Natürlich ist das Kreuz ein anstößiges Symbol. Doch nicht jede Auseinandersetzung um diesen Anstoß verläuft glücklich, wie der Eklat um den hessischen Kulturpreis zeigt. Über diesen Artikel der Zeit online bin ich auf den eigentlichen Stein des Anstoßes aufmerksam geworden und fand, der Artikel von Navid Kermani in der NZZ über eine Kreuzesdarstellung von Guido Reni ist ein gutes Beispiel für die Mischung von Gedanken und Gefühlen, Empfindlichkeiten und Missverständnissen, mit denen wir es im Dialog der Religionen zu tun haben.
Neben Kermani werden nicht nur viele Muslime, sondern auch ein paar Millionen Deutsche ganz ähnliche Fragen haben. Und Kermani bietet selbst schon einen Ansatz für das weitere Gespräch, weil das Bild ihn von der abstoßenden Leidensmystik hinaus zum tieferen Sinn des Kreuzes hin führt, den auch viele Christen ähnlich beschreiben könnten, etwa wenn er sagt, dass Jesus hier nicht leidet, „um Gott zu entlasten“ und dass sein Todesschrei die Gottverlassenheit und Todverfallenheit der ganzen Welt einschließt (genau das bedeutet ja „Stellvertretung“, richtig gedacht).
Natürlich verfehlt Kermani das christliche Verständnis an manchen Stellen trotzdem und wendet sich eher gegen einen Karikatur desselben. Aber ich dachte, dazu ist der Dialog da, dass solche Differenzen ausgesprochen und vielleicht eines Tages ausgeräumt werden. Umgekehrt bedeutet es, dass wir als Christen den Muslimen ja auch schwierige Fragen über ihr Gottesbild stellen dürfen, ohne gleich in die Ecke gestellt zu werden.
Bezeichnend dazu auch der Kommentar von Matthias Kamann in der Welt: „Wenn sich schon alle an die Regeln für den Dialog der Religionen halten würden, dann müsste man ihn nicht mehr führen.“
Ich empfand den Artikel von Neben Kermani in keinster weise anstößig. Im Gegenteil. Wer noch einigermaßen alle „beisammen“ hat, muss zwangsläufig bei der Betrachtung des Kreuzes auf solche oder ähnliche Fragen stoßen wie Neben Kermani. Und es ist ein guter und teurer Anstoß für die Christen, die sich aus Bequemlichkeit oder Bertriebsblindheit noch nicht mit der Frage beschäftigt haben.
Ich lese gerade „Ohne Kreuz keine Krone“ (eng. „No Cross No Krown“) von W. Penn (Link: http://www.the-independent-friend.de/?q=node/453 ). Trefflich unterscheidet er zwischen Denen die das Kreuz auf sich nehmen und Denen, die sich das Kreuz umhängen (als Schmuck oder Glücksbringer).
W. Penn arbeitet sehr deutlich herraus, das das Kreuz für die Wahrhaftigkeit (nicht die des Christentums, der Bibel oder von Jesus, sondern allgemein und vorallem für einen selber) steht. Und das das Kreuz für das (eigene) Leiden und aber auch für die Überwindung des Leidens steht. Voraussetzung ist aber die Selbstüberwindung (im alten Sprachgebrauch „Selbstverleugnung“). Er zeigt sehr schön wie man das Kreuz auch wunderbar für seine Eitelkeit missbrauchen kann, und mach so deutlich, das dass (äußere) Kreuz ansich noch keine Heilswirkung hat, sondern allein das (unsichtbare) Kreuz der Wahrhaftigkeit und Selbstüberwindung.
Dabei wird deutlich warum die Quäker auch nicht Taufen, Segnen oder der Dinge mehr machen. Es sind für sie/uns nur Äußerlichkeiten die niemanden (und nichts) heiligen können.
Die Ernsthaftigkeit mit der sich Neben Kermani mit dem Kreuz beschäftigt, zeigt mir, das er näher an der Bedeutung ist, als er selbst (und schon garnicht seine Kritiker) es vieleicht glaubt.
Oh! In meinem dritten Satz fehlt das Wort „Fragen“. Der Satz muss lauten:
„Wer noch einigermaßen alle “beisammen” hat, muss zwangsläufig bei der Betrachtung des Kreuzes auf solche oder ähnliche Fragen stoßen wie Neben Kermani.
Oh! Jetzt fehlt den Zitat ein schließendes Anführungszeichen. Ich geb‘ auf… Legasthenie ist übrigens auch ein Teil meines Kreuzes. 😉 Da Legasthenie nicht auf Christen beschränkt ist, zeigt das dass die Christen das Kreuz nicht gepachtet haben 😛 (und das „Auf-sich-nehmen“ natürlich auch nicht)
@ Olaf: Ich habe es oben ausgebessert. Spricht für Deine Leidenschaft beim Schreiben, dass sowas passiert 🙂