Gemischte Motive: Die Narnia-Soteriologie

Gestern habe ich auf einer Studientagung mit Pastoren über die Bedeutung des Kreuzes für die christliche Erlösungslehre und Theologie nachgedacht. Dabei fiel mir ein, dass neben Kirchenliedern vor allem Kindergeschichten (oder vermeintliche Kindergeschichten) wie C.S. Lewis‘ „König von Narnia“ die Vorstellungswelten nachhaltig geprägt haben.

In Lewis‘ Fantasyroman mischen sich die soteriologischen Motive: Einerseits geht es um Schuld (Verrat) und Strafe, andererseits geht es um einen Gefangenenaustausch oder ein Lösegeld (Aslan gegen Edmund), drittens wird ein Ritualmord beschrieben, der an kultische Opferpraxis erinnert.

Man kann das nun ganz unterschiedlich lesen: Entweder ist die Häufung der Motive ein Ausdruck dafür, dass Lewis bewusst oder unbewusst merkte, dass jedes für sich genommen unzureichend war und höchstens einen Teilaspekt verdeutlichte. Oder ist es sogar als leise Kritik an den Motiven traditioneller Soteriologie zu lesen?

Spannend ist, dass sich für Lewis mit keinem dieser oben genannten Motive begründen lässt, warum Aslan wieder lebendig wird und die Winterhexe in die Flucht schlägt. Damit die Rechnung aufgeht, muss er eine „geheime“, uralte und vergessene „Regel“ nachschieben: Wenn sich ein Unschuldiger für einen Schuldigen opfert, dann wird die Strafe rückgängig gemacht.

Hier erinnert die Erzählung an das mythische Christus-Victor-Motiv der altkirchlichen Soteriologie: Der Sieg über Hölle, Tod und Teufel. Gott reizt die böse Macht, ihre Grenzen zu überschreiten, die Maske der Legitimität fallen zu lassen und sich zu verausgaben. Aber der Drache (um kurz einmal das Bild zu wechseln) verschluckt sich quasi an dem Köder, die Beute ist eine Nummer zu groß, und das besiegelt sein Schicksal.

Ein großes Handicap bei Lewis ist, dass er Aslan nicht trinitarisch beschrieben kann. So hat das Reden von einer uralten, tieferen Magie nun die Funktion, auf den Schöpfer und seine Vorsehung zu verweisen. Ziemlich komplex für eine Kindergeschichte!

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