Das relativ kalte und endlich mal wieder ausreichend feuchte Aprilwetter vor Ort täuscht vielleicht etwas darüber hinweg, dass die Nachrichten von der Klimafront alles andere als ermutigend sind. Drei Meldungen aus der laufenden Woche beschäftigen mich dazu:
Während die Ampel-Regierung bei uns im klimapolitischen Bummelstreik steckt, weil Liberale und Konservative (und immer öfter auch Sozis) überfällige Maßnahmen aus wahltaktischem Kalkül populistisch torpedieren, während hier also rhetorisch die Gemüter ebenso unnötig wie mutwillig aufgeheizt werden, heizt sich an anderer Stelle das Land und das Meer dramatisch auf, aber die mit der eigenen Gereiztheit beschäftigte Mehrheit nimmt davon keine Notiz:
In Spanien herrscht Dürre und eine Hitzwelle rollt an. Schon im April werden Fische umgesiedelt, weil die Flüsse so wenig Wasser führen. Aber auch in Bayern wachsen die Sorgen beim Blick aufs Grundwasser.
Die Weltmeere erwärmen sich in diesem Frühjahr besorgniserregender als je zuvor. Wenn wir Pech haben, erschöpft sich gerade ihre Kapazität, weiter Wärme aus der Atmosphäre aufzunehmen. Das wird auch die Gletscher in der Antarktis noch schneller ins Rutschen bringen, ein kräftiger Anstieg der Meeresspiegel innerhalb weniger Jahrzehnte wäre die Folge.
Und es wird immer deutlicher, dass Klimafolgen die Inflation dauerhaft antreiben werden. Oder anders gesagt: Dass wir im Begriff sind, den bescheidenen Wohlstand der überwiegenden Mehrheit zu opfern, um den Interessen der schwerreichen Verbrennerlobby (und ihrer politischen Handlanger im „bürgerlichen“ Lager) Vorfahrt einzuräumen.
Verlogene Solidarität
Apropos Vorfahrt: Vor kurzem war ich ein paar Tage in Frankreich. Dort wird der Durchgangsverkehr in den Städten immer wieder durch Bodenwellen und Zebrastreifen verlangsamt. Als ähnliche Maßnahmen hier vor 30 Jahren diskutiert wurden, hieß es, das könne man nicht machen, weil dann ein Rettungswagen kostbare Zeit verliere. Rettungswagen sind offenbar immer dann interessant, wenn sie als Vorwand gegen Beschränkungen des Autoverkehrs herhalten können. Ich weiß nicht, wie viele Menschenleben die Bodenwellen in Frankreich gekostet haben. Womöglich haben sie mehr gerettet, weil man nicht einfach so durch die Stadt rasen kann wie bei uns.
Arme, Alte und Kranke sind bestimmten Akteuren im politischen Spektrum keinen Cent beim Bürgergeld oder der Kindergrundsicherung wert. Aber wenn Änderungen am eigenen Lebensstil gefragt sind, entdecken eben diese Leute urplötzlich ihr Herz für die Schwachen, denen man das auf keinen Fall zumuten kann. Diese Art von Solidarität kostet nichts und bringt nur denen einen Vorteil, die dieses Schmierentheater aufführen. Irgendwann wird der Schwindel auffliegen, aber dann ist es zu spät.
Aber es sind auch die „Normalos“, die eine Mitschuld tragen. Lin Hierse hat es diese Woche sehr treffend zusammengefasst:
Wir einfachen Leute fühlen uns oft zu Unrecht bestraft. Wir können doch nichts dafür, dass sich die Bundesregierung nicht genug um das Erreichen des 1,5 Grad-Ziels bemüht. Wir wollen nur ein gutes Leben leben und das ist derzeit schwer genug zu haben. „Das trifft die Falschen“, so lautet also der Reflex, wenn Streiks oder Klimademos in den Alltag eingreifen, und die Falschen, das sind wir Normalos. Wir und dieses vermeintlich unantastbare Recht auf Ungestörtheit, auf die Verteidigung des stetig fließenden Status Quo, das deutsche Second Amendment sozusagen.