen Geschichten zu Wort. Aber weiße Männer erklären uns die Bibel und die Welt?
Zumindest haben wir in der Multiplexeinheit zu Mission im urbanen Kontext neben Tim Keller auch einen Portugiesen und einen einen Filipino, Raineer Chu, der über die Marginalisierung der Armen spricht. Er sagt, inzwischen hat China, was soziale Gegensätze angeht, Kapstadt von der Weltspitze verdrängt. Und erklärt den Unterschied zwischen Menschen (auch Christen), die Pyramiden bauen, und andere, die Beziehungen bauen.
Meine „Dialogue Session“ über Global Religious Trends 2010-2020 war überfüllt, also gehe ich noch eine Runde an die Sonne, die heute wieder scheint – der freie Tag ist ja vorbei. Mein Magen fühlt sich etwas flau an, das wird aber eher am Kaffee liegen als an Krokodil und Springbok, die ich gestern Abend bei „Mama Africa“ auf dem Teller hatte. Es gibt hier schon sehr interessante Kontraste: gestern sah ich eine Dudelsackkapelle der südafrikanischen Armee in der Nähe der Festung paradieren. Ungefähr so bizarr, wie wenn Massai „Ein feste Burg“ singen würden. Gab’s ja auch alles 🙂