Fade Hoffnung

Ich befasse mich “dienstlich” mit dem Advents-Thema Hoffnung. Auf der Suche nach Material kam ich heute bei Alanis Morisette vorbei. Sie singt in Utopia von einer harmonischen Gesellschaft, aber das ganze Lied wirkt (gegenüber ihren zornigen und leidenschaftlichen Songs) schrecklich blutleer. Beim Refrain wird dann auch klar warum das so ist:

This is utopia this is my utopia
This is my ideal my end in sight
Utopia this is my utopia
This is my nirvana
My ultimate

 Images Flyer 2006-12

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Optimismus: Rosa Brille

Immer noch beim Thema Hoffnung, nun am Geo-Heft vom Oktober: “Die Kraft der Zuversicht”. Da wird Hoffnung mit einer rosa Brille “aus der Trickkiste der Evolution” verglichen. So funktioniert sie in der merkwürdig doppelbödigen Beschreibung der Wissenschaft:

… eigentlich wiegt das Negative in unserem Leben viel schwerer. (…) Was also tun? Die Antwort: die positiven Kräfte “künstlich” stärken. Täuschen! Belügen! Beschummeln! Und zwar uns selbst. “Positive Illusionen”, “optimistische Fehlschlüsse” oder “unrealistischen Optimismus” nennen Psychologen dieses Phänomen.

Münchhausen hätte seine helle Freude an dieser Sache. Liebe Evolution, danke für diese großartige Möglichkeit, mich über die – bei nüchterner Betrachtung: trostlose – Realität hinwegzulügen. Und weil mit dem Tod für mich als Individuum aufgrund deiner fürsorglichen Fügung auch wirklich alles aus ist (auch wenn meine Moleküle recycelt werden), taugt die Strategie für die verbleibende Zeit auch bestimmt. Falls mich die Zuversicht aufgrund einer Stoffwechselstörung unerwarteterweise doch noch verlässt, kann ich ja den Zeitraum bis zum gnädigen Vergessen irgendwie selbsttätig verkürzen, was meinst du…?

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Die Erfindung der Geschichte

Lesslie Newbigin hatte ja viel Spannendes über die Geschichtlichkeit des Glaubens und die Bibel als einzigartige Interpretation der Weltgeschichte zu sagen. Thomas Cahill geht noch einen Schritt weiter und bemerkt, dass es Geschichte, wie wir sie kennen, ohne die Bibel gar nicht gäbe. Sie ist eine “Erfindung” des Judentums, dessen Stammvater Abraham die mesopotamische Kultur verlässt, in der das ewige Rad des Himmels das ständige Werden und Vergehen auf der Erde symbolisiert und umgekehrt. Angesichts dieser beiden Pole – Ewigkeit des Himmels und Vergänglichkeit alles Irdischen – ist schlicht nichts Neues möglich und denkbar, sondern es erscheint als Illusion und Verrücktheit.

Dass etwas “neu” war, war also nichts Positives. Hoffnung auf Fortschritt und Veränderung waren nicht angesagt. Doch für Abraham wird es möglich, weil sein Gott zu ihm spricht und auf dieser Reise sich ein immer persönlicheres und exklusiveres (andere Götter ausschließendes) Verhältnis zu diesem einen (später dann: einzigen) Gott entwickelt. Und damit zum ersten Mal so etwas wie Individualität.

Gott offenbart sich also nicht nur in der Geschichte, sondern seine Offenbarung ermöglicht Geschichte eigentlich erst so richtig. Für uns ist das so selbstverständlich, dass wir oft ahnungslos über ganz unerhörte Aussagen hinweglesen:

»Wayyelekh Avram« (»da zog Abram weg«), zwei der kühnsten Worte der Weltliteratur. Sie verweisen darauf, dass alles, was der langen Evolution der Kultur und des Empfindungsvermögens vorausgegangen war, aufgegeben wurde. Aus Sumer, dem zivilisierten Ort des Vorhersehbaren, kommt ein Mann, der sich, ohne zu wissen, wohin ihn seine Reise führen wird, auf den Weg in die Wildnis macht, weil sein Gott es ihm befohlen hat (…). Aus einem Menschengeschlecht, das weiß, dass alles irdische Streben mit dem Tod enden muss, geht ein Führer hervor, der an ein außergewöhnliches Versprechen glaubt. Im Menschen erwacht der Traum von etwas Neuem, etwas besserem, das noch bevorsteht – in der Zukunft.

(Thomas Cahill, Abrahams Welt. Wie das jüdische Volk die westliche Zivilisation erfand, Köln 2000, S. 67)

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