Kontrastlektüre

Ich habe im Urlaub endlich The Shack (dt.: Die Hütte) zuende gelesen und war underwhelmed, wie es eine Freundin in England ausdrückte, als ich davon sprach. Nun weiß ich auch, dass das Buch viele tief berührt und begeistert hat. Nur wirklich nachempfinden kann ich es nicht.

Richtig begriffen, was mich an der Hütte denn immer so genervt hat, habe ich allerdings, als ich gleich danach von Franz Jalicz Miteinander im Glauben wachsen zur Hand nahm und gar nicht mehr aufhören konnte. Natürlich vergleiche ich hier nun Äpfel mit Birnen, das Genre ist gänzlich verschieden. Das Thema der geistlichen Begleitung dagegen ist es nicht, selbst wenn im einen Fall ein realer Mensch und im anderen Fall drei imaginäre – und hier fehlt mir schon das passende Wort – Gestalten auftreten.

Jaliczs erläutert die Grundzüge geistlicher Begleitung, einfach praktisch und motivierend. Er schreibt hundert Seiten über das Interesse am Gegenüber und das konzentrierte Zuhören. Der arme Mack von William P. Young dagegen dient für mein Empfinden eher als Stichwortgeber für einen weiteren mehr oder weniger spannenden Monolog „Gottes“, manchmal reagieren die allwissenden drei – die mit (sorry…) kitschigen innertrinitarischen Liebesbezeugungen ständig um sich werfen – sogar ausgesprochen amüsiert auf seine Fragen und kurzen Einwürfe (obwohl das Buch sonst komplett frei von Humor in jeder Form ist).

Während sich Youngs „Gott“ seinem „Bodenpersonal“ und jeglicher Form von kirchlicher Institution gegenüber seltsam distanziert zeigt, arbeitet Jaliczs daran, einen Raum zu schaffen, in dem Kritik und Verletzungen ausgesprochen werden können, ohne seine Zugehörigkeit zur Kirche damit in Frage zu stellen oder Missstände dabei zu rechtfertigen. Dem Leidenden lässt er vor allem Zeit – auch das habe ich bei Macks Turbo-Therapie vermisst. Freilich kann Gottes Geist seelische Prozesse auch beschleunigen, im Alltag ist das aber meiner Erfahrung nach eher die Ausnahme. Da werde ich eher nervös, wenn jemand allzu schnell über etwas hinweg zu sein glaubt.

Natürlich ist das weder ein fairer Vergleich noch eine umfassende Rezension der beiden Bücher. Mein total subjektives Fazit der Urlaubslektüre ist daher eher dieses: Über meine Probleme würde ich doch lieber mit Pater Jalics reden. Und ich denke (nur dass kein falscher Gegensatz entsteht): selbst wenn jemand The Shack richtig gut fand, wird er von Jalics‘ Weisheit noch profitieren.

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