Babel 2014: Von gemachten und geschenkten Namen

Gestern war die Geschichte vom Turmbau zu Babel mein Predigttext. Ein Satz hat mich besonders zum Nachdenken gebracht. Die Menschen bauen diesen Turm, um sich einen Namen zu machen. Was immer wieder als grenzenlose Hybris getadelt wurde, ist auch die Folge von Angst und Sorge (nebenbei: aktuell beschreibt dieser Artikel in der SZ die identitätsstiftende Wirkung jungsteinzeitlicher Großbauten wie Stonehenge).

In der Selbstvermarktungslogik unserer Wettbewerbsgesellschaft ist das ja ein Riesenthema, dann ist von „Marken“ und „Alleinstellungsmerkmalen“ die Rede, und das hat längst schon die einzelnen erfasst, die sich auf dem Markt „positionieren“ müssen. Selbst christliche Funktionäre haben diese Sprache und Kultur längst verinnerlicht. Hinter dem Pragmatismus, der damit meist verbunden ist, schlummern aber dieselben Ängste – dass man im Ringen um die Aufmerksamkeit anderer zurückfällt, der Marktwert sinkt, dass man nicht mehr gefragt sein könnte, dass andere einen abschreiben, dass man also, um im babylonischen Bild zu bleiben, kauf dem schrankenlosen Marktplatz verloren geht. Und es entstehen dieselben imperialen Phantasien von Erfolg, Einfluss und Geltung.

Die biblische Tradition weist in eine andere Richtung: Wir müssen uns keinen Namen machen. Stattdessen bekommen wir ihn geschenkt, etwa wenn Jesus uns ermächtigt, in seinem Namen als Kinder Gottes zu beten. In diesem Namen finden Menschen das Heil (vgl. Apostelgeschichte 4,12; Römer 10,13) – eine neue Identität, die von dem Druck befreit, uns auf Kosten anderer zu beweisen, und von der Angst, uns zu verlieren.

Der Name Christi ist nicht zu trennen von seinem Weg: Er beginnt schwach, verletzlich und in der galiliäischen Provinz. Er wendet sich den Abgeschriebenen seiner Umgebung zu und provoziert das Personal von Thron und Tempel. Er lässt sich alles nehmen und bekommt vom Himmel alles im Überfluss zurück. Auf diesem geschenkten Weg lässt sich leben.

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