O du lieber Augustin…

Wer bisher noch nicht Scot McKnights Besprechung der “New Perspective on Paul” (kurz: “NPP”, wesentliche Beiträge dazu kamen von Sanders, J. Dunn, N.T. Wright) gelesen hat, sollte nun bei Folge 5 spätestens einsteigen. Hier geht es um die Frage der Sündhaftigkeit des Menschen, wo sich die NPP gegen die Paulusinterpretation der Reformatoren abgrenzt, die Judentum und (Semi-) Pelagianismus verwechseln und in der Sünden- und Gnadenlehre auf Augustinus zurückgreifen. Ihr Hauptgegner ist die “Werkgerechtigkeit”. Eben sehe ich, dass DoSi das alles auf Deutsch bietet.

Gleichzeitig bekommt bei vielen, die heute noch der reformatorischen Interpretation folgen, die Gnade Gottes einen zähneknirschenden Touch. Dazu ein – wie ich finde: sehr treffendes – Zitat aus einem älteren Post auf Jesus Creed:

Diese Leute können nicht über Gnade reden ohne zu betonen, wie verkommen wir sind;
sie können Yancey’s What’s So Amazing…? nicht lesen, ohne zu sagen, das sei nur die halbe Geschichte;
sie können nicht Gehorsam predigen ohne zu sagen, es seien keine “Werke”;
sie können nicht über Gnade sprechen ohne all die zu erwähnen, die auf dem Weg in die Hölle seien;
sie können keine Liebe predigen ohne zu zeigen, dass Heiligkeit hinter allem steckt;
sie können nicht über Gande reden ohne uns daran zu erinnern, dass es nur um Gottes Ehre geht und Gott das alles nicht tun müsse, wir uns also glücklich schätzen können;

anders gesagt: sie können es nicht hinnehmen, dass Gottes Gnade sein Wohlwollen uns gegenüber ist, weil Gott ist, wer er ist (ein gnädiger, liebender Gott) und weil wir sind, wer wir sind: sein auserwähltes Volk, an dem er sich freut und für das er ein Evangelium kunstvoll gestaltet hat, das uns wieder herstellt als Ebenbilder, die in Einheit mit Gott und in Gemeinschaft mit anderen sind.

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6 Antworten auf „O du lieber Augustin…“

  1. Ich wollte eigentlich nur auf Deinen Post verweisen und dachte dieser Satz gibt wertneutral den Inhalt wieder. Damit sollte nichts über die augustinische Lehre gesagt sein – ich hab nur „Bekenntnisse“ und „Gottesstaat“ gelesen, vor allem letzteres aber nicht intensiv durchdacht. Das meiste, was ich sonst von Hippo’s Finest kenne, stammt hauptsächlich aus kirchengeschichtlicher Sekundärliteratur. Und wie es halt bei kritischen Darstellungen so ist, weiß ich nie, ob sie das Original auch richtig wiedergeben. V.a. Luther, von dem ich deutlich mehr gelesen habe als von Augustinus, wird meinem Empfinden nach auf amerikanischen Blogs oft sehr verzerrt dargestellt. Darum will ich keinesfalls eine Lanze für Augustinus brechen. Theologie ist halt auch Biographie, und seine Erbsündenlehre bzw. auch seine Gedanken über Geschlechtsverkehr sind sicher stark von seinen persönlichen Erfahrungen geprägt…

  2. Also wenn Du den Neuplatonismus unter „persönliche Erfahrungen“ verbuchst, würde ich Dir zustimmen. Sonst würde ich sagen, er hatte da eine gewisse philosophische Schieflage, die eine enorm problematische Wirkungsgeschichte entfaltet hat…?

  3. Ich hätte den Neuplatonismus auch als persönliche Schieflage gesehen. Mit Erfahrung meine ich seinen Kampf mit Versuchung auf sexueller Ebene

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