Wenn man die Bibel mit einer patriarchalischen Brille liest, bekommt man patriarchalische Ansichten bestätigt. Das hat in diesen Tagen John Piper wieder einmal bilderbuchmäßig vorexerziert.
Statt zu fragen, inwiefern die Begrifflichkeiten „Vater“ und „Sohn“ und alles weitere in diesem Zusammenhang die patriarchalisch strukturierte Ursprungskultur widerspiegeln, statt zu bedenken, wie sie in deren Kontext zu verstehen sind und ob im biblischen Reden von Gott nicht vielleicht auch ein Keim zur Überwindung dieser Kultur stecken könnte, statt schließlich auch noch die unabdingbare Frage in den Raum zu stellen, ob menschliche Kategorien wie maskulin und feminin auf Gott überhaupt sinnvoll anwendbar sind…
… konstatiert Piper ganz plump eine Präferenz „Gottes“ für das Maskuline, und das kann er dann auch noch gleich mit ein paar Attributen griffig aufschlüsseln und seinen Anhängern als ethische Norm oder spirituelles Ideal vor Augen stellen. Nicht dass ich bisher begeistert gewesen wäre von seinen Thesen, aber dieses Reflexionsniveau ist hatte ich dann doch nicht erwartet.
Gott steht also nicht mehr über der menschlichen Geschlechterdifferenz, sondern mittendrin. Andromorphismen sind ja nichts Neues in der Theologie, auch wenn sie im 21. Jahrhundert aus gutem Grund seltener geworden sind.
Vor allem sind sie – zumal in dieser Form – selbst schlicht unbiblisch. Denn auch wenn von Gott konkret häufig als Vater, Herr etc. die Rede ist, wird die abstrakte Frage, ob und inwiefern er nun „männlich“ oder „weiblich“ sei, weder aufgeworfen noch beantwortet. Vielleicht auch deshalb, weil damals noch genug jüdische Scheu vor dem Namen und Geheimnis Gottes bestand, um ihn aus Testosteronkriegen herauszuhalten. Gottes Namen (das zeigt schon der Plural) enthüllen sein Geheimnis ja nicht etwa, sie bewahren es vor allem.
Dasselbe gilt von Jesus: Nicht seine Männlichkeit, sondern seine Menschlichkeit in ihrem Verhältnis zu Gott ist das große theologische Thema der Alten Kirche. Und auch hier wird im Nizänischen Bekenntnis das Bild menschlicher Vaterschaft (und mit ihm die Kategorien jeglicher Biologie!) komplett gesprengt, wenn es heißt „aus dem Vater geboren (!) vor aller Zeit“
Wenn man im Bestreben, die Bibel so wörtlich wie nur möglich zu nehmen, den metaphorischen Charakter biblischer Sprache und dessen unvermeidliche kulturelle Bedingtheit übersieht, verliert man nicht nur vor lauter Wörtern den Sinn, sondern man wird auch versuchen, die gesellschaftlichen Verhältnisse von damals zu reproduzieren: Piper will, so der Bericht, ja eine erkennbar maskuline Kirche (man fragt sich unwillkürlich: wo bleibt die „Braut“ aus der Offenbarung?). Pipers Repristinierung des Patriarchalen geht also über ihr antikes Vorbild weit hinaus. Er sagt zu viel über Gott und macht ihn dadurch nicht etwas größer, sondern kleiner, zu einer Art transzendenten Alpha-Männchen.
Frech gefragt: Vielleicht löst diese Impuls als ungewollt kompensatorisches Element zu seiner Gotteslehre einen neuen Schub von Marienverehrung unter den NeoReformierten aus? Die blüht ja wohl nicht ganz zufällig dort, wo Männer die Hierarchie komplett besetzt halten. Für uns Deutsche ist das insofern relevant, als man bei „Evangelium 21“ Pipers Gedankengut eifrig importiert – im Mai wird er in Hamburg erwartet.
Wird nun Gott vermännlicht oder das Männliche vergöttlicht? In jedem Fall kann man zugespitzt sagen: John Pipers Gott sieht ihm seit letzter Woche etwas ähnlicher. Und der Slogan „Desiring God“ bekommt einen neuen Beigeschmack.
Guter Kommentar!
Solche Kommentare entstehen vielleicht wenn man Piper so wörtlich wie möglich nimmt und die kulturelle Bedingtheit mancher seiner Ansichten nicht ganz beruecksichtigt. Wer sich näher mit Piper beschäftigt hat, weiss dass seine Intention sicher nicht in dem Vermenschlichen von Gott geht.
Ich persönlich wuerde mir sogar ueberlegen auf die von Peter angepriesene Konferenz zu gehen, wenn sie nur nicht so weit weg wäre.
An welchen Stellen können man ihn denn weniger wörtlich nehmen? Sehe da bisher wenig Spielraum.
PS@Peter: Im mobilen Theme kann ich nicht kommentieren, es kommt: „Ein Fehler ist aufgetreten. Vielleicht war dein Kommentar zu kurz.“
Ich habe Piper jetzt selber nicht gelesen. Aber wenn ich die Zusammenfassungen richtig verstehe, erhebt er selbst den Anspruch, seine Äußerungen seien nicht kulturell bedingt. Wenn das so ist, täte man ihm Unrecht, wenn man eine kulturelle Bedingtheit berücksichtigte. Ist es so?
@Björn: Genau das ist mein Punkt. Piper macht unbewusst das, was er eigentlich ablehnt. Im Grunde unterläuft ihm ein theologischer Kategorienfehler.
Peter, eine höfliche Frage: Wie kommt das eigentlich, dass Du die Bibel immer relativ weit auslegst und vor Eindeutigkeiten in der Exegese oftmals warnst, aber Piper so eng, geradezu so eingeschnürt und alternativlos wie möglich verstehst und mit einer solchen Selbstgewissheit davon ausgehst, dass er nur so zu verstehen sei, wie Du das hier darlegst?
Ist nun die Brille, mit der Peter Aschoff die Bibel liest und durch die er andere beurteilt, die Richtige?
PS: Und der offizielle Text des Nicaenum liest: „der als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt (!) ist“! Hätte die Alte Kirche das oben behauptete ausdrücken wollen, hätte sie wohl eher τίκτω statt γεννάω verwendet, denke ich.
Noch ein PS: Jetzt sehe ich, dass die ökumenische Übersetzung doch „geboren“ liest. Interessant, dass sie das jetzt (offenbar gegen den neutestamentlichen Sprachgebrauch) so übersetzen – muss wohl auch an der Brille liegen!
@sj: Stimmt, ich habe die ökumenische Form zitiert. Und auch zur „Zeugung“ braucht es in der konventionellen Biologie eben Vater und Mutter (auch wenn an dieser Stelle die biologischen Vorstellungen in der Antike wohl auseinander gingen).
Und selbstverständlich kritisiere ich Piper von meinem Standpunkt und Bibelverständnis aus, das ist doch gar keine Frage. Meine Brille mag nicht die einzig richtige sein, aber man sieht mit ihr die Risse in Pipers Argumentation ganz gut, insofern ist sie dann ja doch nützlich.
@Alexander: Ich kann Piper ja nur so auslegen, wie seine Statements sich mir erschließen. In diesem Fall ist es aber doch ziemlich eindeutig, dass er Gott mit dem Attribut „männlich“ in Verbindung bringt. Das „wie“ ist für mich dabei gar nicht so entscheidend wie die Tatsache, dass er es tut. Ich lege die Bibel an dieser Stelle m.E. sogar enger aus als Piper, wenn ich sage, dass seine Schlüsse aus der Begrifflichkeit (vom Konkretum „Vater“ zu Abstraktum „Männlich“) eine unzuträgliche Sinnverschiebung darstellen, die zu einem problematischen Gottesbild führen, an dem selbst Piper doch eigentlich nicht gelegen sein kann. Ich frage mich nur, was ihn dann dennoch dazu treibt. Will er Mark Driscoll theologisch Rückendeckung geben?
Dass das mein persönliches, „subjektives“ Urteil ist, versteht sich von selbst. Dafür steht ja das Medium „Blog“ ohnehin. Allerdings stehe ich mit solchen Gedanken vermutlich auch nicht ganz alleine, das ist die andere Seite.
Moin, moin,
wat soll das hier eigentlich? Wer hat denn hier denn Heilijen Geist in neuer Form rausjelassen? Is Aschoff der neue Wahrheitsinterpret, oder wat soll dat jelalle hier? Ick glob, ick bin im faalschen Film: oder wie jommts, dass Mr. A besser als Gott uffem Kasten hat, was et mit der Bibel uff sich hat?
Ne, ne – Leutchen, lasst Euch mal net so veräppeln. Der eene Geist wird’s richten – net der hier, usem Web!
@Konkretiseure: Da passen Position und Argumentation ja mal perfekt zusammen.
Peter, „dass er (Piper) Gott mit dem Attribut ‚männlich‘ in Verbindung bringt“, wie Du im Kommentar schreibst, klingt zwar schon um einiges moderater als die Frage im Post, ob Piper „Gott vermännlicht oder das Männliche vergöttlicht“. Aber bei unvoreingenommener Lektüre lässt sich weder das Eine noch das Andere aus dem Artikel herauslesen. Es wird in dem Artikel kein einziges Mal behauptet, Piper benutze das Attribut „männlich“ für Gott. Der Zusammenfassung kann man entnehmen, dass Piper aus dem Sachverhalt, dass Gott sich in der 1. Person als ‚Vater‘ und in der 2. Person als ‚Sohn‘ offenbare, die Schlussfolgerung zieht: „Now, from all of that I conclude that God has given Christianity a masculine feel.“ Das ist auf einer Konferenz mit dem Untertitel „Building Men for the Body of Christ“ nicht wirklich überraschend. Im folgenden zitiert der Artikel einige Ausführungen Pipers dazu, was er unter diesem „masculine feel“ versteht. Du bist dazu anderer Auffassung, was Dein gutes Recht ist. Aber mit einer rhetorischen Frage Piper zu unterstellen, er vermännliche Gott – damit verdrehst Du Piper das Wort im Munde. Zumal Du ja selbst zugibst, dass Piper ansonsten Gott nirgends vermenschlicht.
Dass Piper außerdem keinen Sinn für Metaphern haben soll, kann man eigentlich auch nur dann behaupten, wenn man das Ganze extrem verkürzt liest und annimmt, in der Zusammenfassung stünde alles, was er gesagt hat. Das wäre allerdings methodisch unlauter.
Und zuletzt: Der Dreh über die katholische Marienverehrung hin zu den Neoreformierten und schließlich zur Konferenz von Evangelium21 im Frühjahr ist wirklich kurios. Auf sowas muss man erstmal kommen. Eigentlich ist sowas doch unter Deinem Niveau.
@Alexander: Da wundern wir uns mal wieder jeder über den anderen. Also, das mit der Marienverehrung war natürlich ironisch gemeint, ich dachte das wird aus dem Zusammenhang klar. Ob und welche Kompensation Neoreformierte im 21. Jahrhundert entwickeln, wird eine spannende Frage.
Ansonsten denke ich, dass der „masculine feel“ in Pipers Darstellung (in meinen Worten: das Patriarchat) durchaus direkt auf Gott zurückgeht, wenn es im O-Ton heißt:
Gott hat sich in exklusiv maskulinen Kategorien offenbart (für Piper schließt das ja das feminine Pendant ganz explizit aus: männlich ist also NICHT weiblich. Man muss das ja keineswegs so streng komplementär denken!). Daher liegt wie in Israel, so auch in der Kirche die geistliche Autorität bei den Männern. Und in der Familie natürlich sowieso. Ich erkenne keinen Interpretationsspielraum hier und keine Metaphern, die sich zu einer anderen Deutung heranziehen lassen.
„Interpretationsspielraum“. Yeah, mein Stichwort, bin wieder dabei ;o)
@dasaweb: Ich muss mir den Fehler noch anschauen. Hast du es mal mit einem längeren Kommentar versucht?
Peter, das war, mit Verlaub, noch nicht mal misslungene Ironie.
Natürlich hängt nach Piper der ‚masculine feel‘ mit Gottes Selbstoffenbarung zusammen. Aber dass Piper mit dem, was er gesagt hat – genauer: mit dem, was in der Zusammenfassung steht -, Gott vermännlicht, ist alles andere als ein zwingender Umkehrschluss.
Lieber Peter, wie auch immer, das Argument, dass in der nicaenischen Formulierung sowohl der männliche als auch der weibliche Part enthalten ist, zieht jedenfalls nicht. Wie oben richtig bemerkt, ist das auch nicht das Problem der Alten Kirche – was zusätzlich dafür spricht, dass dieses Zitat in dem hier vorgebrachten Zusammenhang keine Aussagekraft hat.
Was mich hier aber wirklich beschäftigt ist, woher wir wissen, wie Gott denn nun tatsächlich ist und woher wir wissen, dass er nicht so ist, wie Piper ihn darstellt (unabhängig davon, ob er hier richtig oder falsch verstanden wurde)? Viele Grüße und einen schönen Tag erstmal.
Wenn Peter das richtig zitiert hat (und davon gehe ich jetzt mal aus^^) dann muss ich zugeben, dass dieser Abschnitt einen faden patriarchalen Geschmack hat. Zumal Jesus sehr wohl auch Frauen in die Nachfolge berufen hat und sogar Kinder (da gab es ja auch weibliche damals hoffe ich^^) in den Mittelpunkt gerufen hat. Frauen sehen den Auferstandenen als erstes, Frauen sind im Augenblick seines Todes dabei und werden sogar namentlich genannt (was definitiv außerordentlich war). Wenn ich als theologischer Laie, der ich nunmal bin, das NT lese, dann erkenne ich eine ganz andere Spur wieder, als die, die Piper hier legt. Zumal das Zitat nicht das eigentlich Schlimme ist, sondern das, was auf dem Boden dieser Aussage wachsen kann – die Herabsetzung der Frau als „geistlich minderbemitteltes“ Wesen – Gott hat alle Menschen lieb aber die Jungs ein bisschen lieber. Mal ganz ehrlich, das meint ihr doch nicht wirklich ernst??? Ich sehe darin (und da bin ich kein Laie) eher die psychologische Angst der Männer, von den Frauen überflügelt zu werden und ihre Stellung als das „starke“ Geschlecht zu verlieren. Also suche ich jede Möglichkeit, meine Stellung und den „Mehrwert“ des Mannes zu stützen – notfalls auch mit göttlichem Beistand. Nur, dass dieses Thema hier in der Diskussion (wie so viele anderen auch) zwangsweise „vergeistlicht“ wird. Ich kann Piper hier auf keinen Fall zustimmen und finde die Argumentation von Peter schlüssig. Zumal ich es viel besser fände, da Piper auf einem Männerfindungsseminar spricht, wenn er andere „maskuline“ Stärken fördern würde (wie z.B. gute Väter zu sein, sich für Gerechtigkeit einzusetzen, den Schwachen beizustehen etc.) als ihnen den Rücken mithilfe dieser theologischen Krücke zu stärken. Das haben weder wir Männer noch Gott nötig…
Hier noch ein sehr gut geschriebener Text der Süddeutschen über das Gedankengut Pipers und Driscolls… spricht eher für Peters Verständnis und lässt wenig Deutung zu, da ja beide den Anspruch an sich selbst haben, immer „die Wahrheit“ in aller „Klarheit“ zu sagen:
http://www.sueddeutsche.de/kultur/fundamentalismus-nur-gott-rettet-uns-1.109694
ich kenne piper nicht. bei den hier zitierten piper’schen textpassagen wird mir aber schlecht. hätte ich dieses gottesbild, würde ich vermutlich nicht an das evangelium glauben (denn für mich als frau wäre es keins.)
Nur um nicht missverstanden zu werden: Ich finde die Rede vom ‚masculine feel‘ auch nicht geglückt. Ich plädiere nur für eine faire Behandlung Pipers und dazu gehört, ihm nichts in die Schuhe zu schieben, was er nicht gesagt hat oder was aus dem, was er gesagt hat, nicht wirklich zwingend ableitbar ist. Wenn Stephan nun auch noch behauptet, aus dem was Piper gesagt hätte würde gleichsam organisch „die Herabsetzung der Frau als ‚geistlich minderbemitteltes‘ Wesen“ erwachsen – wie tief wollen wir hier denn noch sinken?
Ich bin kein kritikloser Anhänger Pipers, aber mir scheint hier lauert man nur auf einen Ausrutscher Pipers, der ihm dann erbarmungslos und über jedes Maß hinausgehend um die Ohren gehauen wird.
Anstatt mein Niveau anzugreifen wäre mir eine gute Gegenargumentation lieber gewesen, denn @Alexander, was soll denn bitte sonst „daraus erwachsen“ wenn nicht das? (siehe den Kommentar von Karola). Und keiner lauert hier Piper auf, es ist im Gegenteil so, dass er sich selbst durch derlei Äußerungen immer wieder voll in die Schusslinie bringt.
Ich muss @Alexander Recht geben, dass ich auch das Gefühl habe es wird ein Grund gesucht dem armen John eins um die Ohren zu hauen. Auch ich sehe manches als unglücklich und schlecht formuliert, aber aufgrund @Karolas Kommentar die Herabwürdigung der Frau als geistlich m“minderbemittelt“ als einzige Frucht zu sehen, also das finde ich nicht fair. @Stephan, wenn du dich fragst was da sonst draus wachsen kann, dann mach doch einfach schlau. Bringe doch in Erfahrung wie es in diesen Gemeinden gelebt wird.
Ich muss auch sagen @Peter, dass sich mir die letzten Sätze deines Beitrags in einem konstruktiven Sinn nicht erschliessen. Persönlich finde ich diesen Stil unter Brüdern nicht am Platz.
Natürlich hat Jesus und die ersten Gemeinden gewaltig an kulturellen Traditionen gerüttelt, vor allem auch im Bereich Frauen, Sklaven usw. Doch hat auch Jesus viele Eigenschaften Gottes in vielleicht eher maskuliner Form erklärt. Verlorene Sohn, der gute Hirte usw..
Das hat aber natuerlich nichts mit Wertung oder Gottes „Geschlechterrolle“ zu tun.
„When I say masculine Christianity or masculine ministry or Christianity with a masculine feel, here’s what I mean: Theology and church and mission are marked by an overarching godly male leadership in the spirit of Christ with an ethos of tender-hearted strength, contrite courage, risk-taking decisiveness, and readiness to sacrifice for the sake of leading and protecting and providing for the community. All of which is possible only through the death and resurrection of Jesus.“
Ich spüre vielleicht einfach was Piper meinte 🙂
Lieber Stephan, liebe Karola, das Evangelium besteht nicht darin, ob wir Mann oder Frau sind, sondern dass wir vor Gott nicht so sind, wie wir sein sollten, dass wir seine Wege verlassen haben und nur durch Jesus Christus, sein Kreuz und seine Auferstehung zu ihm zurückkommen können (um es mal ganz oberflächlich zu formulieren) – und das gilt für den Mann wie für die Frau. Und ein Gottesbild wird uns ohnehin im zweiten Gebot untersagt.
Der Artikel aus der Süddeutschen ist ein schwaches Zeugnis eines Außenstehenden, der keinerlei Bemühung zeigt, das wirklich zu verstehen, was dort passiert. Soweit ich die Bibel kenne, gibt es von Anfang an einen deutlichen Unterschied zwischen Mann und Frau, der aber ihr Wesen, nie ihre Wertigkeit betrifft. Wenn sich jedoch Gott als Vater vorstellt und bei seiner Menschwerdung als Mann auftritt, hat das Bedeutung. (Ob Piper dann bei seinen Deutungen zu weit geht, vermag ich nicht zu beurteilen.)
Ich kenne Piper und seine Aussagen/Texte nicht, das habe ich ja schon geschrieben. Und ich finde es irgendwie nett, dass ihn hier so viele Menschen verteidigen. An dieser Stelle scheint mir jedoch, ein grundsätzlicher Hinweis angebracht: alles, was Piper sagt oder schreibt, kann missverstanden werden, d.h. außerhalb der ursprünglichen Intention Pipers liegen. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Schlussfolgerungen „falsch“ sind. Natürlich kann man Piper verteidigen und darlegen, welche Deutung seiner Aussagen man für angemessen hält. Man kann die Äußerungen Pipers aber auch- wie Peter – in einem kritischen Licht betrachten. Beides ist gleichermaßen legitim, die Frage ist nur, wo jeder von uns inhaltlich anknüpfen möchte (Luhmann lässt grüßen), und vielleicht auch warum…
@Karola,
Das, was Piper schrieb, ist ja eine korrekte Darstellung biblischer Sachverhalte. Oder welche Auslegung von ihm bezweifelst Du konkret?
Bei den Textpassagen wird Dir schlecht, sagst Du – das sind aber biblische Passagen. Offenbar hast Du dann ein Problem mit der Bibel.
Geht es fuer Dich nicht mehr darum zu fragen, was die Bibel wirklich sagt, sondern mehr um die Frage, wie wir uns ein gefaelliges Gottesbild zusammenzimmern koennen?
@Gerhard: Piper bringt eine tendenziöse Zusammenstellung biblischer Aussagen, keine „korrekte Darstellung von Sachverhalten“. Es ist doch zum Glück keinesfalls zwingend, das so zu sehen wie er.
@karola: Ich kann das Bauchgefühl gut verstehen, zumal Du hier als einzige Frau mitdiskutierst, und denke nicht, dass Du ein Problem mit der Bibel (was in Gerhards Logik vermutlich identisch wäre mit Auflehnung gegen Gott) hast.
@Björn: Freilich hat Jesus vom Vater und dem verlorenen Sohn gesprochen, und direkt davor von einer Frau, die Geld verloren hat. Beidesmal wird derselbe Sachverhalt beschrieben. Ist es vielleicht nur selektive Wahrnehmung? Und liegt bei diesen Gleichnissen der Akzent nicht auf ganz anderen Dingen als auf der Frage, wer oder was nun männlich oder weiblich ist?
@Alexander: Meine Meinung ist, dass Pipers „verunglückte“ Aussagen Methode haben. Er ist ja ein enorm konsequenter Mensch. Dass er solche Schlüsse zieht, hat mit seinem Bibelverständnis, seinem Welt- und Gottesbild zu tun. Und da setzt dann auch meine Kritik an. Zudem steht er, darauf hat Stephan bei aller von Dir und Björn angemahnten Polemik ja zu Recht hingewiesen, keineswegs allein da, sondern so umstrittene Figuren wie Mark Driscoll arbeiten mit ihm zusammen und beziehen sich auf ihn. Er steht also für eine Bewegung und wird auch so gesehen.
@sj: Mein Argument war nicht, dass im Nizänum männliches und weibliches nebeneinander stehen, sondern dass diese Begrifflichkeit der ewigen „Zeugung“ des Logos (darauf legten die Kirchenväter ja auch den allergrößten Wert) nur eine grenzwertige Analogie ist, die sich jeglicher Biologisierung entzieht.
@dasaweb: Ich habe ein Update durchgeführt für das mobile Theme – geht’s jetzt?
Ich hab schon vor drei Tagen den verlinkten Artikel mit den Piper-Zitaten gelesen. (Und noch so einiges drumherum – z. B. den Bericht, wie auf der Desiring-God-Konferenz ein ausschließlich männliches Podium die Frage nach biblischer Weiblichkeit beantwortet hat oder den unfassbaren Artikel „John Piper explains why women shouldn’t lead men“.)
Ich kann gar nicht angemessen in Worten ausdrücken, was ich dabei und beim weiteren Nachdenken und Verfolgen der Diskussion im Blog hier empfunden habe.
Die Auswirkungen von Argumentationen wie der John Pipers nehme ich in frommen Kreisen in Deutschland ständig wahr – und zwar als Verarmung, als Verschwenden von Ressourcen und Hemmen von Gottes Gaben. Jedenfalls ganz und gar nicht als „fullest flourishing of women“ (und übrigens auch nicht „of men“). Für mich sind solche Aussagen aber nicht nur zutiefst destruktiv, was den geistlichen Dienst von Frauen angeht, sondern auch in hohem Maße persönlich verletzend. (Und das nicht erst ab dem Punkt in einer Diskussion, in dem ich mir als Frau meine ernsthafte Liebe zur Heiligen Schrift oder gar zu Jesus, meinem Herrn, absprechen oder von Menschen, die mich nicht kennen, in Zweifel ziehen lassen muss.)
Nun vertrete ich durchaus die Meinung, dass Sichtweisen zu diesem Thema (wie zu anderen) weniger in meinen Empfindungen oder in den Gefühlen von sonst irgendwem (übrigens finde ich den Begriff „masculine feel“ denkbar irritierend und ungreifbar in dem ganzen Kontext) begründet sein sollten als im biblischen Zeugnis und fundierten systematischen Überlegungen.
Nur erlebe ich das aber fast nie, dass Menschen hier tatsächlich gemeinsam vor Gott ehrlich und ergebnisoffen mit der Bibel ringen. Wir haben schon unsere Meinung und sind schnell dabei, die anderen abzustempeln. Auf beiden „Seiten“.
Und so geht es mir auch. Weil mich das Thema so existenziell betroffen macht, fällt mir sachliche Diskussion echt schwer. Und deshalb neige ich seit Kurzem, obwohl ich noch gar nicht so alt bin, zu dem (irgendwie doch sehr resignativen) Rat einer erfahrenen Schwester, Diskussionen dieser Art zu meiden, da sie zu nichts führen. Zumindest zu nichts Gutem.
Das macht mich auf der einen Seite unglücklich. „Jung und resigniert“ ist doch irgendwie kein Zustand … Aber auf der anderen Seite ist das vielleicht tatsächlich die hilfreichste Sicht. So müssen wir (viel zu) wenigen Frauen im geistlichen Dienst unsere Kräfte nicht in Diskussionen stecken, die uns persönlich verletzen und die Sache kaum oder gar nicht vorwärts bringen.
Mehr erreichen können wir (hoffentlich!) durch unser Vorbild. Und dann brauchen wir „nur noch“ Geduld. Ich hoffe, dass wir in 20 Jahren solche Diskussionen auf einer ganz anderen Ebene führen können.
@Astrid: Ja, das wäre schön, wenn diese anstrengenden und oft auch unschönen Diskussionen irgendwann überflüssig wären. Oder wenn wir das jetzt so könnten, wie Du oben schreibst, „gemeinsam vor Gott ehrlich und ergebnisoffen mit der Bibel ringen“. Andererseits gehören Gefühle doch aber auch zu dem Ringen und ich würde diese, so wie Du sie schilderst, gar nicht als unerheblich einstufen, weil sich dahinter ja auch ein ganz gesundes Gespür verbergen kann. Wo doch sogar Björn oben nicht nur argumentiert, sondern auf sein Gespür verweist. Vielleicht ist die Frage ja eher, wie wir Gefühle in die Debatte einbinden können. Es gibt ja auch diesen pseudonüchternen Stil, der distanziert und unaufgeregt Unerhörtes „feststellt“ – und dann die andern als emotional (im Sinne von irrational) abqualifiziert, wenn sie protestieren.
@Johannes: Im Deutschen drückt der Halbsatz „du sollst nicht“ ja eindeutig ein Verbot aus; das ist im Hebräischen aber anders, was grade bei den Geboten sehr erhellend sein kann: man könnte die einzelnen Weisungen aus 2. Mose 20 eben auch übersetzen mit „du wirst nicht…“ und damit stehen sie in direktem Bezug zu Gottes mächtiger Befreiungstat aus der Knechtschaft in Ägypten. Übertragen könnte der Absatz dann also lauten: „Weil Gott mich aus der Gefangenschaft geführt hat (nach 2. Mose 20,2) werde ich mir kein festgefügtes Bild vom ihm machen (Vers 4)“ und das ist durchaus eine Mahnung, die ich ernst nehmen will. Denn welches unserer Bilder könnte Gott auch nur annähernd fassen? Mich wundert aber, dass du deinen Hinweis nicht an Piper richtest.
@Gerhard: Deine Frage zur Bibel ist schon sehr pauschal. Trotzdem will ich Dir antworten. Die Bibel ist für mich ein sehr kostbares Buch, ich lese sie seit meiner Kindheit und kenne lange Passagen auch auswendig. Manche Textstellen liebe ich, weil sie mir ins Herz sprechen, oder weil ich den göttlichen Geist in ihnen spüre, andere finde ich historisch pder philosophisch interessant, andere dagegen sind für mich unverständlich und wieder andere finde ich tatsächlich problematisch.
@Astrid: Danke für Deinen Kommentar. Finde es gut, dass Du ihn – trotz Frust – hier eingestellt hast 🙂
@sj: Kyle Roberts hat in der Diskussion zu Piper denselben Punkt herausgestellt:
Und dann zieht er eine brillante Schlussfolgerung:
Das heißt doch in anderen Worten: Gott kommt als männlicher Mensch, um in der von Männern dominierten Welt des ersten Jahrhunderts Werte zu etablieren, die dort als feminine Schwäche missverstanden wurden. Und nicht nur dort, wie wir sehen…
@Peter
Das finde ich ja schon fast drollig. Piper die Vermännlichung Gottes vorzuwerfen, aber selber zu wissen wozu Gott als Mann auf die Welt kam. 🙂
Ich erinnere mich an einen Kommentar vor einigen Wochen bezueglich Noah/Sinflut und Gottes missgluecktem Versuch Veränderung in dieser Welt herbeizufuehren..(zumindest wenn man keine konservative Auslegung des Textes zur Basis hat)
War Gott jetzt in Jesus als männliche Inkarnation erfolgreicher? War der Zeitpunkt richtig gewählt, um diese Werte zu etablieren. Also ich hätte da so meine Bedenken..
oh ich merke, ich hab schon wieder die falsche Brille auf. Gibt es eigentlich so etwas wie geistliche Gleitsichtgläser?
@Björn, also nochmal: Roberts bezieht sich darauf, dass niemand das Offensichtliche bestreitet, nämlich dass Jesus ein Mann war; aber statt, wie Piper es explizit tut, daraus eine Aussage über Gottes Präferenz für „Maskulinität“ abzuleiten, lässt sich das auch als Gottes Kritik an der gängigen „maskulinen“ Praxis lesen, wenn man diese Kategorien überhaupt verwenden will – Roberts will es nicht, ich auch nicht.
Lieber Peter,
zum Nicaenum: Das sagte ich ja: Es war nicht das Problem der Kirchenväter, ob Jesus ein Mann war – daher finde ich diese Aussage im Zusammenhang dieses Posts auch wenig aussagekräftig. (Ich gehe übriges davon aus, dass die Bibel bei der Lösungsfindung der Kirchenväter eine gewichtige Rolle spielte und dass daher auch die Übersetzung mit „gezeugt“ an dieser Stelle besser ist – aber egal jetzt.)
Ich habe hier auch nicht den Anspruch, Piper zu verteidigen, ich finde nur, in diesem Post geht einiges durcheinander, und das Zusammenwerfen von vielleicht unguten Äußerungen von Piper, Marienverehrung, NeoReformierten und dann auch noch Evangelium21 scheint mir nicht gerade optimal.
Von „first-century observers“ zu reden, scheint mir außerdem doch etwas pauschal zu sein. Wer ist damit gemeint? Die Juden, die Griechen, die Römer – mit ihrer jeweils unterschiedlichen Vorstellungswelt? Und mal ehrlich: Wenn Gott sich irgendwo in weiblicher Gestalt hätte offenbaren wollen, hätte er das doch tun können – er ist Gott und hat sich immerhin auch dafür entschieden einen Verbrechertod zu sterben. Also gibt es offenbar Gründe, für die Art und Weise, in der sich Gott nach seinem Willen offenbart. Daher finde ich Aussagen wie „um in der von Männern dominierten Welt des ersten Jahrhunderts Werte zu etablieren“ auch problematisch. Gott hat im Sinn sündige und verlorene Menschen zu retten, nicht sich oder seine Werte irgendwo zu etablieren. (Wieso das Kreuz als feminine Schwäche zu verstehen sein soll, will mir auch nicht so recht einleuchten.) Viele Grüße!
@Karola: Die Deutung der Zehn Gebote als „Du wirst“-Verheißungen scheint mir im biblischen Kontext kaum haltbar (auch wenn es grammatikalisch möglich ist), wo die Gebote doch – insbesondere im Alten Bund – klar und deutlich als Forderung und als Aufruf zur Tat, als Grenze des Handels und als Ermahnung zum Gehorsam verstanden werden.
@Karola: Wobei eigentlich beide Aspekte ihre Berechtigung haben: Wenn ich Gott treu folge, dann werde ich ihn auch erkennen wie er ist und mir kein Bildnis machen oder beispielsweise werde ich dann auch meine Eltern ehren. Auf der anderen Seite merke ich daran, wenn ich meine Eltern verachte (und somit das Gebot nicht halte), dass ich den richtigen Weg verlassen habe. Trifft es das? Viele Grüße.
@Sj: Der Zusammenhang Piper – neoreformiert – Evangelium 21 (freilich ohne Maria, aber das habe ich oben ja schon erklärt) dürfte ganz unbestritten sein. Zum Rest vgl. die Antwort an Björn oben.
@sj das zweite trifft es schon eher. ausschlaggebend in der „ich werde nicht..“-deutung ist für mich ein vorausgehendes beziehungsstiftendes, befreiendes erlebnis mit gott, das mich zu einer selbstverpflichtung führt: gott hat mir seine liebe gezeigt, er hat mich aus der gefangenschaft befreit. weil ich in ihm einen liebenden, befreienden gott erfahren habe, werde ich mich auch an seine gebote halten, d.h. ich werde meine eltern ehren, werde nicht neidisch auf den besitz meines nächstens schielen, werde die ehe nicht brechen usw. im prinzip ist es auch die liebe, die mich davon abhält, mir ein festgefügtes bild von gott zu machen. max frisch hat das in sehr schöne worte gefasst: http://www.xtnd-info.de/images/blogpics/ak/frisch_text.pdf
grüße zurück! karola
Peter, weil es hier nochmal angesprochen wurde: Es ist schon auffällig, dass Du ausgerechnet in einem solch durch und durch negativen Post die Gelegenheit nutzt, die Konferenz von Evangelium21 – tja, wie soll man das nennen: zu erwähnen? madig zu machen? Nochmal: Ich bleibe zwar dabei dabei, dass Piper in seiner Rede Gott nicht vermännlicht (und bin mit dieser Sicht nicht der Einzige), aber ich gebe Dir Recht, dass Piper daneben gegriffen hat, wenn er aus Gottes Selbst-Offenbarung als Vater und Sohn den Schluss zieht: „God has given Christianity a masculine feel“. Das ist ein unzulässiger logischer Sprung. Es ist, wenn man’s recht bedenkt, eigentlich auch eine sinnlose Aussage und er täte gut daran, sie zurückzunehmen. Maskulinität ist keine zentrale christliche Kategorie und keine Norm christlichen Handelns. Aber es hätte ja durchaus verschiedene Möglichkeiten gegeben, mit Pipers ‚masculine feel‘ umzugehen.
a) Man hätte ihn brüderlich im Sinne christlicher Nächstenliebe korrigieren können, und dann wäre es gut gewesen. Es war nicht der erste Ausrutscher Pipers und wird wahrscheinlich auch nicht der letzte sein. Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.
b) Man kann ihn natürlich auch gnadenlos verunglimpfen, so wie Du das oben gemacht hast, und dabei gleichzeitig auch noch eine Konferenz, auf der er demnächst auftritt, in Misskredit bringen – auch wenn diese Konferenz überhaupt gar nichts mit Genderfragen zu tun hat.
@Alexander: Für meinen Geschmack habe ich das kritisch kommentiert und nicht „gnadenlos verunglimpft“ – das hätte sich dann doch anders gelesen. Aber dass wir uns in der Sache wenigstens teilweise einig sind, freut mich. Ob Piper Gott vermännlicht, das lasse ich auch gern offen.
Den generellen Zusammenhang zu Evangelium 21 habe ich doch nicht hergestellt, sondern die Veranstalter durch die Einladung an Piper! Was Piper nun bei seinem Auftritt in Hamburg sagen wird, weiß ja noch niemand. Dass er Absprachen und Vorgaben recht frei interpretiert, ist ja auch schon vorgekommen, warten wir es also ab.
Rückfrage: Findet denn von Seiten der Veranstalter eine Auseinandersetzung mit solchen Positionen statt, sprich: distanziert man sich von Piper an dieser Stelle in irgendeiner Form, oder gibt es eine freundschaftliche Korrespondenz dazu, lässt sich ein John Piper überhaupt korrigieren und von wem? Das alles wäre ja gut zu wissen.
Der Vollständigkeit halber zwei Zitate aus dem Bekenntnisdokument von Evangelium 21:
Peter, nein, selbstverständlich hast Du nicht den „generellen Zusammenhang“ zwischen Piper und Evangelium21 hergestellt, der in der Tat besteht, wenn er neben Carson der Hauptredner auf der Konferenz im Mai sein wird. Aber den „speziellen“ Zusammenhang zwischen Pipers ‚masculine feel‘ und der Mai-Konferenz hast Du herstellen wollen, und der ist schlicht nicht gegeben. Und zwar deswegen nicht, weil 1) das Bekenntnis zu einem komplementären Verhältnis der Geschlechter (gleichwertig, aber unterschiedliche Rollen), wie Du es aus dem E21-Dokument zitierst, nicht automatisch eine Zustimmung zu Pipers ‚masculine feel‘ bedeutet und 2) weil, wie schon gesagt, es in den Hauptvorträgen der Konferenz, die unter dem Thema „Gott redet“ steht, nicht um Genderfragen geht, wie Du den Vortragstiteln leicht entnehmen kannst, die ja auf dem von Dir verlinkten Konferenz-Flyer genannt sind.
Es ist auch unwahrscheinlich, dass Piper in Hamburg von den Vorgaben abweicht. Wie erwähnt ist Carson der andere Redner, und an dem hat er sicher wenig auszusetzen, im Unterschied zu seiner Vorrednerin in Kapstadt. Es besteht also kein Grund ihn hier einfach unter Generalverdacht zu stellen.
Ich meine, es ist offensichtlich, dass Du Piper nicht magst (um es freundlich auszudrücken), aber die Art und Weise wie Du mit ihm umgehst finde ich (auch hier wiederhole ich mich) maßlos und unbarmherzig. Auch im neuen Post von heute verunstaltest Du ihn zur Karikatur. Ich werde den neuen Post nicht weiter kommentieren, aber Deine ‚Übersetzung‘ seiner 8 Punkte ist derart tendenziös und verkürzend (von sprachlichen Irrtümern zu schweigen), dass ich das beim besten Willen nicht mehr ernst nehmen kann. Wenn Du Piper gegenüber kein anderes Register anschlagen kannst (oder willst), dann erübrigt sich jedes Gespräch.
Ich habe mich heute auch kurz gefragt, ob Evangelium21 (in deren Namen, nur zur Klarstellung, ich hier nicht spreche) zu Pipers ‚masculine feel‘ öffentlich Stellung beziehen sollte. Der kluge Mann fragt bekanntlich seine Frau zuerst, und die meinte heute abend zu mir, dass sie die ganze Debatte völlig überzogen fände und die masculine feel-Sache viel zu sehr hochgekocht würde. Als guter Komplementarier beuge ich mich dem Urteil meiner Frau.
„Der kluge Mann fragt bekanntlich seine Frau zuerst, und die meinte heute abend zu mir, dass sie die ganze Debatte völlig überzogen fände und die masculine feel-Sache viel zu sehr hochgekocht würde. Als guter Komplementarier beuge ich mich dem Urteil meiner Frau.“
Guter Kommentar!
Ich möchte nur nochmal kurz einen mir wichtigen Aspekt erwähnen (und um es vorneweg zu sagen und ehrlich zu sein: Ich mag das was ich von John Pipers Theologie bisher gehört habe sehr wenig und finde es auch in mancher Hinsicht sehr problematisch).
Ich glaube mal bei Richard Rohr gelesen zu haben, dass es sehr gefährlich ist, wenn unser Gottesbild im Prinzip ein Abbild unserer selbst ist (gebildeter weißer Mann?) Ich glaube Gott ist immer der „andere“ der sich nicht von unserem selbst vereinnahmen lässt und ich glaube auch dass eine gute Theologie und eine gute Spritiualität immer darauf aufbaut Gott „anders“ seien zu lassen. Ich für mich möchte darauf achten Gott nicht vor meinen Karren zu spannen (was mir übrigends häufig auch nicht gelingt) und ich glaube es währe sehr hilfreich und auch „brüderlich“, wenn sich jeder auch darum bemühen würde diese Kontrollfrage hin und wieder zu stellen, wenn er eine Position einnimmt.
@Alexander: Dass ich „den “speziellen” Zusammenhang zwischen Pipers ‘masculine feel’ und der Mai-Konferenz … herstellen“ wollte, ist umgekehrt nun Deine Unterstellung.
Pipers Originalaussagen habe ich ganz bewusst in den zweiten Post eingefügt und darunter erklärt, wie ich das verstehe. Ich habe das ganz explizit nicht als Übersetzung, sondern als Interpretation ausgegeben. Das darf dann auch gern jeder anders verstehen, nur den Vorwurf einer bewussten Verzerrung finde ich unangemessen.
Alexander, wie wäre folgender Vorschlag: Du schreibst einen Gastbeitrag über Pipers Referat und erläuterst uns, was Piper damit sagen will, oder wie Du das einordnen würdest und was ggf. nicht so glücklich daran ist. Ich stelle den hier ein, und dann diskutieren wir auf dieser Grundlage weiter.
… und noch ein kurzer Nachtrag. Ich bin gewiss kein Piper-Fan, kenne ihn auch nicht persönlich und kann mich zum Menschen John Piper nicht groß äußern. Ich habe seine Thesen für mein Empfinden nicht anders kommentiert, als ich das auch mit Peter Rollins oder Frost und Hirsch hier in den letzten Monaten hin und wieder getan habe. Daher wundert mich die Empörung, Alexander.
Inhaltlich finde ich den Komplementarismus an sich viel problematischer als irgendwelche kuriosen Aussagen über Gott.
Jetzt schalte ich mich doch mal ein, nachdem ich bei der langen Debatte hier bisher nur stiller Leser war.
Und zwar interessiert mich wirklich, was Dich @Peter denn am Komplementarismus stört?
@Notizzettel: Ich halte ihn für ein großes Missverständnis – hier steht, warum: https://peregrinatio.net/2012/02/02/theologie/warten-auf-volf-1
@Peter: Danke für den Link. Ich finde die Argumentation jedoch nich überzeugend, da die stillschweigende Prämisse darin besteht, dass Männer und Frauen ausschließlich kulturell bedingte Unterschiede aufweisen. Spannender wäre es doch, neben den kulturellen Einflüssen auf Verhalten und Rolle auch die wesensmäßigen Faktoren zu berücksichtigen (so es solche denn gibt).
Darüber hinaus muss gerade im biblischen Kontext beleuchtet werden, ob Gott nicht jedes Geschlecht zu einer bestimmten Aufgabe berufen hat. Das klassische Gegenargument, dass die Bibel nur kulturelle Geschlechterrollen demonstriert, passt überhaupt nicht zu Jesus, der jedes kulturelle Tabu gebrochen hat, wenn es nur seinem Evangelium im Wege stand. Wenn Jesus keinen wichtigen Unterschied zwischen Männern und Frauen gesehen hätte, dann wären die diesbezüglichen Anweisungen im NT anders geartet und er hätte sich nicht zwölf männliche Apostel berufen. Interessant ist nun die Frage, worin dieser Unterschied besteht. Denn es ist offenkundig, dass es sich nicht um die prinzipielle Befähigung zur Verkündigung handelt. Das können viele Frauen besser als so mancher Mann.
@Notizzettel: Nein, es sind nicht „ausschließlich kulturell bedingte Unterschiede“. Aber freilich ist Jesus in der konkreten Situation einer bestimmten Zeit und Kultur mit bestimmten Männern und Frauen umgegangen. Anders als die Rabbis hat er Frauen als Nachfolgerinnen akzeptiert, sexistische Tabus gebrochen und die Rechte von Frauen verteidigt. Diese Tendenz gilt es nachzuahmen, aber doch nicht die historischen Verhältnisse…
Nirgends hat Jesus Mann- und Frausein als Rolle in irgendeiner Form definiert, sondern punktuell konkrete Themen angesprochen. Das jetzt kulturell einfrieren zu wollen und für universal gültig zu erklären, halte ich für falsch. Die Logik wäre doch ähnlich, wenn ich sagen würde: Jesus hat sich fast ausschließlich zu Fuß fortbewegt. Heute hätte das ökologisch unbestreitbar viele Vorteile. Missversteht man eine deskriptive als präskriptive Aussage, dann liefe das auf die Frage hinaus: Sollten wir es ihm nicht nachmachen und das Auto zum Irrweg erklären?
Der Zwölferkreis ist ein interessantes Thema, er gibt nur gar nichts her für die kirchliche Ämterstruktur. Als Symbol der 12 Stämme bieten sich Männer analog zu den Söhnen Jakobs ja an. Eine gemischte Truppe hätte die gewollte Assoziation vermutlich nicht evoziert. Außerhalb Jerusalems hat das nie eine Rolle gespielt, in Jerusalem auch nur ein paar Jahre, dann war da Jakobus am Drücker, und der war keiner der 12. Also – ja, das waren Männer. So what?